Julia Extra Band 0297
zappelte Rebecca zwischen James und Marina auf dem Rücksitz des Bentleys hin und her.
„Sitz ruhig, Rebecca“, ermahnte James sie.
Die Kleine schnitt eine Grimasse. „Onkel James spricht meinen Namen nur dann so aus, wenn er schlechte Laune hat“, verriet sie Marina.
James seufzte. „Ich habe keine schlechte Laune. Ich bin einfach nur müde. Marina und ich sind gestern Abend ausgegangen, und ich bin erst sehr spät eingeschlafen.“
„Ich habe auch nicht viel geschlafen“, erklärte Rebecca, die schon wieder mit dem Zappeln anfing. „Ich war viel zu aufgeregt.“
„Das kann ich sehr gut verstehen“, versetzte ihr Onkel trocken. „Ich war auch ziemlich aufgeregt.“ Er warf Marina einen bedeutungsvollen Blick über den Kopf des Kindes hinweg zu.
„Wirklich, Onkel James? Oh, sieh mal, da sind Pferde! Kann ich mir die Pferde ansehen, wenn wir zu Hause sind?“
„Natürlich, Sweetie. Komm, setz dich auf meinen Schoß, dann kannst du besser aus dem Fenster sehen.“
Die Kleine rutschte begeistert rüber und presste die Nase gegen die Fensterscheibe.
Marina widerstand dem Impuls, eifersüchtig zu werden.
„Du besitzt auch Pferde?“, fragte sie James.
„Ich habe sie von meinem Bruder geerbt, der ganz verrückt nach Pferderennen und Glücksspielen aller Art war. Es sind keine Reitpferde, sondern Zuchtstuten. Laurences Frau Joy hatte eine Vorliebe für Springpferde. Sie besaß einen ganzen Stall davon. Ich habe sie nach und nach verkauft, weil niemand sie reiten wollte und es zu teuer war, sie zu unterhalten. Aber die Zuchtstuten habe ich behalten. Der Verwalter meinte, einige der Fohlen würden ein Vermögen einbringen. Gott sei Dank lag er damit richtig.“
„Warum Gott sei Dank? Steckte das Gut denn in finanziellen Schwierigkeiten, als dein Bruder starb?“
„Das ist noch milde formuliert. Laurence hat ganze Arbeit geleistet – auf Haus und Land hat er gleich zwei Hypotheken aufgenommen und außerdem mehrere der wertvollen Ölgemälde aus der Sammlung meines Vaters an südamerikanische Millionäre verkauft. Ein Großteil der Antiquitäten hat er bei Sotheby’s versteigern lassen – nur um zwei Verschwendern ihren großzügigen Jetset-Lebensstil zu finanzieren.“
„Was ist ein Verschwender?“, fragte Rebecca und erinnerte sie daran, dass ein Kind mithörte.
„Eine Person, die viel Geld ausgibt und nicht arbeitet. Ein Taugenichts“, erklärte James unverblümt.
„Aber du bist keiner, Onkel James. Du arbeitest ständig in der Bank. Und Marina auch nicht, denn sie ist Lehrerin!“ Das kleine Mädchen runzelte die Stirn. „Bin ich ein Taugenichts, Onkel James? Ich meine, ich arbeite nicht, und ich weiß, dass das Krankenhaus viel Geld kostet.“
James drückte das viel zu ernst dreinschauende Kind fest an sich. „Kinder können gar keine Verschwender sein, Sweetie. Nur Erwachsene. Und es interessiert mich überhaupt nicht, wie viel es kostet, dich wieder gesund zu machen.“
„Bald wirst du nichts mehr bezahlen müssen, Onkel James, weil ich nämlich ganz schnell gesund werde.“
Marinas Herz zog sich zusammen. Sie betete, dass die Kleine recht behielt. Allein der Gedanke, dass die Transplantation nicht den gewünschten Durchbruch bringen könnte, schnürte ihr die Kehle zu. Rasch sah sie aus dem Fenster und bezwang die aufsteigenden Tränen, indem sie sich auf die vorüberziehende Landschaft konzentrierte.
Die Natur sah hier so ganz anders aus als in Australien. So lieblich, sanft und unheimlich grün. Was sie sah, gefiel ihr. Auch die kühleren Temperaturen empfand sie als angenehm, und London mochte sie sowieso.
Sie fuhren auf der A3 mit einiger Geschwindigkeit in Richtung Südwesten – genau wie all die anderen Autos, die offensichtlich ihrem Wochenendziel entgegenstrebten.
„Willst du dir Stonehenge anschauen, während wir hier unten sind?“, fragte James höflich.
„Nein, danke. Ich habe es beim letzten Mal gesehen und fand es eher enttäuschend. Wenn man nachts bei Mondlicht über das Gelände wandern kann, erlebt man vielleicht die richtige Atmosphäre, aber nicht im hellen Tageslicht hinter einem breiten Absperrungsseil. Mit hunderten von anderen Menschen.“
James lachte. „Du wirst nie eine ordentliche Touristin abgeben, wenn du keine Menschenschlangen magst.“
„Stimmt. Deshalb wird dieser eine Trip auch mein einziger bleiben.“
„Bist du sonst gar nicht gereist?“
„Zumindest nicht außerhalb von Australien – abgesehen von meinem ersten Besuch
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