Julia Extra Band 0297
ein.
Kurz vor dem Morgengrauen erwachte Marina. Vorsichtig löste sie sich aus James’ Armen und schlich in ihr Zimmer zurück, wo sie sich in einen Sessel setzte und den Sonnenaufgang beobachtete.
Ein oder zwei Stunden döste sie so vor sich hin und erwachte schließlich, als es sieben Uhr schlug. Mit einem Seufzen stand sie auf und ging unter die Dusche. Während sie das Wasser aufdrehte, fragte sie sich, ob James bereits wach war.
Beinahe bedauerte sie es, seinen Geruch von ihrer Haut zu waschen. Mit einem Mann geschlafen zu haben, den sie wahrhaftig liebte, war die unglaublichste Erfahrung ihres Lebens. Sie würde es nie vergessen. Und auch nicht bereuen.
Allerdings wusste sie noch nicht, wie sie mit der Aussicht auf eine Zukunft ohne ihn fertig werden sollte. Mühsam bezwang sie die aufsteigenden Tränen. Es wäre verheerend, wenn sie mit rot geweinten Augen am Frühstückstisch erschien.
Während sie ihr Haar wusch, erinnerte sie sich plötzlich an all die Haarnadeln, die über James’ Schlafzimmerboden verteilt lagen.
Was sollte sie tun? James würde sie sicher nicht bemerken, das Hausmädchen aber schon. Genau wie Mildred. Die Haushälterin war nicht auf den Kopf gefallen und würde eins und eins zusammenzählen.
Den Gedanken fand Marina unerträglich. Sie wollte nicht heimlich angestarrt und verurteilt werden.
Also blieb ihr keine andere Wahl, als noch einmal zu James zu gehen und die Haarnadeln zurückzuholen.
Schnell schlüpfte sie in die Jeans und das weiße T-Shirt, das sie auch während des Flugs getragen hatte. Da sie nicht so viele Kleider für kühleres Wetter eingepackt hatte, war die Auswahl beschränkt.
Als sie sich endlich auf den Weg zur Rettung vor ihrer Entdeckung machte, war es beinahe acht. Zum Föhnen ihrer Haare hatte sie einige Zeit gebraucht. Vorsichtig spähte sie durch den Türspalt in den Flur. Leer. Marina holte noch einmal tief Luft, dann lief sie schnell zu James’ Zimmer.
Vor der soliden Holztür angekommen, klopfte sie sofort leise, bevor sie sich von ihrer Angst ins Bockshorn jagen ließ.
Als Talbot die Tür öffnete, wäre sie am liebsten gestorben.
„Ja, Miss?“, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass atemlose Frauen morgens um acht vor der Schlafzimmertür seines Arbeitgebers standen.
„Ich … ähm … ich wollte kurz ein Wort mit James wechseln. Ist er … da?“
„Seine Lordschaft steht unter der Dusche. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“
„Nein. Nein, danke, ich glaube nicht.“ Sie warf einen Blick über Talbots Schulter, um zu sehen, ob ihre Haarnadeln vielleicht noch auf dem Boden lagen. Das Bett war auf jeden Fall schon gemacht, wie sie mit sinkendem Herz feststellte. Eine silberne Kaffeekanne und die Zeitung lagen auf dem Nachttisch.
„Ähm … wann, sagte James, ist das Frühstück?“
„Um neun, Miss.“ Der Butler runzelte ganz leicht die Stirn und nickte dann wissend. „Einen Moment bitte, Miss“, sagte er und verschwand für ein paar Sekunden im Inneren des Zimmers, bevor er zurückkehrte und ihr die Hand entgegenstreckte. „Ich denke, die gehören vermutlich Ihnen.“
Wortlos nahm sie die Haarnadeln in Empfang und wünschte von ganzem Herzen, der Boden würde sich auftun und sie verschlucken.
„Ich werde Seiner Lordschaft gegenüber nicht erwähnen, dass ich sie gefunden habe“, fügte Talbot ohne jegliches verschwörerisches Zwinkern hinzu. Auch ihr heftiges Erröten ignorierte er diskret. „Das Gleiche gilt für Ihren kleinen Besuch hier heute Morgen. Es würde ihn nur aufregen.“
Einen Moment starrte Marina den Butler ungläubig an. Dann blinzelte sie.
Nun, und das würden wir doch nicht wollen, nicht wahr, höhnte ihre innere Stimme. Zum Teufel mit Ihren Gefühlen, Miss Ma rina – Hauptsache, Seine Lordschaft wird nicht gestört!
„Vielen Dank“, fauchte sie, wirbelte auf dem Absatz herum und stürmte davon.
Was für eine Närrin sie doch war, jemals geglaubt zu haben, die vergangene Nacht könnte James etwas bedeutet haben. Also gut, er mochte sie ja nicht so lieben wie sie ihn, aber es war schon mehr als ernüchternd herauszufinden, dass sie nicht mehr für ihn war als eine weitere Frau, die Haarnadeln in seinem Zimmer hinterließ. Oder Höschen. Oder Negligés!
Als es endlich Zeit fürs Frühstück war, kochte Marina innerlich. Doch als Rebecca zu ihr an den Tisch kam und fröhlich mit ihr plauderte, beschloss sie, ihre schlechte Laune zu
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