Julia Extra Band 0297
Bodyguard kannte er einige gemeine Tricks, und die wandte er nun an.
Doch Paolo schien die Schläge und Tritte nicht zu spüren. „Warum hast du nicht mich entführt, du Feigling?“ Er bekam die Oberhand und schlug Durands Kopf gegen den Felsen. „Warum Isabelle? Warum? Warum?“
„Paolo!“, schrie Isabelle aus Leibeskräften, dann schlug wieder eine Welle über ihr zusammen. „Hier unten!“, rief sie, als das Wasser sich zurückzog. „Beeil dich. Die Flut geht mir schon bis zum Kinn!“
Sie atmete zwei Mal tief durch, als die nächste Woge auf sie zurollte.
„Isabelle!“ Paolo stieß Durand von sich, als wäre der nur eine Vogelscheuche, dann rannte er den Klippenpfad hinunter zum Strand und wäre beinah über dessen Kante gestürzt in seiner Verzweiflung, zu ihr zu gelangen.
Ihre Blicke trafen sich, und sie wusste, dass er es nicht rechtzeitig schaffen würde. Sie musste sterben … und das Baby mit ihr.
„Ich liebe dich, Paolo“, flüsterte sie.
Die nächste Welle ging ihr bis zur Stirn … und sie lief nicht mehr zurück.
Isabelle hielt den Atem an, solange sie konnte. Sie spürte, dass Paolo neben ihr war und versuchte, unter Wasser ihre Fesseln mit bloßen Händen zu lösen. Sie spürte seine Furcht, die Verzweiflung über seine Ohnmacht …
Wie gern hätte sie ihm gesagt, dass sie ihn liebte.
Dass es ihr leidtat, sich damals für die Pflicht statt für die Liebe entschieden zu haben.
Wie sehr sie bedauerte, jemals an seinem Mut und seiner Ehre gezweifelt zu haben.
Wie traurig es war, dass sie ihnen beiden die Chance genommen hatte, ihre Kinder aufwachsen zu sehen …
Jetzt war es zu spät.
Für alles.
Isabelle öffnete den Mund, wie um zu atmen, und Salzwasser strömte ihr in die Lungen.
Paolo spürte, wie Isabelle in seinen Armen zusammensank, gerade als er sie von den Fesseln befreit hatte.
So schnell er konnte, trug er sie zu dem schmalen Sandstreifen am Fuß der Klippen und legte sie dort ab.
Aber es war zu spät. Er hatte sie verloren.
„Nein!“, schrie er verzweifelt.
Dann tat er das einzig Vernünftige: Er fing an, sie zu beatmen und ihr Herz zu massieren. Als Rennfahrer kannte er sich in erster Hilfe bestens aus. Doch egal, wie sehr er sich bemühte, sie reagierte nicht.
„Tu mir das nicht an“, rief Paolo. „Lass mich nicht allein! Isabelle!“
Während er in ihr lebloses, bleiches, schönes Gesicht blickte, geschah das Wunder: Sie holte tief Luft, hustete und gab das Wasser von sich.
„Paolo …“, flüsterte sie wie ein Hauch.
Tränen liefen ihm ungehindert übers Gesicht. „Isabelle! Du lebst! Ich dachte, ich hätte dich verloren.“
„Nein, ich … habe noch eine Aufgabe“, keuchte sie. „Ich erwarte ein Kind von dir. Das musst du doch wissen. Und egal, wie lange es dauert, bis du mir verzeihen kannst …“
„Nicht eine Sekunde! Ich habe dir schon verziehen.“ Er drückte ihr einen sanften Kuss auf die blassen Lippen. „Ich liebe dich, Isabelle. Hoffentlich kannst du mir verzeihen, dass ich es nicht geschafft habe, dich zu beschützen.“
„Wieso nicht geschafft?“ Sie klang richtig empört. „Ich lebe doch.“ Wieder hustete sie krampfhaft und lehnte sich dann schwer an seine Brust. „Jedenfalls glaube ich das. Wenn einem alles wehtut, ist man nicht tot, oder?“
„Ich bringe dich lieber zum Arzt, um ganz sicher zu gehen“, schlug er vor.
Dass sie schon wieder scherzen konnte, freute ihn mehr als der schönste Sieg beim Rennen.
„Es tut mir so leid, dass ich an dir gezweifelt habe, Paolo. Das wird nie wieder vorkommen“, versprach Isabelle und schmiegte sich noch enger an ihn.
„Oh, wie rührend“, erklang Durands höhnische Stimme über ihnen. Er zielte mit der Pistole auf sie. „Da Sie die Frau so sehr lieben, Caretti, lasse ich Ihnen die Wahl: Wen von euch beiden soll ich zuerst erschießen?“
Kalte Wut erfüllte Paolo. „Lassen Sie Isabelle gehen.“ Er stand auf und stellte sich vor sie. Sie war noch zu schwach, um aufzustehen.
„Und dann bin ich den Rest meines Lebens Freiwild?“, fragte Durand. „Nein, nicht mit mir. Sie haben dreißig Sekunden: wer von euch beiden zuerst?“
Natürlich könnte er versuchen, nach oben zu sprinten und Durand zu attackieren, aber dann bliebe Isabelle schutzlos allein hier unten.
Damit blieb nur eine Wahl.
Paolo neigte sich zu Isabelle und sagte leise: „Wenn er mich erschießt, versuche dich ins Meer zu retten und so weit wie möglich rauszuschwimmen, wo er dich nicht treffen
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