Julia Extra Band 0299
Emotionen zu kämpfen hatte, gelang es ihr, ruhig seinem Blick standzuhalten. „Deine Fantasie geht wieder einmal mit dir durch, Dominick“, erwiderte sie kühl.
Um ihrer Angst vor diesem Treffen etwas entgegenzusetzen, hatte sie sich besonders sorgfältig zurechtgemacht und sich für ein Kleid entschieden, das jede Kurve ihres perfekten Körpers liebevoll nachzeichnete. Das Haar hatte sie offen gelassen, da sie wusste, dass Dominick es so am liebsten mochte. Sollte er doch ruhig sehen, was er alles aufgegeben hatte, als er es vorzog, sie einfach gehen zu lassen, anstatt sich mit ihr hinzusetzen und für ihre Probleme eine Lösung zu finden.
Wie es aussah, schien er ihren Verlust jedoch nicht übermäßig zu betrauern. Zumindest verriet seine Miene nicht die geringste Gefühlsregung.
Falls dieser Mann überhaupt Gefühle hatte!
Kenzie beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen und sofort zur Sache zu kommen. „Der Grund, warum ich mit dir reden muss …“
„Entschuldige, wenn ich dich unterbreche, aber hättest du etwas dagegen, wenn ich zuerst das Essen bestelle?“ Dominicks Tonfall war ausgesucht höflich, doch die stählerne Note, die dabei in seiner Stimme schwang, ließ keinen Zweifel daran, dass nicht sie, sondern er den Ablauf dieses Abends bestimmen würde.
Kenzie klappte die Speisekarte zu, ohne einen Blick hineingeworfen zu haben. „Tu dir keinen Zwang an“, forderte sie ihn steif auf. „Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich nichts esse. Ich habe überhaupt keinen Hunger.“
Einen Moment lang betrachtete Dominick sie schweigend. Kenzie hatte nie zu den Frauen gehört, die hungern mussten, um ihr Gewicht zu halten. Ebenso wie ihre Schönheit war ihr auch ihre schlanke Figur von Natur aus gegeben. Einem plötzlichen Impuls folgend, streckte er die Hand aus und hob leicht ihr Kinn an. Während er aufmerksam ihre fein geschnittenen Züge studierte, stellte er fest, dass Kenzie ihre Gefühle jetzt weitaus besser unter Kontrolle hatte als noch vor einigen Monaten. Mit bewundernswerter Gelassenheit hielt sie seinem prüfenden Blick stand, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
Bei genauerer Betrachtung nahm Dominick noch weitere kleine Veränderungen an ihr wahr. Ihr Gesicht war etwas schmaler geworden, und tief in ihren Augen entdeckte er einen Ausdruck, der ihm verriet, dass irgendetwas sie bedrückte.
Schließlich ließ er sie wieder los und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Was ist los?“, erkundigte er sich spöttisch. „Hat sich herausgestellt, dass Carlton deinen hohen Erwartungen doch nicht gerecht werden konnte?“
Kenzie seufzte und schüttelte ungläubig den Kopf. „Warum weigerst du dich eigentlich so beharrlich, mir zu glauben, dass ich nie eine persönliche Beziehung zu Jerome hatte?“
Weil dein reizender Liebhaber mir mit größtem Vergnügen das Gegenteil bestätigt hat, hätte Dominick erwidern können, doch er tat es nicht. Warum, wusste er selbst nicht so genau. Vielleicht, weil es ihm noch einen Rest von Macht über sie verlieh, ihr diese Information bewusst vorzuenthalten. Vielleicht wollte er aber auch einfach nur herausfinden, wie lange Kenzie noch versuchen würde, ihn für dumm zu verkaufen.
„Was hast du ihm denn erzählt, wo du den heutigen Abend verbringst?“, forderte er sie heraus. „Du hast ihm doch sicher nicht brav gestanden, dass du mit mir verabredet bist, oder?“
„Ich bin nicht hergekommen, um mit dir über Jerome zu reden“, erwiderte Kenzie mühsam beherrscht. „Außerdem habe ich ihn seit Wochen nicht gesehen. Mein Vater war sehr krank und …“
„Donald war krank?“ Dominick war anzusehen, dass die Nachricht ihn ehrlich bestürzte. Er hatte zwar nie ein besonders enges Verhältnis zu Kenzies Vater gehabt, aber er mochte ihn und hatte bei seinen wenigen Besuchen in Worcestershire immer die stoische Gelassenheit bewundert, mit der er als einziger Mann unter fünf Frauen die Stellung hielt.
Kenzie senkte den Kopf und suchte nach Worten. „Er hatte vor einem Monat einen Herzinfarkt.“
Der Ober trat an ihren Tisch, um die Essensbestellung aufzunehmen. Als er jedoch merkte, dass er in einem unpassenden Moment gekommen war, zog er sich diskret wieder zurück.
„Warum, zum Teufel, hast du mir nichts davon erzählt?“, erkundigte Dominick sich verärgert.
Überrascht blickte Kenzie zu ihm auf. Sie wusste, dass Dominick alles andere als ein Familienmensch war, was in Anbetracht seiner Vergangenheit durchaus verständlich
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