Julia Extra Band 0299
einschnürte und weitete. Abrupt wandte er sich vom Fenster ab.
Rosanne Carmichael war eine Gefahr.
Er war sich nur nicht mehr sicher, aus welcher Richtung die Bedrohung kam.
Wie sie es versprochen hatte, klopfte Rosanne an die Tür zu Isandros Arbeitszimmer, nachdem sie Zac für seinen Mittagsschlaf fertig gemacht hatte.
„Es gibt da ein paar Dinge, die ich gerne mit dir besprechen möchte“, hatte er gesagt.
Dinge wie Sorgerecht, Besuchszeiten … Ob die Scheidung schon rechtskräftig war? Rosanne wusste, dass ein Urteil so schnell nicht zu erwarten war, dennoch schmerzte der Gedanke.
Isandro telefonierte, als sie das Zimmer betrat. Er bedeutete ihr, Platz zu nehmen. Kurz darauf beendete er das Gespräch und erhob sich aus seinem Ledersessel. Er kam um den Schreibtisch herum, lehnte sich gegen die Kante und blickte Rosanne an.
„Morgen kommen ein paar Nannys zum Vorstellungsgespräch.“
„Aber …“
Mit einer knappen Handbewegung brachte er sie zum Schweigen. „Das ist keine Kritik an dir, Rosanne. Im Gegenteil. Ich möchte, dass du bei den Gesprächen dabei bist. Vielleicht kannst du, vor allem nach dem Reinfall mit María, besser einschätzen, welche der Frauen für die Betreuung unseres Sohnes geeignet ist.“
Rosanne nickte. Ihr war klar, welch große Überwindung Isandro die Bitte kostete. Immerhin war es das erste Mal, dass er Respekt vor ihrer Rolle als Mutter zeigte. „Ich weiß das zu schätzen, Isandro. Trotzdem möchte ich betonen, dass ich mich liebend gerne um Zac kümmern würde.“
„Nein. Ich will nicht, dass er sich an dich gewöhnt. Auf diese Weise leidet er nicht zu sehr, wenn er dich bald nicht mehr jeden Tag sieht.“
Rosanne sank in sich zusammen. Er schickte sie also tatsächlich fort … Hastig stellte sie Überlegungen an. Vielleicht konnte sie ein kleines Apartment in Osuna mieten und so wenigstens in der Nähe bleiben?
„Rosanne?“
Sie schaute auf. „Es tut mir leid … Wie bitte?“ Sie hatte kein Wort von dem gehört, was er gesagt hatte.
„Ich meinte, dass wir nach Sevilla fahren und dir etwas zum Anziehen kaufen müssen. Außerdem sollten wir irgendetwas mit deinen Haaren machen.“
Verwirrt stand sie auf. „Wovon sprichst du eigentlich?“
„Der Feria de Abril“, erklärte er stirnrunzelnd. „Nächste Woche beginnt das große Frühlingsfest. Du musst mich auf den Ball begleiten.“
„Feria de Abril?“, wiederholte sie.
„Ja. Das ist das wichtigste Fest in Sevilla.“ Isandro begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Letztes Jahr warst du nicht dort … die Menschen haben angefangen zu tuscheln. Als einer der Schirmherren des Festes muss ich eine Rede halten. Und natürlich wird es ein großes Medieninteresse geben.“ Ein zynischer Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Da mir dieses Jahr das Glück deiner Gegenwart vergönnt ist, wirst du mich begleiten. Das wird den Gerüchten ein Ende setzen.“
Automatisch wollte Rosanne protestieren, aber wieder hielt Isandro sie mit einer Geste davon ab.
„Meinst du nicht, dass es das Mindeste ist, was du tun kannst?“
„Nun … ich … ja. Aber werden die Leute es nicht seltsam finden? Was, wenn bekannt wird, dass wir uns gerade scheiden lassen?“
„Das interessiert mich nicht“, tat er ihre Bedenken unwirsch ab. „Mich kümmert nur das Hier und Jetzt. Ich bin an einem wichtigen Geschäft mit der Bank von Madrid beteiligt. Der Direktor ist zum Fest eingeladen. Es wird einen guten Eindruck machen, wenn ich ihm zeige, dass meine Ehe noch intakt ist.“
Eine Woche später, als Rosanne sich für den Ball zurechtmachte, dachte sie über Isandros Worte nach. Sie erschauerte. Der kalte berechnende Geschäftsmann war zurück. Zu sehen, dass er Zac ein guter Vater war, hatte sie glauben lassen, dass jene liebevolle Seite wirklich existierte, in die sie sich vor zwei Jahren verliebt hatte. Aber selbst wenn er zu solchen Gefühlen fähig war: sie waren nicht für sie bestimmt.
Vor einigen Tagen war Isandro mit ihr nach Sevilla gefahren und hatte ihr in mehreren Boutiquen neue Kleider gekauft. Wieder zu Hause, beaufsichtigte er persönlich, dass ihre alten Sachen weggeworfen wurden.
Die Stunden in der lebendigen lauten Stadt waren fast zu viel für sie gewesen. Die Geräusche, der Verkehr, alles drohte sie zu überwältigen. Die seltsamen Seitenblicke, mit denen Isandro sie bedachte, entgingen ihr dabei nicht. In Zukunft würde sie vorsichtiger sein müssen, sonst schöpfte er noch Verdacht.
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