Julia Extra Band 0299
Tasche mit Zacs Sachen. Es hier zu lassen, wäre einfach nur kindisch. Und Isandro würde garantiert einen Kontrollanruf machen.
Die Fahrt nach Sevilla begann friedlich. Sie und Zac nahmen auf der Rückbank Platz, Hernán steuerte den Jeep. Auf der Landstraße zwischen Osuna und Sevilla fing Zac plötzlich an zu weinen. Deshalb bemerkte Rosanne auch nicht, dass Hernán langsamer wurde. Sie blickte erst auf, als der Wagen zum Stehen kam.
„Alles in Ordnung?“, fragte sie verwundert auf Spanisch.
„Kein Problem. Da ist nur ein Wagen liegengeblieben. Ich glaube, es ist das Auto meines Cousins. Ich schaue rasch nach, ob jemand Hilfe braucht.“
Rosanne warf einen Blick durch die Heckscheibe. In einiger Entfernung konnte sie das Fahrzeug ausmachen. Sie sah Hernán nach, wie er die Straße entlangging.
Und was sie dann beobachten musste, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Der Mann, der sich bislang über den Motor gebeugt hatte, richtete sich mit einem Schraubenschlüssel in der Hand auf. Ohne Vorwarnung schlug er Hernán auf den Kopf, der sofort zu Boden sackte.
Rosanne war so geschockt, sie konnte sich nicht einmal bewegen. Auch als der Schläger und ein zweiter Mann sich hastig dem Jeep näherten, saß sie einfach nur fassungslos da. Als sie endlich aus ihrer Starre erwachte, war es zu spät. Die Männer hatten den Jeep erreicht, rissen die Tür auf und zerrten Rosanne aus dem Fahrzeug.
Einer der Männer schrie auf sie ein. „ Habla español ?“
„ Stupido !“, fuhr ihn der andere an. „Hernán hat gesagt, sie ist Engländerin. Hol jetzt den Bengel.“
Rosanne zwang sich, einen klaren Gedanken zu fassen. Zac! Sie entwand sich dem Griff des Mannes und beugte sich in den Jeep zu Zac. Die ganze Zeit über murmelte sie beruhigende englische Worte. Vielleicht verschaffte es ihr einen kleinen Vorteil, wenn die Männer glaubten, sie verstände kein Spanisch.
Es funktionierte. „Lass sie das Kind nehmen“, hörte sie den einen sagen. „Was macht es schon für einen Unterschied. Ich bin nicht scharf darauf, einen schreienden Rotzlöffel zu halten.“
Der andere grunzte zustimmend und bedeutete Rosanne, Zac aus dem Wagen zu holen. Sie löste die Gurte des Kindersitzes und griff nach der Tasche mit seinen Sachen.
Rücksichtslos schubsten die Männer sie in Richtung ihres Fahrzeugs. Dort angekommen, wurde sie grob durchsucht und dann auf die Rückbank gestoßen.
Einer der Männer verband ihr die Augen. Dann hörte sie, wie sie einstiegen und den Motor anließen. Mit quietschenden Reifen fuhren sie davon.
Denk nach, denk nach, denk nach, befahl sie sich. Sie durfte keine Angst zeigen. Das Handy. Irgendwie musste sie es schaffen, Isandro anzurufen. Sie flüsterte Zac beruhigende Worte zu und hielt ihn sanft gegen ihre Brust gepresst. Mit der freien Hand tastete sie suchend nach der Tasche. Endlich, da war sie.
Plötzlich legte sich eine Hand über ihre und hielt sie fest.
„Wasser!“, flehte sie. „Wasser für mein Baby.“
„Ist okay. Sie will nur Wasser“, sagte einer der beiden.
Die Hand wurde zurückgezogen, und Rosanne kramte in der Tasche. Die Wasserflasche fand sie sofort, gleich darauf das Handy. Vor Erleichterung hätte sie weinen mögen. Das Telefon war so schmal, dass sie es in der Handfläche hinter der Flasche verbergen konnte.
Zac schien zu ahnen, was sie vorhatte, und nahm ihr die Flasche ab. Eilig versteckte Rosanne die Hand mit dem Handy hinter seinem kleinen Körper und tastete nach dem Ziffernblock. Die beiden Männer unterhielten sich angeregt und beachteten sie nicht weiter.
Sie fand die Stelle, an der die Taste mit der Eins sein musste. Sie drückte darauf, dann die Ruftaste. Der Wagen wurde langsamer und bog ab. Vermutlich auf eine Schnellstraße, denn ihre Geschwindigkeit nahm rasch zu.
Rosanne nutzte den Moment, um das Handy wieder in die Tasche gleiten zu lassen. Bildete sie es sich nur ein, oder hörte sie eine leise Stimme? Sie wusste, ihr blieb nur diese eine Chance, mit Isandro Kontakt aufzunehmen. Also beugte sie sich vor und fragte laut auf Spanisch: „Warum entführen Sie uns? Wohin fahren wir? Warum haben Sie Hernán niedergeschlagen? Er könnte verletzt sein …“
Einen Augenblick herrschte Stille, dann brach die Hölle los. Sie ahnte den Schlag, bevor sie ihn spürte. Dennoch flog ihr Kopf zur Seite. „Sie spricht Spanisch!“
Zac begann wieder zu weinen, und Rosanne versuchte, ihn zu beruhigen. Die Nerven der Männer, so viel war offensichtlich,
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