Julia Extra Band 0300
und geschäftsmäßig. „Ich zahle Ihnen fünf Millionen Euro, wenn Sie mich in eine sehr diskrete Klinik in der Schweiz begleiten, wo man sich Ihres Zustandes annehmen wird.“
Carrie hörte die Worte, hörte sie von dort, wo Alexeis’ Mutter saß und wo die übrige Welt war. Aber Carrie befand sich woanders, an einem Ort, an dem niemand sie erreichen würde. Ein Ort, der von einer hohen, undurchdringlichen Wand umgeben war. Einer Schranke, die keine Gefühle herein- oder herausließ.
Nur Worte.
„Wenn Sie noch ein paar Tage warten, können Sie die Summe vielleicht einsparen. Gut möglich, dass die Natur ohne Bezahlung leistet, was Sie wünschen.“ Carries Antwort klang ebenso gefühllos wie das Angebot der anderen Frau, sie dafür zu bezahlen, eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Eine Schwangerschaft, die für ihren Sohn Alexeis Nicolaides eine persönliche und gesellschaftliche Katastrophe war.
„Die Natur ist unzuverlässig, die Klinik nicht. Außerdem möchte ich nicht, dass Sie mit leeren Händen gehen. Das wäre nicht fair. Ein weiterer Grund ist Alexeis’ Verantwortungsgefühl. Er muss davon befreit werden.“
„Was erreicht wäre, sobald er erführe, dass ich Ihr Geld genommen habe, um abtreiben zu lassen?“ Noch immer verriet Carries Stimme keinerlei Emotion.
„Sie begreifen erstaunlich schnell. Alexeis hat mir erzählt, dass Sie Kellnerin sind“, entgegnete Berenice Nicolaides, als müsste ihr zweiter Satz dem ersten eigentlich widersprechen. „Nehmen Sie mein Angebot an?“
Ausdruckslos sah Carrie sie an.
Fast im Plauderton fügte Alexeis’ Mutter hinzu: „Es wäre ein Fehler, meinen Sohn zu heiraten. Solch eine Ehe würde Sie sehr unglücklich machen. Ich spreche nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Erfahrung. Nicht meiner. Ich weiß, wie es der … Frau ergangen ist, die mich ersetzt hat. Sie war wie Sie. Und wenn Sie meinen Sohn heiraten, werden Sie ebenso tiefunglücklich sein wie sie. Einem Mann zur Last zu fallen ist ein Schicksal, das ich Ihnen nicht wünsche. Alexeis wird Sie anständig behandeln. Er ist nicht wie sein Vater. Aber so eine Ehe kann nicht gutgehen.“
Ihre Miene wurde härter. „Und falls Sie meinen Sohn wegen seines Geldes heiraten, werden Sie jeden Tag Ihres Lebens dafür büßen. Mich als Feindin zu haben kann sehr schlimm sein. Nehmen Sie mein Angebot an, oder Sie werden es bereuen.“
Berenice Nicolaides, die Hexe, dachte Carrie. Ihr wurde kalt. Yannis hatte nicht gelogen.
„Also?“ Alexeis’ Mutter stand auf.
„Nein.“ Carrie warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Nein, ich werde mein Baby nicht für fünf Millionen Euro töten. Genügt das?“
Einen Moment lang verharrte Berenice Nicolaides mit ausdrucksleerem Gesicht. Dann drehte sie sich um und verließ das Zimmer.
Zitternd lag Carrie da, die Hand auf ihrem Bauch.
Todunglücklich.
9. KAPITEL
Jedes Mal, wenn Alexeis sie etwas fragte, antwortete Carrie nur einsilbig. Noch immer war das Zimmer abgedunkelt, und sie lag genauso da wie am Vortag.
Am Nachmittag kam der Arzt. Unverblümt hatte er ihnen zuvor mitgeteilt, er könne sowieso nichts tun. Alexeis hatte ihn gebeten, trotzdem zu kommen. Wenn etwas passierte, wollte er sich hinterher nicht vorwerfen müssen, nicht alles unternommen zu haben, um es zu verhindern. Carrie sollte die beste Behandlung erhalten.
„Dieses Warten ist schwer“, sagte Alexeis jetzt.
Carrie erwiderte nichts.
„Wir müssen einfach hoffen.“
Schweigend sah sie ihn an. Worauf hoffen? Es gab nichts mehr zu hoffen.
Ich muss hier weg. Ich muss hier weg.
Das war ihr einziger Gedanke.
Sie musste aus diesem Haus entkommen. Alexeis entkommen. Dem schrecklichen Schicksal entkommen, das er für sie geplant hatte.
Heirat.
Glaubte er wirklich, dass sie ihn heiraten würde? Niemals. Sie würde ihr Baby zur Adoption freigeben. Sosehr es ihr auch wehtun würde, es war die einzige Möglichkeit. Nur so würde ihr Kind bei einer liebevollen Familie gut aufgehoben sein. In Sicherheit vor dem Schicksal, das ihm bei Alexeis drohte: aufgezogen werden als eine Pflicht, eine Belastung …
Sie konnte es sich nicht leisten, ein Kind allein großzuziehen. Und selbst wenn sie das Geld hätte, wie sollte sie gegen Alexeis kämpfen, der über ein riesiges Vermögen verfügte?
Wieder sagte er etwas zu ihr. Immer redete er auf sie ein. Sie durfte ihn nicht hinter die hohe Wand in ihrem Kopf lassen, die Wand, durch die keine Gefühle herein- oder herauskamen.
„Hier drin
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