Julia Extra Band 0300
unausweichliche tragische Ende kam, war Carrie deprimiert und wurde von schmerzhaften Gedanken gequält.
Schließlich verklang der Beifall, und die Zuschauer begannen zu gehen. Alexeis blickte sie an. „Und? Hat es dir gefallen?“, fragte er erwartungsvoll.
„Nicht so richtig“, erwiderte Carrie aufrichtig.
„Wie ich gesagt habe, an die Oper muss man sich erst gewöhnen.“
„Es tut mir leid.“ Sie hatte das Gefühl, ihn enttäuscht zu haben. Und sie wusste nicht, wie sie sich näher darüber äußern sollte, ohne undankbar zu wirken.
„Nicht doch“, entgegnete Alexeis gelassen. „Vielleicht ist Madame Butterfly zu gefühlvoll für den englischen Geschmack? Überladen und melodramatisch!“
Unsicher lächelnd verließ Carrie mit Alexeis die Loge. „Überladen und melodramatisch“? Ja, das war vielleicht eine Möglichkeit, das Ende der Oper zu beschreiben. Carrie hatte es einfach schrecklich gefunden. Wie konnte die Heldin, auch wenn sie den treulosen Helden noch so sehr liebte, ihr gemeinsames Kind seiner Ehefrau übergeben und sich dann umbringen?
Traurigkeit überwältigte Carrie, verstärkt durch die herzzerreißende Musik, die ihr nicht aus dem Kopf ging. Unwillkürlich musste sie an den unerträglichen Tag denken, als ihr Vater sie tränenüberströmt von der Schule abgeholt hatte. Ein Autounfall. Ein Lastwagenfahrer war zu schnell gefahren und hatte ihre Mutter getötet.
Und dann, vor einigen Monaten erst, der Tod ihres Vaters. Drei qualvolle lange Jahre hatte er gegen die schreckliche Krankheit gekämpft, bis er schließlich besiegt war.
Blinzelnd senkte Carrie den Blick. Sie durfte nicht daran denken. Welchen Sinn hatte das? Ihr Vater hatte erreicht, was er unbedingt hatte erreichen wollen, bevor er den Kampf verloren hatte. Das war der Gedanke, an den sie sich klammern sollte.
Ihr Leben musste weitergehen, und sie wusste das. In finanzieller Hinsicht war es schwer gewesen, zermürbend. Aber es hatte keine Alternative gegeben.
Bis zu jenem Abend in der Kunstgalerie. Als sie Alexeis zum ersten Mal gesehen hatte und er sie. Jener wundervolle, unvergessliche Abend, an dem Alexeis ihr Leben auf den Kopf gestellt und sie im Sturm erobert hatte … Genau so, wie Madame Butterfly im Sturm erobert worden war.
Ich bin keine arme, irregeführte Madame Butterfly!
Ja, Alexeis hatte sie erobert, aber was konnte es schaden? Ja, es war wie ein Traum, der wahr wurde, aber was war falsch daran, sich mit einem so umwerfenden Mann wie Alexeis einzulassen?
Wie könnte sie den himmlischen Empfindungen widerstehen, die er in ihr weckte, wenn er mit ihr schlief? Den Nächten, in denen sie ihm von den Augen ablesen konnte, was er wollte? Erinnerung und Vorfreude ließen Carrie erschauern.
Natürlich genoss sie diese herrliche Zeit mit Alexeis, der sie begehrte und überallhin mitnahm. Und natürlich war es nicht real und würde nicht halten. Konnte nicht halten. Nur, wie könnte sie das alles aufgeben, solange er sie noch an seiner Seite haben wollte?
Was für einen Grund könnte sie haben, gehen zu wollen?
Später an diesem Abend, als sie an Alexeis gekuschelt dalag, hatte Carrie wieder die Musik der Oper im Kopf. Sie mochte ja in einer Traumwelt leben, doch Alexeis’ Arme um sie waren sehr real. Beunruhigend real.
Tiefes Unbehagen erfüllte sie.
Am nächsten Morgen war es verschwunden. Alexeis hatte sich mit einem leidenschaftlichen Kuss von ihr verabschiedet und gesagt, sie solle sich Urlaubskleidung besorgen.
„Bis zum Wochenende werde ich hier alles erledigt haben, und dann fliegen wir nach Genua, wo die Jacht auf uns wartet.“ Er hatte sie angelächelt. „Nur du und ich.“
Sofort hatte sich ihre Stimmung gehoben, und die beunruhigenden Gedanken und Gefühle waren auch nicht wieder zurückgekehrt.
Jetzt fuhr Carrie auf einer Luxusjacht durch das kobaltblaue Mittelmeer in Richtung des eleganten Urlaubsortes Positano. Am schönsten war es, dass sie Alexeis für sich allein hatte, ganz ohne gesellschaftliche Verpflichtungen. Nur sie beide, zwanglos und entspannt.
Es war Alexeis selbst, der sie bezauberte, nicht sein luxuriöser Lebensstil. Alexeis, bei dessen Anblick sie weiche Knie bekam, dessen Berührungen sie dahinschmelzen ließen. Alexeis, für den sich Carrie schön machte, in dessen Armen sie immer wieder überwältigendes Glück fand.
Auch am Nachmittag, während sie sich in der lichtdurchfluteten Kabine liebten. Überall um sie herum glitzerte die Sonne auf dem Wasser, und die
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