Julia Extra Band 0301
haben. Eigentlich hatte sie ihm von ihrer Angst, ihre Identität den Erwartungen eines anderen Menschen unterzuordnen, erzählen wollen. Doch dann sah sie den unnachgiebigen Ausdruck in seinen dunklen Augen, und ihr wurde klar, dass ihn ihre Bedürfnisse nicht interessierten. Und wieso auch? Schließlich zählte für Gianluca ausschließlich sein Sohn.
„Gibt es denn keine andere Möglichkeit?“, fragte Eileen leise und begriff plötzlich, dass ihre übliche Stärke und Widerstandskraft durch die Geburt und die aktuellen Lebensumstände völlig aufgezehrt waren. Plötzlich hatte der Gedanke, dass sich einmal in ihrem Leben jemand anders um ihr Wohlergehen kümmern wollte, auch etwas Reizvolles.
„Immerhin bist du jetzt im Mutterschaftsurlaub“, erinnerte sie Gianluca. „Was hält dich und Claudio da im Augenblick noch in England? Du hast mir doch bereits erzählt, dass du keine Familie hast.“
So wie er von ihr sprach, klang es, als sei sie verfügbar wie ein Papiertaschentuch! Ihr war bewusst, dass er das Ruder übernommen hatte und dass sie nicht in der Lage war, irgendetwas gegen seine logischen Schlussfolgerungen einzuwenden. Was hielt sie denn in England, außer ihr Stolz? Und war Stolz nicht sinnlos? Sie kannte Gianluca gut genug, um zu wissen, dass er ihn mit Füßen treten würde, sollte er dem Besuchsrecht an seinem Sohn im Wege stehen.
„Und natürlich könnte ich ein Kindermädchen besorgen, das dir hilft“, fuhr er nun fort.
„Ein Kindermädchen?“, wiederholte Eileen wie in Trance und dachte dabei mit Unbehagen an ein junges, hübsches Ding, das sich unweigerlich in seinen milliardenschweren Chef verlieben und irgendwann als dessen Geliebte ihre, Eileens, Nachfolge antreten würde.
„Egal, was passiert: Wir brauchen ein Kindermädchen!“, sagte Gianluca jetzt. „Bei zwei berufstätigen Eltern ist das unerlässlich. Ich gehe mal davon aus, dass du immer noch arbeiten willst.“
„Ja, natürlich“, antwortete Eileen steif und hatte Mühe, ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. „Aber … aber …“
Herrisch zog Gianluca die Brauen hoch. „Was ist denn, Eileen?“
Sie sah ihn noch einen Moment abwägend an, bevor sie die Frage stellte, die sich ihr schon die ganze Zeit bewegte: „An welche Art von Ehe hattest du denn gedacht?“
Ihre Blicke trafen sich für eine ganze Weile, dann ließ er seinen noch einmal über sie gleiten. Diesmal allerdings nicht abschätzig, sondern geradezu bewundernd – als hätte sie ihm mit ihrer Frage soeben die Erlaubnis dazu gegeben.
Erstaunlich, all das Gewicht, das sie im Zusammenhang mit der Schwangerschaft zugelegt hatte, schien wie weggeschmolzen. Ja, ihre Brüste waren schwerer – aber das war ja nichts Schlechtes –, und sie erschien ihm weicher als sonst, was unwiderstehlich auf seine Libido wirkte. Wie bei einem Eis, das zu schmelzen begann und das man sofort genießen wollte. Es zuckte in seiner Schläfe, und seine Stimme wurde rauer.
„Ich glaube, du weißt, an welche Art von Ehe ich denke, zumal der Sex zwischen uns so gut ist. Die Details können wir später ausarbeiten – Hauptsache, wir sind uns bei den grundlegenden Punkten einig.“
Zumal der Sex so gut war?
Die Details konnten sie später ausarbeiten?
Eileen war froh, dass sie schon saß. Selbst wenn er es gewollt hätte, hätte er keine beleidigendere, kaltschnäuzigere Formulierung finden können. Und doch … Tat er nicht nur, was sie immer zu tun versucht hatte: Gefühle außen vor zu lassen, die einem nur das Leben schwermachten?
Das Problem war nur, dass unterwegs ihr Herz irgendwie beteiligt worden war. Und jetzt, da Gianluca und sie ein gemeinsames Kind hatten, würde ihr Herz ohnehin nie wieder richtig Frieden finden, und es gäbe auch kein Entkommen vor Gianluca und dieser schrecklichen Sehnsucht tief in ihr. Sie würde seinen Namen tragen, so wie sie sein Kind geboren hatte, aber seine Liebe würde ihr niemals gehören. „Und was, wenn ich dich nicht heirate?“
Gianluca zog die Brauen zusammen. Sie war eine intelligente Frau, sì , und er durfte sie nicht unterschätzen. Aber sie musste doch auch begreifen, dass sie nicht in der Position war, zu verhandeln, weil sie einfach nicht über seine Mittel verfügte. Außerdem unterlag sie auch nicht dieser schrecklichen Angst, man könnte ihr den Sohn nehmen und damit das Herz herausreißen. Die Menschen mochten glauben, dass er alles hatte. Aber wenn er Claudio nicht haben konnte, hätte er nichts.
„Wenn du
Weitere Kostenlose Bücher