Julia Extra Band 0301
würde. „Worüber willst du denn sprechen, Gianluca?“
Wie erschöpft sie aussah und trotzdem irgendwie überirdisch schön. Die Haare hatte sie zu zwei dicken Zöpfen geflochten, die ihr Gesicht umrahmten und ihren hellen Teint noch betonten. „Zunächst könnten wir uns einmal auf einen Namen für ihn einigen.“
Eileen nickte. Damit konnte sie leben. „Hast du noch irgendwelche Vorschläge?“
„Und du?“, fragte er höflich zurück.
„Gefällt dir ‚James‘ immer noch nicht?“
Er schüttelte den Kopf.
„‚William‘?“
Er lachte. „Ich glaube, wir wissen beide, dass ich erst zufrieden sein werde, wenn es ein italienischer Name ist, mia bella. “
Ja, das wusste sie. Und hatte Gianluca damit nicht irgendwie recht? Mit seinem pechschwarzen Haar und den großen, dunklen Augen wirkte ein Name wie „Andrew“, „James“ oder „William“ für das Baby wirklich verfehlt.
„In Ordnung, dann mach mir mal ein paar Vorschläge.“
„Ich dachte an ‚Claudio‘“, sagte Gianluca und wartete auf Eileens Reaktion. „Mein Vater hieß so. Ich finde, der Name klingt stark, und er gefällt mir. Wie sieht’s bei dir aus?“
„Claudio“, sagte sie probehalber, schloss die Augen und dachte an ihren Sohn, dessen Aussehen schon jetzt für alle Ewigkeit in ihr Gedächtnis gebrannt war. Ja, der Name passte sehr gut. Als sie die Augen wieder öffnete, stellte sie fest, dass Gianluca sie mit gemischten Gefühlen betrachtete – als fürchtete er irgendetwas Unvorhergesehenes. Es war an der Zeit, dass sie wieder sie selbst wurde. Hör auf, alles ängstlich abzuwägen, die Geburt ist längst vorbei!
„Ja, der Name gefällt mir.“
„Gut.“ Gianluca schenkte ihnen beiden Kaffee ein und reichte ihr eine Tasse. Beim Vorbeugen bemerkte er die Fülle ihrer Brüste und verspürte ein unerwartetes Verlangen. Am liebsten wäre er um den Tisch herumgegangen und hätte Eileen geküsst.
War es normal, dass Männer ihre Frauen so schnell nach einer Geburt wieder begehrten?, überlegte er, wobei ihm klar wurde, dass das alles völliges Neuland für ihn war. Doch er unterdrückte die Regung, weil Lust einem die Sinne vernebelte und weil er jetzt ganz vernünftig bleiben musste. „Gut, den Namen hätten wir, aber wir müssen auch sonst einige grundsätzliche Entscheidungen treffen.“
Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten. „Welche zum Beispiel?“
„Ich bitte dich, Eileen, hier geht es um Claudios Zukunft. Wie stellst du sie dir denn vor?“
Sie wäre eine Närrin gewesen, hätte sie nicht genau diese Frage längst erwartet. Dabei war es merkwürdig, Gianluca den Namen ihres Sohnes sagen zu hören. Als sei das Kind erst jetzt Wirklichkeit geworden. „Ich habe viel darüber nachgedacht und glaube, dass wir uns in aller Güte einigen können.“
Gianluca zog die dunklen Brauen hoch. Wie ruhig sie klang, wie selbstbeherrscht. „Ehrlich?“
„Ja. Zunächst arbeite ich ein bisschen von zu Hause aus und später dann in Teilzeit.“
Er kniff ungläubig die Augen zusammen. „Vergisst du bei diesem netten, kleinen Arrangement nicht etwas?“
Erstaunt sah Eileen ihn an. „Was meinst du?“
„Wo bleibt da das Wohlergehen meines Sohnes?“
Sie hörte das besitzanzeigende Fürwort, als er einfach so von „seinem“ Sohn sprach, und ihr sank der Mut.
„Und, vor allem, wie passe ich da hinein?“
Nichts an dieser ganzen Sache war so, wie es sein sollte, aber sie wollte Gianluca beruhigen, ihm sagen, dass sie nicht beabsichtigte, ihm sein Kind vorzuenthalten. Sie wollte ihn aber auch nicht mit unrealistischen Forderungen überfahren. Bestimmt wurde sie nicht eine dieser nervtötenden Exfreundinnen, die wie ein Geist ständig wieder im Leben des ehemaligen Geliebten auftauchten – mit einem Kind im Schlepptau. „Du weißt doch, dass du das Baby sehen kannst, wann immer du willst“, widersprach sie ihm deshalb.
„Wie außerordentlich großzügig von dir, mia cara. Aber hast du dabei auch an die geografischen Gegebenheiten gedacht?“
Eileen nickte. „Okay, du lebst in Italien, und ich lebe in London, aber die Welt ist kleiner geworden. Du kannst Claudio …“ Doch sie verstummte, als sich Gianluca mit blitzenden Augen zu ihr beugte.
„Wann kann ich ihn sehen? Ein Wochenende im Monat? Für zwei, drei Wochen im Sommer? Glaubst du, ich lasse meinen Sohn aufwachsen, ohne dass er Italienisch lernt? Erwartest du tatsächlich von mir, dass ich eine solche Situation toleriere?“ Er sah sich
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