Julia Extra Band 0301
sagte sie eisig, „war absolut unnötig.“
Langsam schüttelte Peter den Kopf. „War es das?“, fragte er. Sein Herz pochte so schnell, dass ihm das Sprechen schwerfiel. „Ich glaube nicht.“ Es gelang ihm, ein schiefes Grinsen aufzusetzen. „Frag Jon danach, wenn du mit ihm telefonierst.“
Damit wandte er sich um und ging.
Sein Körper hätte viel lieber etwas ganz anderes getan.
„Die Nachricht, die du hinterlassen hast, war ein bisschen undeutlich“, begrüßte Jon sie am nächsten Tag. „Es klang, als hättest du gesagt, du würdest in New York bleiben.“
Noch im Halbschlaf hatte Ally nach dem Telefonhörer gegriffen, und nun versuchte sie, einen Sinn in die Worte ihres Verlobten zu bringen. Sie blinzelte zur Uhr hinüber. Halb zehn?
Normalerweise schlief sie doch nie so lange!
Andererseits lag sie auch nie die halbe Nacht wach und fragte sich, ob sie eigentlich den Verstand verloren hatte.
Denn die ganze Nacht über waren ihre Gedanken immer wieder zu Peter und dem unglaublichen Kuss gewandert. Wie es sich angefühlt hatte, seine Lippen auf ihren zu spüren, wie ihr Körper zu erwachen schien …
„Hast du gehört, was ich gesagt habe?“, meldete Jon sich wieder.
Wie versprochen, hatte sie ihn gestern Abend angerufen, doch nur den Anrufbeantworter erreicht und eine Nachricht hinterlassen.
„Ja“, bestätigte sie nun verschlafen. „Das hast du richtig verstanden. Ich bleibe das Wochenende noch hier.“
„Und was ist mit der Wohltätigkeitsparty im Krankenhaus am Samstag? Die hast du doch nicht etwa vergessen, oder?“
Um die Wahrheit zu sagen, die hatte sie komplett vergessen. Dafür fiel ihr etwas anderes ein. „Du hast gesagt, du würdest nicht zu der Party gehen, weil du zu beschäftigt bist“, erinnerte sie ihn.
„Ich bin auch beschäftigt. Aber ich muss trotzdem hin. Fogarty hat gesagt, ich müsse mich dort blicken lassen.“
Fogarty war der Chefarzt des Krankenhauses. „Dann wirst du das wohl tun müssen. Allerdings kann ich dich nicht begleiten.“
„Ally, was ist denn los?“
„Mir ist etwas dazwischengekommen. Etwas Wichtiges.“
„Die Party ist auch wichtig, Ally.“
Aber erst, seit Fogarty das entschieden hatte! „Ich weiß“, beruhigte sie ihn.„Doch ich bin hier eine Verpflichtung eingegangen.“
„Ich weiß, dass dir diese Galeristin viel bedeutet, aber du hast doch wirklich schon genug Ausstellungen. Und wenn wir erst verheiratet sind und Kinder haben, wie willst du dann überhaupt all deine Geschäfte beliefern?“
Ally kannte diese Diskussion; sie führten sie nicht zum ersten Mal. Für sie war es völlig klar, dass sie, sobald sie ein Kind bekam, ihre Karriere hintenanstellte. Aber bis dahin wollte sie arbeiten, ihre eigenen Designs entwerfen, malen, nähen.
„Wenn wir Kinder haben, setze ich sie an erste Stelle“, verteidigte sie sich. „Aber jetzt bleibe ich bis Montag in New York.“
Dass Jon annahm, ihr verlängerter Aufenthalt habe mit ihrer Arbeit zu tun, kam ihr nicht ungelegen. Der wahre Grund würde ihm gar nicht gefallen.
„Ich melde mich, sobald ich weiß, wann mein Flugzeug am Montag in Hawaii landet.“
„Na gut. Ich versuche, dich abzuholen. Aber jetzt muss ich los. In einer knappen Stunde leite ich eine Operation.“
„Okay. Danke für deinen Anruf. Es tut mir wirklich leid wegen des Wochenendes. Ich rufe dich später wieder an. Ich liebe dich.“
Doch Jon hatte bereits aufgelegt.
Den Telefonhörer in der Hand, blieb Ally im Bett sitzen. Sie fühlte sich ganz elend.
Sie hatte Jon enttäuscht. Er zählte auf sie, verließ sich auf sie. Liebte sie.
Die Sache mit Peter würde er nicht verstehen. Dabei wünschte sie nichts sehnlicher, als mit ihm darüber sprechen zu können.
Bestimmt würde sie sich besser fühlen, wenn sie ihm anvertrauen konnte, was hier geschah. Peters Weigerung, die Scheidungspapiere zu unterzeichnen, verunsicherte sie. Das von ihm zubereitete Abendessen hatte sie aus der Fassung gebracht. Seine Schwester kennenzulernen war eine Erfahrung der besonderen Art für sie gewesen. Und die Aussicht, seine Eltern zu treffen, bereitete ihr ernsthafte Sorgen.
Und dann war da noch dieser Kuss.
Aber natürlich war Jon der letzte Mensch, mit dem sie darüber reden konnte.
Würde Peter sie am Wochenende wieder küssen?
Wollte sie, dass er das tat?
Und wenn er sie küsste, wie würde sie reagieren? Warum hatte er es überhaupt getan? Was wollte er von ihr? Er liebte sie nicht.
Und sie? Liebte sie ihn
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