Julia Extra Band 0315
ständig vorstellte, wie es sein musste, mit seiner Frau zu schlafen. Ruhe und gutes Essen hatten ihrer Figur das Magere genommen und die feinen Rundungen wieder zur Geltung gebracht. Sie sah verführerischer aus denn je.
Kurz gesagt, ihm fehlte die Frau, die er zu lieben gelernt hatte, und nicht nur körperlich. Er vermisste ihre Gesellschaft, ihre Intelligenz, ihren scharfen Geist. Schlimmer war zudem noch, dass sie ihren Sohn seit neun Wochen nicht mehr gesehen hatte. Schon jetzt waren ihr die Meilensteine in seiner Entwicklung entgangen. Drei Zähnchen hatte Sebastiano schon, er versuchte zu sitzen und machte die ersten Ansätze zu krabbeln. Inzwischen hatte er sich an seine Pflegefamilie gewöhnt und umgekehrt. Mit jedem Tag wurde es für alle Beteiligten schmerzhafter, wenn er wieder zu seinen Eltern zurückkehren würde. Auch wenn er Giuliana unendlich dankbar für ihre Hilfe war, so hatte Dario doch genug davon, sich wie ein Dieb wegstehlen zu müssen, um eine oder zwei Stunden mit seinem Sohn verbringen zu können und sich dann auch nur wie ein Besucher vorzukommen.
Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie Maeve reagieren würde, wenn sie ihre Erinnerung zurückgewann. Ob Yves Gauthier ihr Liebhaber oder ihr Freund gewesen war, verkümmerte im Vergleich zu der Tatsache, dass sie die Existenz ihres Sohnes vergessen hatte.
Als ihr Mann fühlte er sich auch nicht wohl bei all den Halbwahrheiten und Verschleierungen, die er ihr auftischte. Wenn es nach ihm ginge, hätte er ihr von Anfang an alles erzählt, hätte versucht, die Probleme zu lösen und an diesem Punkt anzusetzen. Peruzzis Warnung jedoch hallte noch immer in seinen Ohren, und ein solches Risiko wagte er nicht einzugehen.
Maeve ahnte nicht, in welche Richtung seine Gedanken gegangen waren, und ließ sich gegen ihn sacken. „Du glaubst, ich greife nach jedem Strohhalm, nicht wahr?“
„Nicht unbedingt. Aber wenn du eine besondere Nacht verewigen willst, warum lässt du es nicht die heutige sein?“
„Du hast recht.“ Sie ging zum Tisch zurück, setzte sich und stocherte in den exzellenten linguine allo scoglio , feinen Bandnudeln mit herrlich frischen Muscheln und Garnelen, herum. „Erzähle mir von unserer geplanten Reise. Wohin genau in Tunesien fahren wir?“
„In die Hauptstadt, nach Tunis. Eine interessante Stadt, die dir sicherlich gefallen wird. Da man die Altstadt zu Fuß erkunden muss, packe bequeme Schuhe ins Reisegepäck und Sonnenhüte, es kann dort sehr heiß werden. Ach, und außer einem Kleid fürs Dinner eher unauffällige Sachen. Ich will nicht, dass fremde Männer dich anrülpsen.“
„Anrülpsen?“ Sie lachte perplex auf.
„Tunesische Männer zeigen ihre Bewunderung für schöne Frauen mit einem Rülpser. Da die tunesischen Frauen meist von Kopf bis Fuß verschleiert sind, halten die Männer weniger bedeckte Touristinnen für leichte Beute.“
„Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten, du seist eifersüchtig.“
„Vielleicht habe ich ja Grund dazu.“ Ein unerwartet bitterer Ton schwang in seinen Worten mit.
„Wie bitte?“ Schockiert starrte sie ihn an.
Still verfluchte er sich. Die Anschuldigung war heraus, bevor er sich hatte zurückhalten können. „Das ist wohl der Preis, den jeder Mann einer schönen Frau zahlen muss“, redete er sich heraus.
„Nun, dann kann ich den hier anwesenden Mann beruhigen. Mir ist gleich, wie viele Männer mich anrülpsen. Ich habe nur an dir Interesse.“
Da meldete sie sich wieder – die Erregung, die ihn nie ganz zur Ruhe kommen ließ! „Hast du großen Hunger?“, fragte er leise.
„Auf das Essen?“ Sie schob die köstlichen Meeresfrüchte auf ihrem Teller hin und her. „Nicht wirklich.“
Er auch nicht. „Was hältst du dann davon, wenn wir dieses Gespräch in einer privateren Atmosphäre fortsetzen?“
„Das ist die beste Idee, die du seit langem hattest.“
Irgendwann am frühen Abend musste Antonia oder eines der Hausmädchen ein paar romantische Details in der Suite arrangiert haben. Lilien in einer Vase verströmten in der Sitzecke ihren schweren Duft, im Schlafzimmer stand eine einzelne Rose auf dem kleinen Tischchen neben der viktorianischen Chaiselongue. Die Kerzen in den großen Messinghaltern waren angezündet worden, das Mondlicht fiel durch die offen stehenden Terrassentüren.
Maeve gab sich alle Mühe, so zu tun, als hätte sie diese Räume nie zuvor gesehen, dennoch wanderte ihr Blick wie von allein immer wieder zu der
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