Julia Extra Band 0316
untertrieben war. „Ich suche jemanden, der Eigeninitiative hat und mehr tun kann, als nur den Telefonhörer in die Hand zu nehmen.“
„Ja, viel Glück dabei“, gab Katie zurück. „Ich habe auch einen Stapel aus den ganzen unterschiedlichen Telefonnotizen gemacht, die ich gefunden habe.“
„Die meisten von ihnen haben diese Damen auf die Rückseite irgendwelcher Umschläge geschrieben“, beklagte er sich und senkte den Kopf.
„Dein Terminkalender ist übrigens eine Katastrophe.“
„Ja, ich weiß. Schon eine ganze Weile.“ Er seufzte.
„Und dein Büropersonal …“ Erschrocken biss sie sich auf die Zunge.
„Nur weiter! Red schon!“
„Sie haben überhaupt keine Manieren“, erklärte sie. „Und das ist sehr schlecht für dein Image.“
„Was für ein Image?“
„Eben darum.“
„Du wärst sicher eine wesentlich fähigere Assistentin.“ Herausfordernd sah er sie an.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, du bietest mir einen Job an!“ Katie lachte.
„Hältst du mich etwa für verrückt?“, neckte er sie und achtete dabei genau auf ihre Reaktion. Natürlich war es verrückt, jemanden wie Katie einzustellen. Eine Frau, die sich den Kopf über andere Menschen zerbrach.
Ein plötzliches Telefongespräch lenkte Rigo von seinen Gedanken ab. „Jetzt könnte ich dich küssen“, rief er, nachdem er den Hörer wieder aufgelegt hatte.
„Lass uns nicht vom Thema abweichen!“, ermahnte sie ihn und brachte instinktiv den Schreibtisch als Sicherheitszone zwischen sich und Rigo. „Ich will nicht drängeln, aber mein Flug geht um vier. Ich nehme an, du hast gute Nachrichten bekommen?“
„Die besten!“
Seiner Miene nach muss das der Deal des Jahrhunderts gewesen sein, dachte Katie. „Herzlichen Glückwunsch!“
„Gratuliere lieber den Ärzten, nicht mir.“
„Den Ärzten?“
„Ein Freund von mir hatte eine Operation“, erklärte er vage und fuhr sich durch die zerzausten schwarzen Haare. Er wich Katies Blick aus und vermittelte den Eindruck, als hätte er bereits zu viel verraten.
„Ich hoffe, deinem Freund geht es gut.“
„Offenbar ist die Operation bestens verlaufen. Eine schönere Neuigkeit gibt es wohl nicht. Jetzt kann ich auch endlich in die Toskana fahren.“
„Dann lass dich von mir bitte nicht aufhalten! Ich werde mir ein Taxi zum Flughafen nehmen.“
„Auf gar keinen Fall. Ein Fahrer kann dich bringen“, widersprach er.
Im Grunde war Katie froh, in ihr vertrautes Yorkshire zurückkehren zu können. Die Empfindungen, die sie in Rigos Gegenwart überfielen, machten ihr Angst.
Aber nachdem die Gelegenheit zur Flucht nun gekommen war, wehrte Katie sich dagegen, dass dieses Abenteuer ein abruptes Ende nehmen sollte. Sie wollte bleiben. Rigo war ihr wichtig, und sie wollte gern für ihn da sein, wenn es unangenehm wurde.
„Ich könnte jetzt fliegen“, begann sie todesmutig. „Oder …“
„Oder?“, hakte er nach.
„Ich komme einfach mit dir.“ Ihre Courage war Katie selbst unheimlich, und sie hielt erschrocken den Atem an.
„Du willst mit mir kommen? Ich dachte, es könnte dir nicht schnell genug gehen, Rom zu verlassen?“
Am besten vertraute sie Rigo wenigstens einen Teil der Wahrheit an. „Soll ich mal ehrlich sein?“
„Nicht weniger erwarte ich von einer Anwältin“, erwiderte er lächelnd.
„Ich weiß nicht einmal, ob ich noch einen Job habe, wenn ich nach Hause komme. Meine Kanzlei trifft momentan krasse Rationalisierungsmaßnahmen. Und darüber hinaus bin ich mir nicht sicher, ob ich weiterhin als Anwältin arbeiten möchte.“ Sie seufzte. „Ich lasse mich emotional grundsätzlich zu sehr auf meine Mitmenschen ein. Ich bin einfach nicht objektiv genug. Ständig erinnert man mich daran, dass ich keine Sozialarbeiterin bin und mich auf die Fakten konzentrieren soll.“
„Aber dir geht trotzdem alles unter die Haut.“
„Genau.“
„Muss man sich denn dafür schämen?“, fragte Rigo sanft.
„Nein, aber ich habe trotzdem den falschen Beruf gewählt.“
„Das weiß ich nicht so genau.“ Er rieb sich das Kinn. „Aber als Assistentin wärst du sicherlich unschlagbar. Klar und kompetent. Und in Bezug auf deine Referenzen sogar überqualifiziert.“
„Wir können uns ja darauf einigen, dass ich für eine Übergangszeit einspringe. Bis du jemanden für eine Festanstellung findest“, schlug sie vor und war stolz auf ihren grenzenlosen Mut.
„Meinst du das ernst?“
„Sicher.“ Sie hielt seinem Blick stand.
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