Julia Extra Band 0316
zurück zum Haupthaus gegangen war, drehte er sich noch einmal um. Katie saß noch immer da, wo er sie zurückgelassen hatte. Den Ausdruck auf ihrem Gesicht würde er vermutlich sein Leben lang nicht vergessen. Katie sah aus, als wäre sie gerade eben noch in akuter Lebensgefahr gewesen.
8. KAPITEL
Obwohl sie endlich allein war, brauchte Katie eine ganze Weile, um sich wieder zu sammeln – mental und physisch. Seit ihrem Unfall im Feuer bemühte sie sich darum, praktisch unsichtbar zu sein, und das war ihr beinahe gelungen. Bis sie nach Rom gereist war, und Rigo sie zwang, sich der Realität zu stellen.
Ganz tief in ihrem Inneren war sie ihm dankbar dafür. Es gab schließlich noch ein langes Leben, das gelebt werden musste. Auch vor den Verbrennungen gehörte Katie eher zu den stillen, unscheinbaren Mädchen, die sich fleißig auf ihre Ausbildung stürzten. Das allein löschte aber nicht das Feuer in ihrer Seele! Rigo hatte recht gehabt: Auch Katie hatte Bedürfnisse – genau wie jeder andere Mensch, wie all die hübschen, lebensfrohen Frauen, deren Körper und Haut makellos waren.
Seit dem Ende ihrer Gesangskarriere fühlte Katie sich um ihre große Leidenschaft betrogen: die Musik. Und nun hatte Rigo eine neue Leidenschaft in ihr entfacht, und Katies Leben stand an einem Wendepunkt. Nur sie konnte jetzt die Richtung bestimmen. Ging sie nach Yorkshire zurück und suchte sich dort einen neuen Job, oder versuchte sie ihr Glück zuerst in Italien?
Die Ärzte hatten ihr gesagt, sie solle tapfer sein, als Katie zum ersten Mal ihre Narben sah und weinend zusammenbrach. Machen Sie einen Schritt nach dem anderen, riet man ihr. Seitdem stellte sie sich ihr Leben als eine riesige Treppe vor. Sie konnte die Stufen mutig nehmen oder es aus Angst gar nicht erst versuchen. Jeder Mensch hatte eine Wahl.
Sollte sie sich also von ihrer Vergangenheit bezwingen lassen? Sicher nicht!
Zwanzig Minuten nachdem Rigo Katie am Pool zurückgelassen hatte, wartete er bereits ungeduldig in seinem Arbeitszimmer auf sie. Er tippte mit einem Kugelschreiber auf einen Pappordner und fragte sich, ob er nicht den Fehler seines Lebens beging. Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass es Katie so zusetzen würde, wenn man sie einmal aus ihrer Schutzzone hervorlockte. Richtigen Sex konnte er jetzt natürlich völlig vergessen. Aber er legte großen Wert darauf, dass sie in Italien blieb und mit ihm zusammenarbeitete.
Die Tür ging auf, und Rigo ließ seinen Stift fallen. Katie trug eine weite Cargohose und ein loses, verwaschenes T-Shirt. Überrascht musterte er ihr sonderbares Outfit.
„Ich weiß, dies ist ein Geschäftstreffen“, verteidigte sie sich hastig. „Aber ich dachte, falls wir anschließend noch eine Grundstücksbegehung machen …“
Erleichtert lächelte er. „Sehr vernünftig.“ Allerdings hoffte er, dass Katie nicht jeden Tag so formlose, weite Kleider tragen würde. Es gab keinen Zweifel: Sie versteckte ihre atemberaubende, kurvige Figur, die er am Pool bewundert hatte, absichtlich. Zu schade! Warum tat sie das bloß? „Hast du noch andere Klamotten dabei?“, fragte er beiläufig. „Vielleicht Jeans oder so?“
„Nur ein Paar, das ich mir bei meiner Einkaufstour mit Antonia gekauft habe. Ich wollte sie nicht gleich ruinieren.“
Dieser einfache Kommentar berührte etwas tief in Rigo, das er schon verloren geglaubt hatte … Er selbst trug alte Jeans und ein Arbeitshemd – bereit, sich in den Dreck zu stürzen und die Aufgaben anzupacken, die vor ihnen lagen.
„Dann lass uns mal loslegen!“, sagte er und klatschte einmal in die Hände. „Willkommen im Team.“
Katie gefiel es, dass Rigo sich stark und rational gab. Allerdings befürchtete sie gleichzeitig, dass er sich bewusst zu sehr von seinen Emotionen distanzierte. Inzwischen hatte sie sich dazu durchgerungen, dem Job in Italien eine Chance zu geben. Doch sie wünschte sich inständig, die Dinge zwischen ihr und Rigo wären einfacher.
„Ich werde dich hoffentlich nicht enttäuschen“, murmelte sie und schüttelte seine ausgestreckte Hand.
„Diese Gefahr besteht nicht, soweit ich das sehe“, entgegnete er trocken.
Wenige Minuten später bekam Katie eine Vorstellung von dem Tempo, das Rigo in Bezug auf sein Projekt vorlegte. Sie hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Fasziniert listete sie die zahlreichen Antiquitäten und Fresken des Palazzos auf, die der Sixtinischen Kapelle alle Ehre gemacht hätten. In allen Räumen hing der reizvolle
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