Julia Extra Band 0316
ihr bewusst wurde, dass er womöglich recht hatte. Von der Zeit her könnte es leider passen … „Jetzt mal langsam. Da Christian für die Erbfolge nicht mehr infrage kommt, wirst du doch wieder der nächste Fürst?“
„Ja.“
„Aber vielleicht wird Nicholas mir Christian doch wegnehmen. Schließlich ist er Anders’ Sohn.“ Phoebe wurde heiß und kalt.
„Ich glaube nicht, dass er noch Interesse an Christian hat, wenn er die Wahrheit erfährt“, erwiderte Leo.
„Wirklich großartig, obwohl er von eurem Blut ist, wollt ihr ihn nicht mehr haben!“
„Ich dachte eigentlich, dass du uns nicht haben willst.“
Darauf herrschte Schweigen, nur das Klappern der Läden und das Knacken des Kaminfeuers waren zu hören.
„Trotzdem“, sagte Leo schließlich, „wirst du in Amarnes bleiben, bis wir wissen, ob du schwanger bist. Und falls du mein Kind empfangen hast …“
Phoebe hielt den Atem an, und ihr Herz klopfte wie wild.
„… werden wir heiraten“, schloss Leo sehr nüchtern. Keine Spur mehr von Romantik oder Hingabe in seiner Stimme. Kein Getue mehr, nur noch harte Fakten.
„Ich eigne mich wohl kaum als Fürstin. Das galt bereits für Anders, und ich habe mich seitdem nicht geändert.“
Leo neigte den Kopf und betrachtete sie eingehend. „Das ist meine Entscheidung.“
„Wie bitte? Ich dachte, ich hätte da auch ein Wörtchen mitzureden.“
„Nicht, wenn du mein Kind bekommst.“
Es ging ihm nur um das Kind. Den Erben. Mit ihr hatte es gar nichts zu tun. Es war nie um sie gegangen. Hatte Leo sie nur heiraten wollen, um einen gewissen Einfluss auf Christian, den zukünftigen Fürsten, zu gewinnen? Hatte er nur seine eigenen Interessen schützen wollen und gar nicht ihre?
„Ich möchte jetzt ins Bett“, erklärte sie mit bebender Stimme. Als ihr Blick auf den Tisch fiel, auf dem sie sich gerade geliebt hatten, versetzte ihr das einen Stich.
„Wie du willst. Wir unterhalten uns morgen weiter.“
Zu erschöpft, um ihm zu widersprechen, nickte Phoebe. Sie wollte den Raum unbedingt verlassen, der ihr inzwischen vorkam wie ein Gefängnis. Auch ihren eigenen Gedanken wollte sie entfliehen, ein paar Stunden nichts denken, nichts fühlen, nur schlafen. „Gute Nacht“, flüsterte sie, doch dann blieb sie wie angewurzelt stehen. Das lag an Leos Blick, er wirkte betrübt, und schließlich sah er weg.
„Gute Nacht, Phoebe.“
Zurück in ihrer Suite, konnte sie nicht schlafen. Hatte sie Leo zu streng beurteilt? Hatte er sie vielleicht doch nicht manipuliert und absichtlich getäuscht? Vielleicht hatte er tatsächlich ihr Wohlergehen im Auge gehabt … auch wenn das keine Rolle mehr spielte. Es gab keinen Grund mehr für sie, eine wie auch immer geartete Beziehung zu führen.
Es sei denn, sie war tatsächlich schwanger.
Das wäre wirklich ein Grund, Leo zu heiraten. Auch wenn er sie manipuliert hatte, auch wenn er sich nur dafür interessierte, selbst Fürst zu werden. Trotzdem wünschte sie sich mit aller Kraft, dass er wieder so sein möge wie in den letzten Tagen. Sie wünschte sich so sehr, dass das sein wahres Ich war. Dann kam ihr noch ein Gedanke, völlig ungebeten: Ich will, dass er mich liebt … so wie ich ihn liebe.
„Der Fürst schläft.“
Leo sah Nicholas’ ungerührt aussehenden Bediensteten an und zuckte mit den Schultern. „Auch gut, dann spreche ich morgen früh mit ihm.“
Seine Neuigkeit über Christians Herkunft konnte warten. Einerseits hätte er gern sofort vor dem Fürsten triumphiert, doch das war ein kindischer Impuls, und Leo unterdrückte ihn. Die Information besaß Zündstoff. Vielleicht sollte er sie nicht so schnell preisgeben.
Eigentlich sollte dieser Triumph ihn begeistern. Er hatte den über Jahre geführten Kampf um die Nachfolge gewonnen. Vorbei waren die Demütigungen und Seitenhiebe. Jetzt konnte Nicholas ihn nicht mehr übergehen und ignorieren. Er wäre der nächste Fürst.
Warum fühlte er sich dann so leer? Warum war er so enttäuscht?
Weil ihm die letzten Tage mit Phoebe und Christian gefallen hatten. Er hatte sogar begonnen, sich für sie verantwortlich zu fühlen … für seine kleine Familie.
Und wenn er und Phoebe allein waren … Leo schloss die Augen, und ihm wurde ganz warm ums Herz, wenn er daran dachte, wie sie sich angefühlt hatte, mit ihrer zarten Haut und den wilden Locken, wenn er an den Ausdruck in ihren Augen mit dem unendlichen Verlangen dachte, während er ihren Blick gehalten und mit ihr geschlafen hatte.
Das wollte er
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