Julia Extra Band 0316
Leo, das stimmt nicht!“
„Und ich kann dir nicht einmal einen Vorwurf machen“, fuhr Leo unbeirrt fort. „Ich habe dich nicht gebeten zu bleiben – dich nicht auf Knien darum angefleht –, weil du in New York viel besser aufgehoben bist.“
„Wie bitte?“ Selbst als die aufkommende Hoffnung ihren Herzschlag rasen ließ, glaubte Phoebe noch nicht, was sie da hörte. „Aber warum?“
„Weil ich dich nicht verdiene, Phoebe.“ Er machte eine umfassende Armbewegung und deutete auf sein Büro, meinte damit aber auch den Palast und vermutlich das ganze Fürstentum. „Ich verdiene das alles nicht.“
In seiner Stimme hörte Phoebe Schuldgefühle. Gefühle, deren Grundstein schon ganz früh gelegt worden war, weil man ihm am Hof ständig vermittelt hatte, dass er unerwünscht und überflüssig war.
„Man muss es sich nicht verdienen, geliebt zu werden, Leo! Liebe ist einfach da. Und ich liebe dich!“
„Du kennst mich doch überhaupt nicht“, warf er leise ein. „Du weißt nicht, was für ein Mensch ich bin und wozu ich fähig wäre.“
Dasselbe hatte Phoebe auch einmal gedacht, damals, als Leo sie einschüchtern sollte. Als sie noch nicht gewusst hatte, was für ein Mensch er war … Aber inzwischen wusste sie es. Sie hatte in seinen Armen gelegen, hatte gesehen, wie er Christian anlächelte und es bei vielen anderen Gelegenheiten bemerkt. Schöne Erinnerungen, die sie für immer in ihrem Herzen bewahren würde.
„Ich glaube, dass ich dich in den vergangenen zwei Wochen ganz gut kennengelernt habe“, sagte sie vorsichtig.
„Was sind denn zwei Wochen? Und wenn du mich so gut zu kennen glaubst, warum hast du mir dann vorgeworfen, dass ihr mir nicht wichtig seid und ich euch nur benutzen wollte?“
„Weil ich wütend war und dich dazu bringen wollte, etwas zu sagen – mir zu widersprechen.“
„Natürlich widerspreche ich dir“, entgegnete Leo hitzig. „Ich wollte dich heiraten, um dich zu beschützen, Phoebe, und zwar vor Nicholas’ Machenschaften und denen seiner Günstlinge. Selbst nach Nicholas’ Tod wäre Christian ohne Beschützer sehr angreifbar. Es ist nicht leicht, am Hof Junge und allein zu sein“, fügte er mit bittersüßem Lächeln hinzu.
„Ja“, flüsterte Phoebe betroffen, „das glaube ich auch.“
„Aber ich wollte Christian weder kontrollieren noch manipulieren, das schwöre ich. Ich weiß, dass du denkst, dass ich dich dazu bringen wollte, mich zu heiraten. Und das stimmt in gewisser Weise auch. Ich war nett zu dir, weil ich ein bestimmtes Ziel verfolgt habe, aber auch, weil ich dich tatsächlich heiraten wollte. Ich wollte mit dir zusammen sein.“ Er hielt kurz inne. „Ich wollte sogar unser Kind.“
„Ich auch“, sagte Phoebe traurig lächelnd, und Leo erwiderte ihren Blick.
„Wenn nur nicht …“
Warum klingt er so bedauernd, überlegte Phoebe, so endgültig? Als ob sie selbst jetzt noch nicht zusammen sein konnten. „Leo …“, begann sie.
„Da gibt es noch etwas …“ Er schüttelte den Kopf.
„Was denn noch?“, rief Phoebe. „Weshalb fühlst du dich so schuldig?“ Da er die Lippen zusammenpresste und schwieg, fuhr sie zögerlich fort: „Geht es um deinen früheren Lebenswandel … mit all den Frauen und den Partys?“
Aber Leo antwortete nicht.
„Ich meine, das ist doch schon so lange her!“
Er lachte bitter. „Glaubst du wirklich, hier geht es um ein paar Partys oder Frauen? Ich quäle mich doch nicht, weil ich mal ein bisschen über die Stränge geschlagen habe!“
„Worum geht es dann, Leo?“
„Willst du wirklich die Wahrheit hören? Willst du wissen, was für ein Mensch ich bin? Aber ich warne dich, Phoebe! Danach wirst du dir nicht mehr einbilden, dass du mich liebst und wir mehr hätten haben können als eine Zweckehe und guten Sex!“
Betroffen sah Phoebe ihn an, doch er fuhr fort. „Ich habe Anders gehasst, von Anfang an. Es war nicht nur ein bisschen Eifersucht oder eine Art Geschwisterrivalität. O nein! Es war viel mehr, viel schlimmer. Ich hasste ihn für all das, was ich für ihn tun musste und was eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre. Ich hasste ihn für das, was er hatte … und einfach weggeworfen hat. Sogar dich. Ganz besonders dich.“
„Leo, ich –“
„Ich habe ihn so sehr verabscheut, dass ich froh war, als er abdankte. Ich wollte, dass er verschwindet. Ich habe mich ja auch nicht besonders bemüht, ihn zum Bleiben zu bewegen, nicht wahr? Weißt du noch? Es gibt mehr als nur eine Möglichkeit,
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