Julia Extra Band 0326
schwer erholt hatte. Auch Emily war Steves Verhalten ein Rätsel gewesen. Sie hatte ihn von Anfang an gemocht und für ehrlich und zuverlässig gehalten. Wie hatte er sich von einem auf den anderen Tag so ändern und Coral ohne plausiblen Grund im Stich lassen können?
Sie zuckte die Schultern, denn ihr war es mit Marcus schließlich nicht anders ergangen. Menschen änderten sich eben, und Männer ganz besonders, deshalb war ihnen gegenüber stets ein gewisses Maß an Misstrauen angebracht.
Emily bezähmte ihre Neugier und rief Coral nicht noch einmal an, sondern wartete, bis sie abends nach Hause kam.
„Und, was ist mit Steve?“, erkundigte sie sich jedoch gleich beim Betreten der Wohnung.
„Er hat mich um Verzeihung gebeten und gefragt, ob ich es noch einmal mit ihm probieren würde.“
„Einfach so?“ Emily schüttelte den Kopf. Soweit sie wusste, hatten Coral und Steve nach der Trennung keinerlei Kontakt mehr gehabt. „Was hast du geantwortet?“
„Erst wollte ich um Bedenkzeit bitten, brachte es aber nicht übers Herz. Ich hatte nur den einen Wunsch, Steve in den Arm zu nehmen und ihm zu versichern, alles solle wieder werden wie früher.“ Sie seufzte. „In Wirklichkeit habe ich ihn immer geliebt. Und er hat seine Reue so oft beteuert, dass ich ihm schließlich regelrecht befehlen musste, endlich damit aufzuhören.“
„Grund zur Reue hat er in der Tat, schließlich war er es, der Schluss gemacht hat“, bemerkte Emily.
„Stimmt, wenn man nur die Fakten sieht.“ Coral zögerte. „Aber das ist nicht die ganze Wahrheit, denn auch ich war daran beteiligt, wie sich die Dinge entwickelt haben. Ich war nachlässig geworden und sah alles, was Steve für mich tat, als Selbstverständlichkeit an. Ich habe es mir einfach zu bequem gemacht.“ Sie stand auf, ging zum Fenster und blickte hinaus.
„Letztes Jahr wollte sich Steve unbedingt mit mir verloben, um unsere Beziehung verbindlich zu machen.“
„Und du hast abgelehnt?“ Emily traute ihren Ohren nicht. „Ich dachte, du liebst ihn.“
„Das tue ich auch. Aber … aber es war genau die Zeit, als Marcus … als ihr euch getrennt habt.“ Coral drehte sich um und sah Emily an.
„Sollte ich dir stolz meinen Verlobungsring unter die Nase halten? Ich sagte Steve also, ich wolle noch etwas warten – und unsere Beziehung lief in gewohnten Bahnen weiter.“
Emily war erschüttert. Daran, was für Auswirkungen ihre Probleme auf ihre Freundin gehabt haben könnten, hatte sie keinen Gedanken verschwendet. „Das hättest du nicht tun sollen, Coral“, antwortete sie langsam. „Auch nicht, wenn ich deine beste Freundin bin. Vielleicht hast du dir mit diesem Fehler das ganze Leben kaputt gemacht.“
Lachend schüttelte Coral den Kopf. „Nein, ganz bestimmt nicht. Wenn es auch ein Fehler gewesen sein mag, so hat er doch unsere Liebe neu belebt. Steve und ich haben heute im Café gesessen, Händchen gehalten und uns angehimmelt wie zwei verliebte Teenager. Er ist der Mann meines Lebens, das weiß ich jetzt besser als je zuvor, und das habe ich ihm auch gesagt.“
Emily umarmte Coral liebevoll. „Du hast ihm vergeben, und das freut mich.“
„Wir haben uns gegenseitig verziehen und wollen einen neuen Anfang machen“, antwortete Coral schlicht. „Wir haben jedoch beschlossen, nichts zu überstürzen und es ruhig angehen zu lassen.“ Sie zwinkerte Emily zu. „Jedenfalls für die nächsten Tage.“
Zwei Wochen später kehrte Giovanni, getrieben von Sehnsucht nach Emily, nach England zurück. Es war Montagvormittag und Emily musste im Büro sein – wenn sie sich nicht auf Dienstreise befand. Er tippte ihre Handynummer ein und hielt den Atem an.
„Giovanni!“ Sie meldete sich sofort und schien ehrlich erfreut. „Du bist in London?“
„Ja, es gibt eben immer wieder Dinge, die sich nur vor Ort regeln lassen.“
In den vergangenen vierzehn Tagen hatte er Emily öfter angerufen, um ihr von Rupert zu berichten oder von sich zu erzählen. Doch stets hatte sie ihn kurz abgefertigt, weil sie angeblich gerade duschen wollte, einkaufen musste oder etwas ähnlich Wichtiges anstand. Emily spielte Katz und Maus mit ihm, das wusste Giovanni, aber das schreckte ihn nicht ab. Ganz im Gegenteil, er verdoppelte seine Bemühungen um sie, denn er war überzeugt, dass sie füreinander geschaffen waren.
Sie war die Liebe seines Lebens, das sagten ihm sein Herz und sein Verstand, und das würde für immer und ewig so bleiben. Doch davon musste er diese
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