Julia Extra Band 0326
widerspenstige Frau noch überzeugen.
„Wenn du so eingespannt bist, musst du bestimmt bis spät abends arbeiten“, bemerkte Emily erleichtert.
„Da irrst du dich gewaltig, für eine schöne Frau finde ich immer Zeit. Wie wäre es mit heute Abend?“
Emily biss sich auf die Lippe. Sie hatte sich so bemüht, ihre Gefühle für Giovanni zu ersticken. Sie hatte Überstunden im Büro geleistet, mit Coral zusammen großen Hausputz gemacht und sogar ein neues Bild angefangen. Letzteres jedoch war eher ein Fehler gewesen. Das Malen brachte sie stets in Kontakt mit ihren geheimsten Gefühlen, und während sie den Pinsel behutsam über das Papier gleiten ließ, durchlebte sie die Szene auf dem Boot stets von Neuem.
Die Erinnerung an das flammende Begehren, mit dem Giovanni sie umarmt und geküsst hatte, ließ sie einfach nicht los, ganz im Gegenteil, ihre Sehnsucht nach Giovanni wurde immer stärker. Obwohl sie an seiner Treue zweifelte, träumte sie von weiteren Zärtlichkeiten und einer Beziehung, die weit über das hinausging, was sie bisher miteinander geteilt hatten.
Giovanni war nicht der erste Mann, der sie geküsst hatte, aber der erste, der einen solchen Sturm der Gefühle in ihr auslöste. Wo sollte das nur enden? Es wäre vernünftiger, die Beziehung zu beenden, solange sie noch in der Lage dazu war und bevor sie völlig die Kontrolle über sich verlor.
„Es tut mir leid.“ Sie klang fest entschlossen. „Ich bin schon verabredet, ich muss Coral bei etwas helfen.“
Giovanni schwieg. „Schade“, meinte er schließlich hörbar enttäuscht. „Dann eben morgen oder übermorgen, du wirst ja nicht jeden Abend ausgebucht sein.“
„Nein, Mittwoch würde mir passen.“ Emily bemühte sich, trotz der Abfuhr, die sie ihm erteilt hatte, freundlich zu bleiben. Giovanni hatte es wirklich nicht verdient, unhöflich behandelt zu werden – doch wie konnte sie ihm auf höfliche Weise signalisieren, dass sie ihn für unzuverlässig hielt, dass sie ihm nicht traute? Sie war einfach nicht bereit, ihn mit jeder hübschen Frau, die zufällig seinen Weg kreuzte, zu teilen.
Sie musste an das verführerische Spitzennegligé in seinem Badezimmer denken, und ihr Ton wurde wieder härter. „Sagen wir, um halb sieben vor meinem Büro.“
„In Ordnung, ich werde dir dann ausführlich berichten, wie ich meine Mutter an ihrem Geburtstag überraschen möchte.“
Emily ließ ihr Handy zuschnappen und stürzte sich mit Feuereifer in die Arbeit. Keinesfalls würde sie Giovanni zu der Geburtstagsparty begleiten. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
An dem Samstag drei Wochen darauf fuhr Giovanni im Schein der Abendsonne die gewundene Straße zu einem Hügel hinauf. Hinter der letzten Kurve öffnete sich die Sicht auf eine prächtige Villa, von einem parkähnlichen Garten umgeben.
Emily hielt den Atem an. Sie hatte sich von dem Familiensitz der Bosellis keine genauen Vorstellungen gemacht, aber mit einem derartig imposanten Anwesen hätte sie im Traum nicht gerechnet. Das Gebäude war aus hellem Sandstein und lag mit seinen gepflegten Anlagen ganz allein zwischen ausgedehnten Olivenhainen.
„Ist das wirklich euer sogenanntes Landhaus oder eine Sehenswürdigkeit, die du mir zeigen möchtest?“, fragte sie, als Giovanni den Wagen vor einem breiten, von Säulen flankierten Treppenaufgang parkte.
Er runzelte die Stirn. „Es gehört den Bosellis“, antwortete er dann vorsichtig.
Emily schüttelte den Kopf. „Ich verstehe nicht, wie man irgendwo anders leben kann, wenn man ein solches Haus besitzt.“
Er lächelte geheimnisvoll. „Lass uns aussteigen, wir werden erwartet. Du bist bestimmt müde von der Reise und möchtest etwas essen.“
Seite an Seite gingen sie die Stufen hinauf. In der Eingangshalle musste Emily sich beherrschen, nicht einfach staunend stehen zu bleiben. Der kunstvolle Mosaikfußboden und die gewölbte Decke verschlugen ihr den Atem. Wer eine solches Juwel besaß, musste zu den Reichsten der Reichen gehören. Giovanni hatte nie durchblicken lassen, zu diesem Kreis zu gehören.
Ein junges, adrett gekleidetes Mädchen kam ihnen entgegen. „Hallo, Rosa“, begrüßte er sie. „Dies ist Emily. Würden Sie ihr bitte das Zimmer zeigen?“ Er reichte ihr Emilys Handgepäck.
Immer noch ganz benommen, folgte Emily der Angestellten über die Freitreppe hinauf auf die Galerie, einen langen Gang entlang in ihr Zimmer. Erst als sie allein war, erwachte sie aus ihrer Trance. Sie durchquerte
Weitere Kostenlose Bücher