Julia Extra Band 0326
viel Zeit seit ihrer Begegnung mit ihm vergangen war.
Sie hatte auch gar nicht schlafen, sondern nur für eine Weile allein sein wollen, um die Ereignisse zu verarbeiten, die ihr Leben innerhalb weniger Minuten völlig auf den Kopf gestellt hatten. Dass Zarek sie so rüde zurückgewiesen und aus dem Raum geschickt hatte, hatte sie sehr mitgenommen. Seufzend war sie aufs Bett gesunken und hatte sich dann hingelegt und die Lider geschlossen, um zu überlegen …
Die Bilder, die dann vor ihrem geistigen Auge aufgetaucht waren, hatten allerdings jeden klaren Gedanken unmöglich gemacht. Immer wieder hatte sie Zarek vor sich gesehen, den Mann, den sie geliebt und stolz ihren Ehemann genannt hatte, bevor ihr klar geworden war, dass sie nie die Frau seines Herzens gewesen war. Sie hatte sich an ihren Hochzeitstag vor knapp drei Jahren erinnert. Überwältigend attraktiv hatte ihr Zarek vom Altar aus entgegengeblickt, während sie feierlich auf ihn zugeschritten war.
Sie hatte in diesem Moment nicht fassen können, dass dieser mächtige Mann sie, die kleine Sekretärin in der Im- und Exportfirma, die so oft mit seiner Reederei zusammenarbeitete, nun hier stand, um sie zu heiraten.
In jener Nacht hatte ihr Zarek seine sinnliche und leidenschaftliche Seite gezeigt. Und das mit einer Intensität, die ihr den Atem nahm. Sie hatte sich ihm bedingungslos hingegeben, weil sie glaubte, er würde sie lieben. Erst später, als ihr die Wahrheit bewusst wurde, hatte sie sich nach und nach von ihm zurückgezogen.
Nun, da sie jene Tage Revue passieren ließ, spürte Penny, wie sie weiche Knie bekam, und sie musste sich am Treppengeländer festhalten. Sie war mit den Erinnerungen an ihre Hochzeitsnacht eingeschlafen, und deshalb waren ihre Träume von den wildesten, erotischsten Fantasien erfüllt gewesen. Unruhig hatte sie sich hin und her gewälzt, erfüllt von einer brennenden Sehnsucht.
So hatte sie, seit Zarek zur Testfahrt mit seiner Jacht Troja aufgebrochen war, nicht mehr empfunden. Im Zorn hatte er sie verlassen, um ihr Zeit zum Luftholen und Nachdenken zu geben, wie er sagte. Und als man ihn später für vermisst erklärte, hatte sie geglaubt, er würde nie wieder zurückkehren. Die ungestillte körperliche Sehnsucht, waren im vergangenen Jahr langsam abgeklungen. Aber es schien, als bräuchte Zarek jetzt nur den Raum zu betreten, um Begierde in ihr zu wecken, die lichterloh aufflammte, sobald sie ihn berührte.
Er hingegen hatte offenbar nicht so empfunden.
„Nein“ , hatte er gesagt. Nur ein einziges Wort. Die Ablehnung, die aus seinem Tonfall und dem eisigen Ausdruck in seinen Augen sprach, hatten bewiesen, dass er sie nicht wollte.
Penny fragte sich, ob alles anders gekommen wäre, wenn man ihn damals nicht gekidnappt hätte und er wie geplant drei Tage später zurückgekehrt wäre. Prompt lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Zarek hatte sie geheiratet, weil er ein Kind wollte, weil er einen Erben brauchte, damit die Odysseus Reederei im Besitz seiner Familie blieb und nicht an seine Stiefmutter und deren Söhne fiel.
Auch im Erdgeschoss war es dunkel und ganz still, als hätten alle die Villa verlassen. Aber wohin hätten sie gehen sollen?
Und wo war Zarek? War er womöglich gleich nach seinem unerwarteten Auftauchen wieder verschwunden? Ihr Herz krampfte sich zusammen bei der Vorstellung, dass er vielleicht nie wieder zurückkommen würde. So würde ihr lediglich das Wissen bleiben, dass er noch lebte und nach wie vor mit ihr verheiratet war, wenn auch nur auf dem Papier.
„Zarek?“ Ihre Stimme bebte. „Ist da jemand?“
5. KAPITEL
Lautes Bellen ließ Penny zusammenzucken. Argus hatte plötzlich den Kopf gehoben und hielt seine schmale Schnauze witternd in Richtung des Wintergartens. Irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Dann sprang er mit freudigem Schwanzwedeln los.
„Argus!“, hörte sie Zarek aus einiger Entfernung überglücklich rufen. Penny straffte ihre Schultern und folgte langsam dem großen Tier.
Im Wintergarten fiel das Mondlicht durch die geöffneten Verandatüren. Von hier aus konnte man auf die schaumgekrönten Wellen blicken, die sich an den Felsen brachen. Zarek saß in einem bequemen Rattanstuhl vor der Schwelle, und sein Gesicht lag im Schatten.
„Argus!“, sagte er wieder, während er sich mit einer Hand auf den Schenkel klopfte. Nachdem der Hund zu ihm gekommen war, kraulte Zarek seinen schwarz-weißen Kopf und Rücken mit beiden Händen und flüsterte ihm
Weitere Kostenlose Bücher