Julia Extra Band 0330
wieder!
Sein Verstand schaltete sich ein und damit auch seine unnachahmliche Selbstdisziplin. Er würde die Kontrolle behalten und keinen persönlichen Rückschritt zulassen. Seine Finger schlossen sich fester um das Glas in seiner Hand. Wenn es Nikos nicht gelingen sollte, seine Gefühle im Griff zu behalten, war er verloren!
Seufzend nahm er noch einen Schluck und fühlte sich plötzlich entsetzlich müde. Andererseits hatte er kein gutes Gefühl dabei, sich ins Bett zu legen. Über Erinnerungen hatte man immerhin noch Gewalt, aber bei Träumen sah das schon anders aus.
Nikos stieß sich vom Fensterrahmen ab und tigerte rastlos durch das Zimmer. Wie kam Julie Granton nur dazu, für einen Escortservice zu arbeiten? Was war in der Zwischenzeit mit ihr geschehen? Er nahm einen weiteren Schluck Whiskey und dachte an ihren Gesichtsausdruck, als sie ihm ihre Antwort hasserfüllt entgegenschleuderte.
„Ich brauche das verfluchte Geld!“
Der giftige Unterton war ihm durch Mark und Bein gegangen. Nikos zog die Augenbrauen zusammen. Warum war Julie so hinter dem Geld her?
Die Firma ihres Vaters war pleite, das wusste Nikos. Das war schon in dem Augenblick klar gewesen, als er Kazandros Corp aus den Verhandlungen ausgeschaltet hatte und nach Athen zurückgekehrt war, um dort zu berichten, dass die Risiken zu groß waren.
Nikos hatte rechtzeitig einen Rückzieher gemacht und somit seine Firma vor Verlusten bewahrt, aber Edward Granton war das leider nicht gelungen. Am Ende war der alte Mann untergegangen, doch Nikos war inzwischen egal gewesen, was aus Granton oder seiner Tochter wurde.
Aber jetzt interessierte ihn doch, was genau passiert war. Vermutlich musste Granton nicht nur extreme Sparmaßnahmen ansetzen, sondern auch sein Image retten, indem er in den Vorruhestand ging oder etwas in der Art. Schließlich war er ein guter Finanzier, einmal abgesehen von der Firmenpleite, die letztendlich durch eine Fehlinvestition und die Verkettung einiger unglücklicher Umstände verursacht worden war. Ganz sicher hatte der Alte genügend private Rücklagen, mit denen er nicht für die Firmenkredite haften musste. Damit ließ sich leben, wenn auch nicht gerade ausschweifend.
Vielleicht hatte Julie, die zeit ihres Lebens von ihrem hingebungsvollen Vater verwöhnt worden war, nicht zurückstecken wollen. Möglicherweise gab sie Geld aus, das sie nicht hatten, und musste nun ihrerseits Schulden abzahlen.
Und selbst wenn sie geglaubt hatte, es würde ausreichen, einem Geschäftsmann durch ihre bloße Anwesenheit den Abend versüßen zu können – es war einfach himmelschreiend naiv. Und spätestens heute hatte Julie hoffentlich gelernt, dass man Geld nirgendwo einfach hinterhergeworfen bekam. Es hätte keine fünf Minuten dauern dürfen, um zu merken, dass ein Kerl wie Cosmo Dimistris es ausschließlich auf schnellen Sex abgesehen hatte. Alles andere war für ihn lediglich ein Appetitanreger. Besaß Julie denn überhaupt keine funktionierenden Instinkte?
Von Nikos hatte sie damals nur eines gewollt, ganz genau wie heute: Geld, Geld und nochmals Geld.
Mit einem Zug leerte er sein Glas und stellte es mit einem lauten Knall auf dem Tisch ab. Er hatte genug von der Grübelei über Julie Granton. Sie hatte keine Macht mehr über ihn, das durfte er nicht vergessen!
Mit diesem Vorsatz drehte er sich um und machte sich auf den Weg in sein Schlafzimmer.
4. KAPITEL
Julie nahm eine Tablette gegen ihre Kopfschmerzen, dabei hätte sie lieber ein Mittel gehabt, um ihre Erinnerungen auszulöschen. Wie hatte das alles in der letzten Nacht nur geschehen können?
Glaubte Nikos tatsächlich, sie hätte diesen zwielichtigen Job unbedingt gewollt? Julie hatte sich regelrecht dazu zwingen müssen: zu dem ordinären Kleid, der ganzen übertriebenen Aufmachung, dem falschen Lächeln und den sinnleeren Gesprächen mit einem Mann, der ihr schon durch seine bloße Anwesenheit das Gefühl gegeben hatte, schmutzig zu sein.
Dabei hatte das Leben ihr schon genug zugesetzt. Traurig sah sie sich in dem schäbigen Zimmer um, das sie bewohnte. Es war die einzige Unterkunft, die Julie sich leisten konnte, obwohl …
In der obersten Schublade ihrer Kommode lag der vorerst letzte Brief ihres Vermieters: Es tut uns leid, Sie darüber informieren zu müssen, dass wir mit Ihrem unverzüglichen Auszug zum Ende des Monats rechnen, falls Sie die fällige Miete nicht in einer Summe im Voraus entrichten.
Ich muss einfach das Geld zusammenbekommen, nahm Julie
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