Julia Extra Band 0332
sechsunddreißig zum engelsgleichen Gesang des Chores durch die mit Rosen üppig geschmückte Kirche, zugleich bewundert und beneidet von ihren Klassenkameradinnen in den Kirchenbänken …
Nein, das alles wäre unter den gegebenen Umständen nicht das Richtige!
„Du hast recht, ich will nur eine ganz schlichte Zeremonie“, bestätigte sie.
„Wir brauchen natürlich zwei Trauzeugen. Ich würde Robbie vorschlagen … und Freddie Jennings vielleicht?“
„Eine gute Idee!“
„Ich bin heute voller guter Ideen“, erwiderte Adam selbstzufrieden. „Jetzt müssen wir mit unseren Geburtsurkunden aufs Standesamt und dort einige Papiere unterzeichnen.“
„Jetzt sofort? Ich kann Nancie nicht allein lassen, und Robbie ist mit dem Essen beschäftigt.“
„Dann müssen wir Nancie mitnehmen“, stellte er ungerührt fest.
„Na ja, wenn du meinst.“ Sie versuchte, sich vorzustellen, wie sie den Kinderwagen mit der Kleinen durch die Stadt schob, an Adams Seite, und viele sich fragen würden, ob es sein Kind war.
Nachdem sie die Formalitäten auf dem Standesamt erledigt hatten, gingen Adam und May mitsamt Nancie in ein Café in der Innenstadt, wo er Sandwichs und Tee bestellte.
„Du hast heute Morgen einen ziemlichen Schock erlitten“, sagte er zu May. „Heißer Tee mit Zucker ist ein altbewährtes Mittel dagegen.“
„Ja. Irgendwie wird mir jetzt erst allmählich bewusst, dass ich nicht nur träume.“
„Es war schlimm, dir das anzutun“, bemerkte Adam mitfühlend.
„Anzutun? Ach, du meinst das Testament! Grandpa hätte es bestimmt noch geändert, nur war ja nach dem Schlaganfall sein Gedächtnis schwer beeinträchtigt.“
Er hatte unter dem Schock tatsächlich das Testament verstanden, sie aber offensichtlich die bevorstehende Heirat.
Falls May sich schon auf eine Beziehung mit dem kunstbegeisterten, wohlerzogenen Jeremy gefreut hat, ist es ja tatsächlich ein Schock, nun mit mir vorliebnehmen zu müssen, dachte Adam ironisch.
„Hast du dich für eins der Etiketten entschieden?“, erkundigte er sich freundlich, nachdem die Kellnerin die Sandwichs und den Tee serviert hatte.
„Nein, ich habe deinen Rat befolgt und Jeremy das Aquarell gegeben. Er scannt es in seinen Computer und schaut mal, was er damit anfangen kann.“
War Jeremy etwa in ihrem Schlafzimmer gewesen? Die Vorstellung, wie der Kunstlehrer sich dort womöglich erotischen Fantasien hingab, gefiel ihm überhaupt nicht!
„Ich hatte dir geraten, dich an einen Profi zu wenden“, sagte Adam ziemlich scharf.
„Weißt du, wie viel – oder eher wie wenig – Honig ich produziere? Einen Profi kann ich mir nicht leisten. Jeremy macht es umsonst. Aus Gefälligkeit.“
„Er gibt sich ja viel Mühe, sich mit dir als Schulrätin gutzustellen.“ Er schenkte ihr eine Tasse Tee ein und gab drei Löffel Zucker dazu. „Will er befördert werden?“
„Nicht dass ich wüsste.“ Sie trank einen Schluck Tee und verzog das Gesicht.
„Ist er dir nicht süß genug?“, erkundigte Adam sich gespielt besorgt.
„Du bist ja so witzig!“ Wie erhofft, lächelte sie, wenn auch ein bisschen schief.
In dem Moment läutete sein Handy. Er ignorierte es. Zu erfahren, welche Beziehung Jeremy zu May hatte – und umgekehrt –, war ihm wichtiger.
Sie blickte hoch. „Willst du nicht abheben? Es könnte Saffy sein.“
Adam meldete sich so schroff, dass Saffy bestimmt sofort aufgelegt hätte, wenn sie die Anruferin gewesen wäre. Er hörte einen Moment zu.
„Fünfzehn Minuten“, sagte er schließlich und fügte, zu May gewandt hinzu: „Mein Büro. Tut mir leid, ich kann dich nicht zum Einkaufen begleiten. Mach mir eine Liste von allem, was gebraucht wird, und ich erledige das.“
„Du meinst, du lässt es erledigen“, verbesserte sie ihn ironisch. „Von deinem Assistenten.“
„Jake muss ohnehin Bescheid wissen, falls Saffy auftaucht, während ich verreist bin. Ich gebe dir seine Nummer, damit du dich in einem Notfall an ihn wenden kannst. Außerdem wird er dir eine Kreditkarte besorgen.“
„Ich brauche kein Geld von dir, Adam!“
„Du nicht, aber Babys sind angeblich teuer, und wieso solltest du für meine Nichte aufkommen? Mit einer Kreditkarte kannst du alles besorgen, was sie braucht.“
„Sie braucht vor allem Zuneigung“, erwiderte May ziemlich schroff.
„Wenn du ihr nur halb so viel gibst wie deinen tierischen Schützlingen, ist sie bei dir in den allerbesten Händen“, entgegnete er freundlich. „Es geht aber nicht nur um
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