Julia Extra Band 348
auf allen Vieren über die nächtlichen Straßen Roms kriecht.“
Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief Anna ein.
8. KAPITEL
Die Realität meldete sich mit grauem Morgenlicht und dem leisen Tröpfeln von Regen zurück.
Und dem Gewicht eines muskulösen Männerarms auf Annas Hüfte.
Desorientiert schloss sie die Augen wieder … und erinnerte sich an alles.
Draco. Die aufflammende Erregung, ihn vor der Tür stehen zu sehen. Die Erkenntnis, dass sie ihn die ganze Zeit über gewollt hatte, und dass die Hälfte ihrer Wut auf ihn eigentlich ihr selbst galt, weil sie tatsächlich einen Mann wie ihn begehrte.
Die Nacht mit ihm war … Welche Beschreibung reichte da aus? Unglaublich. Fantastisch. Elektrifiziert mit einer so gewaltigen Leidenschaft, dass ihr Verstand sich komplett verflüchtigt hatte. Denn wie sonst ließ es sich erklären, dass er noch immer in ihrem Bett lag?
Das war die erste Überraschung. Hinzu kam eine zweite: Warum war er geblieben? So viel Anna wusste, zogen Männer es vor, irgendwann in der Nacht zu gehen. Einfach, weil sie keine Lust auf die banalen Morgenerledigungen hatten. Die verlangten nämlich viel kompliziertere Schritte als der Tanz, der nur Stunden vorher im Bett vollführt worden war.
Mit gezwungener Höflichkeit musste abgesprochen werden, wer zuerst das Bad benutzte. Dann waren da die ungepflegten Bartstoppeln des Mannes, die vom Schlaf wüste Frisur der Frau …
Ihre Haare waren jetzt auf jeden Fall wüst, das wusste sie. Jede Form hatte sich verabschiedet, zurückgeblieben war eine chaotische Lockenmähne. Sie musste grässlich aussehen.
Nein, der „Morgen danach“ raubte dem Ganzen sowohl Sinnlichkeit als auch Romantik. Wobei guter Sex ohnehin nichts mit Romantik zu tun hatte. Da ging es um körperliche Anziehungskraft, um Hormone und Chemie. Wenn das alles stimmte, war eine Frau bereit.
Anna bewegte sich ein wenig. Draco fühlte sich so gut in ihrem Rücken an.
Sie war zweifellos bereit gewesen. Mehr noch: Sie hatte sogar darauf gewartet, auch wenn sie gar nicht gewusst hatte, dass sie wartete.
Himmel, Draco Valenti war aber auch ein appetitlicher Kerl! Und wie sich herausgestellt hatte auch ein fantastischer Liebhaber. Er wusste genau, wann und wo er sie berühren musste, wann er sanft und wann er gierig sein musste, wann er die Führung übernehmen und wann er der Frau die Führung überlassen musste. Außerdem konnte er …
Ihre Lust erwachte mit ihren Gedanken! Lächerlich! Einer der Gründe, weshalb Anna lieber allein aufwachte, war, dass sie nicht auf Sex am Morgen stand. Und für Männer gehörte das scheinbar immer zum „Morgen danach“.
Was hieß das nun alles? Guter Sex war … eben guter Sex, mehr nicht. Und Frauen, die das nicht verstanden, hatten ein Problem. Solche Frauen verliebten sich und wurden früher oder später verletzt.
Das würde Anna nicht passieren.
Erst neulich hatte sie mit Isabella darüber gesprochen. Die Schwestern hatten sich in der Stadt zum Lunch getroffen, weil sie sich länger nicht gesehen hatten. Und beim Salat hatte Izzy gefragt, ob es mit dem Typen, mit dem Anna jetzt seit ein paar Wochen ausging, etwas Ernstes wäre.
Darauf hatte Anna nur die Augen verdreht. Etwas Ernstes? Der Mann war amüsant, intelligent und gut im Bett. Was wollte sie mehr?
„Warum also sollte ich es verderben?“, hatte sie zu Izzy gesagt.
Izzy hatte die Gabel abgelegt und einen ihrer berüchtigten Seufzer ausgestoßen – die Art Seufzer, die wohl die Prinzessinnen im Märchen ausstießen, die auf ihren Märchenprinzen warteten. „Das ist eine so traurige Einstellung, Anna. Wo bleibt da die Liebe?“
„Wo sollte sie denn sein?“ Anna spießte eine Cocktailtomate auf. „Ehrlich, Izzy. Du musst aufhören, ständig diese Frauenzeitschriften mit den Herz-Schmerz-Geschichten zu lesen. Die stopfen dir den Kopf nur mit romantischem Unsinn voll.“
Izzy seufzte noch einmal schwer. „Ehrlich, Anna. Mir ist nicht klar, was du hier beweisen willst.“
„Nichts. Frauen müssen nichts beweisen. Du glaubst doch nicht wirklich, dass es nur den Männern zusteht, realistisch zu sein, oder?“
Ihre Schwester schüttelte betrübt den Kopf, während Anna milde lächelte. Anschließend gingen sie zu anderen Themen über – zu ungefährlichen Themen. Anna erzählte von ihrem neuen Fall. Sie verteidigte eine alleinerziehende Mutter, die wegen Ladendiebstahls vor Gericht stand. Die Frau hatte eine Winterjacke für ihren kleinen Jungen gestohlen, weil
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