Julia Extra Band 362
überbordende Freude lächeln. „Im kommenden Jahr will er unbedingt gewinnen.“
„Sie waren nicht dabei?“
„Nein. Ich musste mich ums Geschäft kümmern.“
Er schwieg dazu. Sicher ist sie in Gedanken die ganze Zeit bei ihrem Sohn gewesen, vermutete er.
„Und noch einmal vielen Dank, dass Sie mir das Auto überlassen haben“, sagte sie mit fester Stimme. „Es macht großen Spaß, damit zu fahren. Übrigens hat mir Ihr Freund Patrick von Ihrer Anweisung erzählt, meinen Wagen eingehend unter die Lupe zu nehmen.“
„Ach, hat er das?“, fragte er, ganz offensichtlich amüsiert.
Sie hatte sich vorgenommen, ihn zurechtzuweisen, er solle sich gefälligst um seine eigenen Sachen kümmern. Aber im Nachhinein wäre es ihr undankbar vorgekommen. „Danke“, wiederholte sie deshalb ein wenig steif und sah sich um. „Es ist herrlich hier draußen.“
Der Garten vor der Terrasse erinnerte Marisa an die Bilder tropischer Gärten in Hochglanzmagazinen. Doch an diesem Abend erschien ihr alles noch prächtiger, noch farbenfreudiger, noch – einfach besser.
Weil Rafe bei ihr war …
„Ist Ihnen kalt?“, erkundigte er sich.
„Keine Spur.“ Das Vordach schützte sie vor der Abendkühle. Der Duft nach frischem Laub und bunten Blumen wehte vorüber, angereichert mit der Salzluft aus dem Meer.
Es gibt Menschen, dachte Marisa, die schwimmen im Glück und merken es gar nicht.
Nein, falsch. Glück war etwas für Lottogewinner. Rafes Glück im Leben mochte aus den Erfolgen seiner Vorgänger resultieren. Doch so richtig durchgestartet war er selbst, und das hatte ihm mehr Triumph als jedem seiner Vorväter beschert. Er hatte sein Glück verdient.
Er war ein vorzüglicher Gastgeber. Während des Essens entspann sich eine interessante Unterhaltung, die sie ihre verzwickte Lage vergessen ließ.
Er war wie Dynamit. Ausgeprägte Männlichkeit traf auf eine beeindruckende Persönlichkeit.
„Schmeckt Ihnen der Wein nicht?“, fragte Rafe schließlich.
„Ausgezeichnet. Aber ich hatte genug, danke“, sagte sie sanft.
Es war nicht der Wein. Ihre Erregung rührte einzig und allein von dem Herzklopfen her, das der Mann verursachte, der ihr gegenübersaß und sie nicht aus den Augen ließ.
Er hatte es sich bequem gemacht und sich zurückgelehnt. Sein Blick war rätselhaft und kühl. Übergangslos sagte er mit tonloser Stimme: „Ich bin in Mariposa gewesen.“
Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie kaum noch das Rauschen der Wellen hörte, die den Strand umspülten. Sie merkte, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich, ihr wurde heiß und kalt. Einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete sie, ohnmächtig zu werden.
Nicht jetzt, dachte sie voller Verzweiflung. Sie holte tief Luft und zwang sich zur Ruhe. „Wie interessant“, brachte sie endlich heraus.
Sie schloss den Mund, um jedes weitere Wort zu ersticken. Nur für den Fall, dass ihre Stimme brechen und sie selbst in tausend Stücke zerfallen sollte.
„Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben?“
Marisa verkrampfte sich. Sie fühlte sich wie auf der Flucht. Als wäre der Teufel selbst hinter ihr her. Sie widerstand dem Drang, aufzustehen und davonzulaufen, und brachte lediglich einen Satz heraus. „Was hätte ich sonst sagen sollen?“
„Sie könnten damit beginnen“, sagte er in einem Ton, als stünde sie vor Gericht, „mir zu erklären, wer genau der Vater Ihres Sohnes ist.“
8. KAPITEL
Mit letzter Kraft sog Marisa Luft in ihre leeren Lungen, während sie verzweifelt nach einer Antwort suchte. Sie klang angespannt, als sie sich schließlich äußerte. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Warum fragen Sie?“
Rafe beäugte sie wie ein Raubtier kurz vor dem entscheidenden Sprung. „In Mariposa habe ich herausgefunden, dass wir beide nach dem Absturz miteinander im Bett lagen. Nackt.“ Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Haben wir uns da geliebt?“
Sie wurde über und über rot. „Nein!“
Zu spät begriff sie, dass sie mit ihrem Leugnen gleichzeitig ihre Identität enthüllt hatte. Die Bemühungen von Jahren waren damit zunichtegemacht. Sie fühlte sich wie gelähmt.
Kein einziger Muskel bewegte sich in Rafes ausdruckslosem Gesicht. Ohne erkennbares Interesse fragte er: „Und weshalb waren wir nackt?“
Wenigstens den Schein musste sie wahren. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen. Zumindest ihre Stimme sollte einen festen Klang haben. „Sie waren nackt – ich nicht. Als wir abgestürzt sind, herrschte Sturm, und es regnete
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