Julia Extra Band 364 (German Edition)
nächsten Tag würde sie nach London fliegen, wo Elenis Ohroperation stattfand, und wenn sie zu der Insel zurückkehrten, würde ihre Mutter sie begleiten. Bee half Eleni beim Trinken, als sie das aufgeregte Wispern um sich herum bemerkte. Neugierig schaute sie auf und sah, wie eine elegante Blondine den Platz überquerte. Sie trug ein schlichtes, eng anliegendes weißes Sommerkleid und hatte diesen wiegenden Gang, den Männer immer unwiderstehlich finden. Zumindest starrte jeder Mann in der Nähe sie bewundernd an.
„Wer ist das?“, fragte sie den Mann neben sich, der ganz plötzlich verstummt war. „Ist sie eine Touristin?“
Die Frau schaute direkt zu ihnen herüber. Sie hatte große braune Augen und ein sinnliches Lächeln auf den vollen Lippen, und sie musterte Bee mit unverhohlener Neugier.
Nectarios grüßte die Blondine mit einem kaum merklichen Nicken. „Das ist Melita Thiarkis.“
Der vertraute Vorname war wie eine Ohrfeige. Dennoch hätte sich Bee noch nichts dabei gedacht, wenn Nectarios nicht gleichzeitig so unangenehm berührt gewirkt hätte.
„Und sie ist … wer ?“, hakte sie nach, auch wenn sie sich dafür hasste.
„Eine Modedesignerin aus Athen, aber sie wurde auf der Insel geboren und besitzt ein Haus hier.“
Bee drehte sich beinahe der Magen um. Sie bemühte sich so sehr, die Übelkeit zu bekämpfen, dass Schweiß auf ihre Stirn trat. Die Blondine musste Sergios’ Geliebte sein. So viel Zufall war schlichtweg nicht möglich. Außerdem bestätigte Nectarios’ Verlegenheit die Vermutung. Bee war schockiert, dass Melita sich auf der Insel aufhielt. Diese Möglichkeit war ihr nie in den Sinn gekommen.
„Darf ich dir einen Rat geben?“, fragte Nectarios, als sie im Wagen saßen und nach Hause zurückfuhren.
Bee warf ihm einen bekümmerten Seitenblick zu. „Natürlich.“
„Übe keinen Druck auf meinen Enkel aus. Gib ihm Zeit, damit er merken kann, was ihr aneinander habt. Seine erste Ehe war sehr unglücklich und hat tiefe Narben hinterlassen.“
Der alte Mann war das Kind einer Generation, in der Männer und Frauen nicht gleichberechtigt waren und von Frauen erwartet wurde, dass sie männliche Untreue stillschweigend akzeptierten. Doch Bee hatte keine solchen Prinzipien, auf die sie zurückgreifen konnte – sie konnte das weder entschuldigen noch damit leben. Genauso wenig konnte sie über ihren Verdacht hinweggehen, dass Sergios mit einer anderen Frau schlief, während er ein Bett mit ihr teilte.
Was für ein böses Erwachen, dachte Bee verzweifelt. Jetzt musste sie sich der Tatsache stellen, dass sie Sergios erlaubt hatte, ihre Ehe nach seinen Bedingungen zu führen und nicht nach ihren. Sie hatten ihren ursprünglichen Deal nie neu verhandelt.
Und sie zahlte nun den Preis dafür, dass sie ihm nicht offen gesagt hatte, dass er nicht sie und seine Geliebte haben konnte. Es sagte doch einiges aus, dass sie sofort vermutete, er würde sich für diese Option entscheiden, wenn er das Gefühl hatte, damit durchzukommen. Bee war völlig klar, wie rücksichtslos Sergios sein konnte. Manchmal brachte er Leute aus reinem Spaß dazu, das zu tun, was er wollte. Sie hatte stillschweigend beobachtet, wie er vorging, und ihr Verhalten entsprechend angepasst. Obwohl sie ihn liebte, sprach sie die Worte nicht aus, und noch weniger klammerte sie sich an ihn. Sie verhätschelte ihn nicht, schmeichelte ihm nicht und tat nichts, was ihre wahren Gefühle preisgeben würde. Sie hatte beschlossen, ihm Zeit zu geben, um mit ihrer neuen Beziehung klarzukommen … so lange er treu war.
Der Gedanke, dass er ihr Vertrauen bereits missbraucht, dass er sich in die Arme einer anderen Frau gestürzt hatte, zerriss sie beinahe. Melita Thiarkis war eine echte Bedrohung. Sie stammte von der Insel, war dort geboren und aufgewachsen. Sergios kannte sie vermutlich bereits seit Ewigkeiten. Noch dazu war sie Modedesignerin – kein Wunder, dass er so viel Wert darauf legte, dass seine Frau entsprechend gestylt war.
Wahrscheinlich gab es eine Verbundenheit zwischen Melita und Sergios, die stärker war, als Bee sich vorstellen wollte. Melita war eher attraktiv als schön, aber genau der heiße, sexy Typ, der Sergios’ potente Männlichkeit ansprach. Außerdem schien die Blondine sich ihres Platzes in seinem Leben sicher zu sein, denn dafür sprach die Art und Weise, wie sie Bee gemustert hatte – ohne eine Spur von Unbehagen oder Sorge. Melita schien sich kein bisschen daran zu stören, dass Sergios vor
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