Julia Extra Band 373
Erfolgreich, glücklich …“
„Es ist gut gelaufen für mich, ja.“ Dass ihr der fragende Tonfall bei dem „glücklich“ aufgefallen war, ließ sie sich nicht anmerken. „Ich habe ein kleines Designstudio in Chicago, das im letzten Jahr richtig abgehoben hat.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das hätte ich nie erwartet. Gestern erst bin ich aus Mailand zurückgekommen, und heute steige ich in den nächsten Flieger nach Los Angeles. Danach muss ich nach Paris zu einem Treffen mit einem neuen Kunden.“
„Bleibt bei dem vollen Terminkalender noch Zeit für Weihnachten?“
Sie lachte auf, aber es klang bitter. „Dieses Jahr gibt es für mich kein Weihnachten. Wahrscheinlich bin ich dann gerade hoch oben in der Luft und feiere mit einem Paket Erdnüsse und einem überteuerten Piccolo.“
„Das ist doch kein Feiern.“
„Und das von dem Mann, der ebenfalls zwei Tage vor Weihnachten auf einem Flughafen herumlungert.“
„Ich fliege nur kurz nach Boston zu einem Meeting und danach nach Hause, um meine Mutter zu besuchen.“
„Wo ist dein Zuhause dieser Tage, Reed?“
„Ich habe ein Apartment in der Nähe des Büros in South Bend, aber ‚Zuhause‘ ist noch immer Whistle Creek.“
Whistle Creek. Er sah das Städtchen deutlich vor sich, so als wäre er nie weggezogen. Die Wassermühle, die seit zweihundert Jahren jeden begrüßte, der von Norden in die Stadt kam. Der Futterladen direkt gegenüber, der inzwischen von den Urgroßenkeln des Gründers geführt wurde. Die Drogerie an der Kreuzung von Main und Oak Street, die der alte Gooch betrieb. Niemand kannte mehr seinen richtigen Namen, aber jeder wusste, dass man bei ihm Tinkturen und Kuren für jedes Zipperlein bekam.
„Fährst du noch oft nach Whistle Creek?“
„Nein.“
Den Grund dafür erwähnte er nicht. Es war nicht mehr das Gleiche ohne Marietta. Der helle Funken war erloschen, nachdem diese Blume nicht mehr auf der Wiese stand.
Oder vielleicht war er es, der sich geändert hatte. Es war einfacher gewesen, Whistle Creek zu vergessen, als nach Hause zurückzukehren und Marietta nicht dort zu finden.
Sie nickte, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Ich war nicht mehr da seit … wie lange jetzt …?“
„Seit sieben Jahren.“
„Ja.“ Schweigen senkte sich wie eine schwere Decke. „Das ist eine lange Zeit.“
Er wollte fragen, warum sie nicht mehr hingefahren war. Wollte wissen, warum sie alles und jeden zurückgelassen hatte. Doch die Zeit, da Marietta ihm ihre Gründe erklärte, war längst vorbei.
„Hier, bitte, Reed.“ Dora stellte zwei Weingläser auf den Tisch und schenkte ein, stellte die Flasche dann grinsend auf den Tisch. „Deinetwegen werde ich noch zum Sommelier. So fein ging es hier schon seit Wochen nicht mehr zu.“ Sie zwinkerte ihm zu und ging zur Küche zurück.
Reed hob sein Glas. „Auf dich und deinen Bräutigam.“ Fast wären ihm die Worte im Hals stecken geblieben. Vor sieben Jahren hatten ihre gemeinsamen Freunde auf ihn und Marietta angestoßen. Vor sieben Jahren hatte sein Ring an ihrem Finger gesteckt. Jetzt jedoch war klar, dass er sie nie wieder zurückgewinnen konnte. „Ich wünsche dir alles Glück der Welt.“
Marietta drehte den Glasstiel zwischen den Fingern. „Reed, das ist nicht mein Hochzeitskleid. Nun, ist es schon, aber auch wieder nicht.“ Sie lachte verlegen. „Das ergibt keinen Sinn, oder?“
Er stellte das Glas ab. „Nicht wirklich.“
„Ich entwerfe Brautkleider. Und dieses hier habe ich für eine Kundin angefertigt. Eine sehr berühmte Kundin. Deshalb bringe ich das Kleid auch persönlich nach L. A.“
Seine maßlose Erleichterung war mehr als offensichtlich. „Du heiratest also gar nicht?“
Sie lachte hell auf. „Ich habe ja nicht einmal Zeit, online zu chatten, geschweige denn, mich zu verabreden.“
„Auf dem Gebiet hattest du doch nie Hilfe nötig. Ich wette, die Männer rennen dir die Tür ein.“
Rot zog auf ihre Wangen, sie betrachtete angelegentlich das Glas Wein. „Nicht mehr, Reed.“
Er wollte mehr erfahren, wusste aber auch, dass es ihn nichts anging. Genau wie er wusste, dass es ihm egal sein sollte. Schon vor Jahren hatte sie deutlich gemacht, dass sie ihn nicht wollte. Das schmerzte immer noch. Wenn er kein zweites Mal enttäuscht werden wollte, sollte er sich von ihr fernhalten.
Und doch … „Warum bist du nicht mehr zurückgegangen?“ Er konnte die Frage nicht zurückhalten. Neugier sprengte die Grenzen der Höflichkeit.
„Es gab nichts
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