Julia Extra Band 373
Hatte er wirklich so viel zu tun? Oder war er ihrer schon überdrüssig geworden und traf sich in London bereits mit ihrer Nachfolgerin?
„Ich bringe einige Leute mit, die du kennenlernen musst, Ava“, erklärte er vage.
Das klang ja sehr geheimnisvoll. „Soll ich mich aufbrezeln?“
„Nein. Es spielt keine Rolle, was du anhast“, antwortete er müde.
„Auch gut. Bis dann.“ Ärgerlich steckte sie das Handy wieder ein, griff nach einem Glasengel und befestigte ihn sorgfältig an einem Zweig.
Schließlich betrachtete sie zufrieden ihr Werk und inspizierte die anderen für die Party hergerichteten Zimmer. Für die Kleinkinder war ein Bereich abgeteilt worden, wo der Weihnachtsmann mit seinem Gefolge residierte. Schräg gegenüber war die Krippenszene im Stall zu Bethlehem mit lebensgroßen Figuren aufgebaut, nebenan stand alles für die Tanzparty der Teenager bereit. Ava hatte sogar einen beleuchteten Fußboden verlegen lassen und einen DJ engagiert. Auf der anderen Seite der Eingangshalle befand sich der Ballsaal für die erwachsenen Gäste. Für Musik und eine Bar war gesorgt. Die Leute vom Partyservice hatten in einer Ecke bereits Tische und Stühle aufgestellt. Es fehlte nur noch der Blumenschmuck, der natürlich erst am Tag der Party geliefert wurde.
Mehr kann ich im Moment nicht tun, dachte Ava schließlich und ging ins Bett, wo sie sich einsam und verlassen fühlte, obwohl Harvey sich nach einigem Zureden bequemt hatte, vor ihrem Bett zu schlafen, statt unten in der Halle auf die Rückkehr seines Herrchens zu warten.
Zwei Tage und fast schlaflose Nächte später beeilte Ava sich mit dem Frühstück, denn der Helikopter befand sich bereits im Landeanflug. Aufgeregt bellend raste Harvey durch die Halle, gefolgt von Ava, die sich bei diesem Anblick ein gequältes Lächeln abrang. Sobald Vito auftauchte, war sie bei Harvey abgemeldet. „Mir hat er auch gefehlt“, raunte sie.
Drei Herren befanden sich in Vitos Begleitung. Einer lächelte ihr zu und streckte die Hand zur Begrüßung aus.
„Miss Fitzgerald! Schön, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen.“
Ava stutzte. Das war ja Roger Barlow! Ihr Verteidiger im Prozess.
„Ihr ist die Zeit sicher noch länger vorgekommen“, bemerkte ein älterer blonder Mann trocken, der ihr nun die Hand schüttelte. „David Lloyd, Seniorpartner der Anwaltskanzlei Lloyd and Lloyd in London.“
„Und das ist Gregory James“, stellte Vito den korpulenten dritten Besucher mit Glatze und Vollbart vor. „Gregorys Firma hat das Anwesen gesichert, seitdem vor fünf Jahren hier eingebrochen wurde“, erklärte Vito.
Gut und schön, doch was hatte sie mit diesen Männern zu tun? Fragend sah Ava Vito an und bemerkte, wie angespannt und übernächtigt er wirkte.
„Wir gehen in die Bibliothek. Dort wird Greg dir erklären, worum es geht.“
Nachdem alle bis auf Vito Platz genommen hatten, wandte Gregory James sich Ava zu. „Ich habe den Artikel über Sie in der Sonntagszeitung gelesen und war schockiert. Ich war auch Gast der Weihnachtsparty damals, hatte aber bis vergangenen Sonntag keine Ahnung von dem Unfall. Ich hatte das Fest etwa gegen dreiundzwanzig Uhr verlassen, um meinen Flug nach Brasilien zu erreichen, wo der nächste Auftrag auf mich wartete.“
„Greg wusste nicht, dass du vor Gericht gestanden hast und wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe verurteilt worden bist“, erklärte Vito. „Er kehrte erst einige Monate später nach England zurück. Nachdem er Sonntag den Zeitungsartikel gelesen hatte, rief er mich an und schlug ein Treffen vor.“
„Sie saßen nicht am Steuer des Unfallwagens, Miss Fitzgerald. Ich habe beobachtet, was sich damals vor dem Schloss abspielte und es als albernen Streit abgetan. Außer Vitos Bruder kannte ich keinen der Beteiligten. Wie konnte ich ahnen, dass meine Beobachtung später für einen Prozess wichtig gewesen wäre?“
Ava hatte ihm verblüfft zugehört. Ihr Herz raste vor Aufregung, ihr war schwindlig. „Wie meinen Sie das: Ich hätte nicht am Steuer gesessen?“, fragte sie heiser. „Und was für einen Streit haben Sie beobachtet?“
David Lloyd beugte sich in seinem Sessel vor und schaltete sich ein. „Ava, der Umstand, dass Sie keine Erinnerung an den Unfall hatten, machte es Ihrem Verteidiger damals sehr schwer, entlastende Beweise zu finden.“
„Wie gesagt, ich verließ die Party gegen dreiundzwanzig Uhr und wartete draußen auf mein Taxi“, fuhr Greg fort. „Dabei beobachtete ich, wie
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