Julia Extra Band 375
sich das Haar aus dem Gesicht. Er fand, dass die Strähnen wie schwarzer Samt durch ihre Finger glitten. Hat sie überhaupt die leiseste Ahnung, wie viel Aufmerksamkeit sie mit dieser Geste auf sich zieht? Oder wie viele Köpfe sich nach ihr umdrehen, wenn sie einen Raum betritt?
Sacht führte er sie am Ellenbogen zu einem Tisch bei der Bar. Es war nicht das erste Mal an diesem Tag, dass er sie berührte. Normalerweise vermied er zufälligen Körperkontakt, vor allem im beruflichen Bereich, denn er behielt sich Berührungen für Begegnungen intimerer Natur vor. Aber wie in so vielen anderen Situationen heute hatte ihn Elizabeth dazu gebracht, von seinen Gepflogenheiten abzurücken.
Kaum hatten sie sich gesetzt, kam eine Kellnerin an ihren Tisch. Sie legte zwei Speisekarten ab und versprach, sofort zurückzukommen. „Nun“, sagte er und schlüpfte aus dem Mantel. „Kommen Sie freitagabends gern hierher?“
„Nein“, antwortet sie knapp.
„Es gibt also noch ein anderes begehrtes Lokal in der Stadt?“
„Ich verbringe meine Abende überhaupt nicht in Bars.“
„Und ich dachte, ich sei schuld an Ihrer finsteren Miene.“
„Sind Sie auch.“
„Schon komisch“, er legte einen Arm über die Lehne seines Stuhls. „Beim Eishockey hatten Sie nichts gegen meine Anwesenheit.“
„Das war etwas anderes. Sie saßen bei mir im Auto und ich wollte das Spiel meines Sohnes nicht verpassen.“
Plötzlich erinnerte er sich an ihr stolzes Lächeln. Er hatte bestimmt die Hälfte des Spiels damit zugebracht, sie zu beobachten.
„Und als der gemeine Boss, der ich bin, zahle ich es Ihnen nun heim, indem ich Sie zum Essen einlade.“
„Nein, Sie laden sich selbst zum Essen ein. Ich bin nur hier, weil ich Sie fahre.“
„Sie werden doch auch etwas essen, oder? Wollen Sie, dass wir getrennte Rechnungen verlangen?“
Sie zog die Speisekarte dichter an sich heran. „Ganz wie Sie wollen.“
Charles versteckte ein Grinsen hinter der Speisekarte. Seine Laune hatte sich gebessert. „Was ich will, ist ein Drink. Denken Sie, der Barmann macht einen anständigen Martini?“
„Ich bin sicher, er weiß, wie man Drinks mixt.“
„Mixen schon. Jeder kann Gin und Wermut miteinander vermischen. Aber um einen anständigen Martini zuzubereiten, braucht es einen Künstler.“
Daraufhin legte sie die Karte zur Seite. „Ich wusste nicht, dass es eine Kunst ist, Drinks zu mixen.“
„Für die Zubereitung guter Drinks braucht es Können.“
Zu seinem Vergnügen sah er, dass sie sich ein Lächeln verkniff. „Stimmt ja, Sie sind ein Getränkesnob.“
„Ja, auf dem Gebiet kenne ich kein Pardon.“ Jetzt hatten sie so viel über Drinks gesprochen, dass er ungeduldig wurde und der Kellnerin ein Zeichen gab. „Warum kommen Sie freitags also nicht hierher?“
„Ich gehe überhaupt nicht aus. Wie Sie wissen, habe ich ein Kind.“
„Er ist allerdings schon auf der Highschool. Ich wusste nicht, dass sie in diesem Alter immer noch einen Babysitter brauchen.“
„Soll das Ihr Ernst sein? Das ist die Zeit, in der sie die meiste Beaufsichtigung brauchen. Daran erinnern Sie sich doch sicherlich noch.“
„Allzu gut.“
„Ich auch.“ Sie hatte versucht, beiläufig zu klingen, doch es war ihr nicht gelungen.
„Ist etwas passiert?“, stellte er die Frage, die im Raum stand.
Er beobachtete, wie sie an einer Ecke der Speisekarte herumspielte, die niedergeschlagenen Wimpern warfen halbmondförmige Schatten auf ihre Wangen. „Andrew ist passiert.“
„Oh.“ Ah. Jetzt verstehe ich. „Sie haben Angst, Andrew und seine Freundin könnten …“ Er beendete den Satz nicht, sondern zog nur die Augenbrauen hoch.
„Er ist siebzehn und verliebt. Sie wissen, wie das ist. Man neigt dazu, zu glauben, dass es ewig hält.“
Wenn man älter ist, weiß man, dass das ein Hirngespinst ist, dachte Charles. Doch die Art und Weise, wie Elizabeth es gesagt hatte, berührte ihn.
„Ich denke“, sagte er, „dass nicht alle Teenager Sex haben wollen. Und wenn sie es doch tun, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass sich die Geschichte wiederholt.“
„Ich sollte mich also beruhigen wegen irgendwelcher Wahrscheinlichkeiten?“
„Nein. Sie sollten sich beruhigen, weil Ihr Boss es Ihnen sagt.“
„Na, wenn das so ist …“
Die Kellnerin kam, um ihre Bestellung aufzunehmen. Elizabeth entschied sich für das Menü des Tages. Nach kurzem Überlegen wählte Charles es auch.
„Und der Martini?“, fragte sie ihn, als sie wieder allein
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