Julia Festival Band 0105
durch einen hellen Anstrich ersetzt worden. Die großen, bequemen sandfarbenen Sofas waren viel ansehnlicher als die altmodische dunkle Ledergarnitur. Helle Vorhänge schmückten die Verandatüren, und der abgenutzte Teppichboden war herausgerissen worden. Der darunter verlegte Parkettboden war auf Hochglanz poliert worden. Geschmackvolle Perserteppiche zierten ihn. Der Salon wirkte durch die Umgestaltung bedeutend heller und anheimelnder. „Der Raum wirkt plötzlich doppelt so groß“, stellte Cally staunend fest.
„Ja, und ich wohne in einer Hundehütte.“ Adele beschwerte sich sofort. „Im Witwenhaus ist immer noch nicht alles in Ordnung. Deswegen bin ich unter anderem auch herübergekommen. Ich wollte Nick bitten, den Tischler zu schicken. Die Fenster im ersten Stock schließen nicht richtig.“
„Ich werde es ihm ausrichten.“ Cally musterte Adele. „Und was war der andere Grund für dein Kommen?“
„Neugierde, meine Kleine. Ich wollte mich mit eigenen Augen überzeugen, dass du deinen Stolz hinuntergeschluckt und tatsächlich in Nicks Arme zurückgekehrt bist. Da sieht man mal wieder, dass Geld die Welt regiert. Du machst einen besorgten Eindruck. Heute Abend soll wohl die Ehe vollzogen werden, oder? Mach dir keine Sorgen, Kleine, Nick ist ein ausgesprochen erfolgreicher Geschäftsmann, und mit Frauen kann er auch gut umgehen. Du stellst eine Herausforderung für ihn dar. Eine Weile wirst du also interessant für ihn sein. Mach das Beste daraus.“
Cally rang sich ein Lächeln ab. „Ach, Adele, du hast dich wirklich nicht verändert. Du bist doch selbst scharf auf Nick.“
Die andere Frau ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Es wäre doch so praktisch gewesen. Ranald hat mir ja kaum etwas hinterlassen. Das ganze Geld ist angelegt, und ich komme da nicht heran. Aber ich wollte meine Figur nicht durch eine Schwangerschaft ruinieren, und Nick besteht nun mal darauf, einen Erben zu bekommen. Ich hatte das alles schon mit Ranald durchgemacht. Nick war also gezwungen, sich nach einer anderen Frau umzusehen. Und du warst ja nicht weit.“
„Ja“, sagte Cally nachdenklich. „Das stimmt.“
Adele gab sich gelangweilt. „Nachdem er die Gläubiger deines Großvaters entschädigt hat, verlangt er jetzt von dir eine Gegenleistung. Ich an deiner Stelle würde mich darauf einlassen, Herzchen. Wenn er nicht bekommt, was er will, kann er nämlich ganz schön ungemütlich werden. So, und nun will ich das romantische Idyll nicht länger stören.“ Sie trank ihren Tee aus, stand auf und ging zur Verandatür. Dort wandte sie sich noch einmal um. „Übrigens ist Nicks kleine Freundin die kommenden zwei Wochen abwesend. Sehr diplomatisch, findest du nicht auch? Eurer Wiedersehensfreude steht also nichts mehr im Wege. Aber ich warne dich: Sie wird bald wieder da sein. Finde dich also damit ab, Herzchen, und lauf nicht wieder weg. Du hast ja gemerkt, dass das keinen Sinn hat.“
Adele lächelte noch einmal bösartig und verschwand.
6. KAPITEL
Benommen blickte Cally vor sich hin. Adele hatte nicht nur ihr Gift verspritzt, sie hatte auch etwas gesagt, was Cally wirklich getroffen hatte: Vanessa Layton war immer noch ein Teil von Nicks Leben.
Wie sehr hatte Cally gehofft, dass die Frau sich zurückgezogen hatte und sie, Cally, doch noch mit Nick glücklich werden könnte. Doch Vanessa spielte die erste Geige. Selbst am Hochzeitstag hatte Nick seine Braut im Stich gelassen und war zu seiner Geliebten geeilt.
Ich muss so tun, als wüsste ich von nichts, dachte Cally verzweifelt. Vor einem Jahr bin ich weggelaufen, weil ich die Situation nicht ertragen konnte. Ich dachte, ich könnte nur überleben, wenn ich weit fort von ihm bin. Doch jetzt habe ich keine Wahl.
Sie zuckte zusammen, als die Tür aufging.
„Ich kann es kaum glauben, es ist dir gelungen, die schwarze Witwe loszuwerden.“ Nick lächelte amüsiert und setzte sich aufs andere Sofa. „Hast du sie umgebracht? Wo hast du sie versteckt? Spaß beiseite, Cally, was wollte sie eigentlich hier?“
„Sie möchte, dass der Tischler kommt. Anscheinend klemmt ein Fenster“, berichtete Cally.
Nick verzog das Gesicht. „Die hat auch immer was zu beanstanden. Wollte sie sonst noch was?“
„Nicht dass ich wüsste“, behauptete Cally kühl und wies auf den Teetisch. „Möchtest du Tee und Gebäck?“
„Eigentlich hatte ich andere Pläne, aber die können warten.“ Er wartete, bis sie ihm Tee eingeschenkt hatte, und fragte: „Wie findest du das
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