Julia Festival Band 86
seinen Segen gegeben – auch wenn dieser vermutlich nichts weiter bedeutete …
„Sir?“
Chase blickte sich um. Ein junger Mann stand im Eingangsportal zur Kirche.
„Man hat mich geschickt, um Ihnen zu sagen, dass die Trauung gleich beginnt.“
Sir, dachte Chase. Das ist bloß ein anderes Wort für „alter Herr“, und genauso fühlte er sich plötzlich, alt.
Mit einem gezwungenen Lächeln klopfte er dem jungen Mann auf den Rücken und trat an ihm vorbei in die kühle Dunkelheit der Kirche.
Annie schniefte sich durch die Zeremonie hindurch. Dawn sah wunderschön aus, wie eine Märchenprinzessin, und Nick an ihrer Seite wirkte so attraktiv, dass auch das zu Tränen rührte.
Chase jedoch trug eine steinerne Miene zur Schau. Nur ein einziges Mal hatte er kurz gelächelt, als er die Braut dem wartenden Bräutigam übergeben hatte.
Danach hatte er seinen Platz neben Annie eingenommen.
„Ich hoffe, du weißt, was zum Henker du da tust“, hatte er dabei mürrisch gemurmelt.
Annie war empört. Was macht er mir denn jetzt schon wieder zum Vorwurf? Dass die Trauung nicht in einer Kathedrale stattfindet? Oder meint er etwa, dass Dawns Kleid zu altmodisch und meine Blumenarrangements zu provinziell sind? Was Chase betraf, so hatte Annie ihm ja noch nie irgendetwas recht machen können.
Sie konnte ihn aus dem Augenwinkel erkennen, wie er neben ihr stand, groß, hochgewachsen und männlich.
Bumm!
Annie zuckte zusammen. Die Kirchentür war aufgeflogen, und ein überraschtes Murmeln ging durch die Reihen. Der Pastor hielt inne und blickte wie alle anderen den Mittelgang entlang, Dawn und Nick eingeschlossen.
Jemand stand unter dem offenen Türbogen.
Annie stieß einen erleichterten Seufzer aus. „Das ist Laurel“, flüsterte sie dem Pastor zu. „Meine Schwester. Ich bin ja so froh, dass sie es noch geschafft hat.“
„Typisch Bennettsche Dramatik“, brummte Chase gedämpft.
Annie stieg die Farbe in die Wangen. „Wie bitte?“
„Du hast mich schon verstanden.“
„Allerdings, und …“
„Mutter!“, schnappte Dawn.
Annie errötete. „Entschuldige.“
Der Pastor räusperte sich vernehmlich. „Und nun“, erklärte er mit volltönender Stimme, „sollte niemand unter uns sein, der einen Grund zu nennen weiß, weshalb Nicholas Skouras Babbitt und Dawn Elizabeth Cooper nicht miteinander vermählt werden sollten, der sonst jetzt spreche oder für immer schweige …“
Wenig später war die Trauzeremonie vorüber.
Es war interessant, der Vater der Braut bei einer Hochzeit zu sein, bei der die Mutter der Braut nicht mehr länger die eigene Frau war.
Dawn hatte darauf bestanden, dass ihre beiden Eltern mit ihr am selben Tisch saßen.
„Du kannst dich doch beherrschen, Daddy, oder?“, hatte sie gesagt. „Ich meine, es macht dir doch nichts aus, für ein paar Stunden neben Mom zu sitzen, nicht wahr?“
„Nein, natürlich nicht“, hatte er geantwortet. Schließlich waren sie bereits seit fünf Jahren geschieden, und die Wunden waren verheilt. Es war sicherlich möglich, für ein paar Stunden liebenswürdig zu lächeln und höfliche Konversation zu betreiben.
Das hatte er gedacht, doch in der Realität sah die Sache schon ganz anders aus.
Zu dem Zeitpunkt, als Annie und er wie zwei siamesische Zwillinge den Anfang der Empfangsreihe für die zahlreichen Gratulanten bilden mussten, war Chase so gereizt zumute wie einem Löwen mit einem Dorn in der Pfote.
„Lächelt, ihr zwei“, hatte Dawn ihnen zugezischt, und sie hatten gehorcht, wenngleich Annies Lächeln so aufgesetzt wirkte wie vermutlich das seine ebenfalls.
Glücklicherweise waren sie wenigstens in getrennten Wagen zum Stratham Inn gefahren. Nur dass sie dort wiederum an dem erhöhten Tisch nebeneinander platziert worden waren.
Chase hatte das Gefühl, als sei das Lächeln auf seinem Gesicht festgefroren, und Dawn zog die Brauen hoch, als sie seinem Blick begegnete.
Okay, Cooper, sagte er sich. Du wirst doch wohl noch imstande sein, freundlichen Smalltalk mit deiner Exfrau zu machen.
Er sah Annie an. „Und“, meinte er mit gespielter Munterkeit. „Wie ist es dir so ergangen?“
Sie drehte ihm den Kopf zu. „Tut mir leid“, sagte sie höflich. „Hast du mit mir gesprochen?“
Chase zwang sich zu einem Lächeln. „Ich habe gefragt, wie es dir geht.“
„Sehr gut, danke der Nachfrage. Und selbst?“
„Oh, ich kann mich nicht beklagen.“ Da Annie schwieg, fuhr er fort: „Ich weiß nicht, ob Dawn es dir gegenüber erwähnt
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