JULIA FESTIVAL Band 97
herablassenden Tonfall, dass sie zusammenzuckte.
„Du bist dir ganz sicher, stimmt’s?“, konterte sie. „Na, das tröstet mich. Ich bin froh, dass du mich unterstützt.“
Nun war er es, der wütend aussah. „Ich möchte mich nicht mit dir streiten, Olivia“, sagte er. „Du glaubst anscheinend, dass es mir Spaß macht. Doch da irrst du dich. Aber Luis ist Tonys einziges Kind. Deswegen ist es mir natürlich wichtig, dass bestmöglich für ihn gesorgt wird.“
„Und warum kümmerst du dich dann nicht selbst um ihn?“
Olivia wusste selbst, wie kindisch ihre Frage war, doch sie konnte nicht anders. Wie selbstverständlich erwartete Christian von ihr, dass sie all ihre Zukunftspläne über den Haufen warf. Ob er zu ähnlichen Zugeständnissen bereit war? Auf jeden Fall hätte er dann kaum noch Freizeit, dachte sie.
Nachdem er einen Moment geschwiegen hatte, seufzte er. „Du schlägst also ernsthaft vor, dass ich auch in das Haus in Bal Harbour ziehe?“, fragte er erstaunt. „Hättest du kein Problem damit?“
Und ob sie die hätte! Allerdings konnte sie es ihm schlecht sagen. „Warum sollte ich“, erwiderte sie daher so lässig wie möglich.
„Du würdest dich also damit zufriedengeben, wenn du ihn dort besuchen könntest?“
Olivia sah ihn an. „Warum nicht?“
„Hm“, meinte er nachdenklich. „Dass du dein Zuhause verlassen und dich auf eine primitive Insel geflüchtet hast, hat also nichts mit dem zu tun, was zwischen uns vorgefallen ist?“
„Ich … Natürlich nicht“, antwortete sie erschreckt.
„Nein?“ Aus zusammengekniffenen Augen betrachtete er sie. „Wirklich nicht?“
Auf keinen Fall durfte sie jetzt die Fassung verlieren. Christian weiß gar nichts, er kann gar nichts wissen, rief sie sich ins Gedächtnis. Er versucht nur, mich aus der Reserve zu locken. „San Gimeno ist keine primitive Insel“, erklärte sie empört und wich seiner Frage aus. „Sicher, sie ist vom Tourismus verschont geblieben, aber das heißt nicht, dass man auf den gewohnten Standard verzichten muss.“
„Allmählich habe ich das Gefühl, dass du nicht so gut mit der Situation klarkommst“, sagte er leise, ohne auf ihre Worte einzugehen. „Deswegen hast du mein Angebot mit dem Hubschrauber nicht angenommen, stimmt’s? Und deswegen hast du Mike Delano auch gebeten, mir nichts zu sagen. Das ist doch die Wahrheit, oder?“ Er lachte verächtlich. „ Dios , Olivia, was hast du eigentlich von mir erwartet?“
Jetzt reichte es ihr. Erbost stand Olivia auf und wandte sich zum Gehen, aber kurz vor der Tür holte Christian sie ein und umfasste ihr Handgelenk.
„Warte!“
„Warum sollte ich?“
„Ich hätte das wohl nicht sagen dürfen“, entschuldigte Christian sich zu ihrer Überraschung, und sie merkte ihm an, dass er es ernst meinte, obwohl er seinen Zorn nach wie vor nur mühsam zügeln konnte. „Es tut mir leid.“
„Tatsächlich?“
Eine bessere Antwort fiel ihr nicht ein, denn ihre verräterischen Sinne nahmen ganz andere Dinge wahr – seine Körperwärme, seine Nähe und seine erotische Ausstrahlung.
Christian war ein gefährlicher Mann – in mehr als nur einer Hinsicht –, und seine nächsten Worte brachten sie noch mehr aus der Fassung. „Ja, natürlich“, sagte er, während er ihr mit dem Daumen vorsichtig über ihr Handgelenk strich. „Ich möchte nicht, dass wir Feinde sind, Olivia.“
Am rauen Ton seiner Stimme hörte Olivia den sinnlichen Akzent heraus, der sie auch in jener schicksalhaften Nacht so erregt hatte. Bei dem Gedanken, dass Christian mit ihr spielte und seine herausragenden Fähigkeiten als Anwalt einsetzte, um sie umzustimmen, wurde ihr schwindelig, und ihr Herz setzte für einen Moment aus.
Vor Jahren hatte Tony darauf bestanden, dass sie ihn ins Gerichtsgebäude von Miami begleitete, um Christian bei einer Verhandlung zuzusehen, in der Mora Corporation der Industriespionage angeklagt wurde. In einer atemberaubenden Rhetorik hatte Christian schlüssig bewiesen, dass der Kläger gelogen hatte, um den Ruf der Firma zu schädigen. Und diese Fähigkeiten wendet er jetzt bei mir an, dachte sie wütend. Fest entschlossen, seinen Willen durchzusetzen, hatte Christian Rodrigues nicht die Absicht, sein Leben zu ändern, um sich um den Sohn seines verstorbenen Vorgesetzten zu kümmern.
„Luis ist inzwischen sicher wieder in seinem Zimmer“, sagte Olivia, ohne ihn anzusehen, da sie dieser Nähe möglichst schnell entrinnen wollte.
„Ich glaube nicht, dass es
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