Julia Quinn
unglückliche Situation
lustig gemacht hat.«
James durchquerte das Zimmer mit
wenigen Schritten. »Ich habe mich nie über dich lustig gemacht,
Elizabeth«, beteuerte er eindringlich. »Das musst du mir glauben. Ich
wollte dich niemals verletzen.«
»Das hast du aber getan.«
»Dann heirate mich. Lass mich ein
Leben lang wieder gutmachen, was ich dir angetan habe.«
Wieder rann ihr eine Träne über die
Wange. »Du willst mich doch gar nicht heiraten.«
»Ich habe dich wiederholt
gefragt«, entgegnete er ungeduldig. »Welchen Beweis brauchst du denn
noch?«
»Darf ich nicht auch meinen Stolz
haben? Oder ist so etwas nur dem Hochadel vorbehalten?«
»Und bin ich denn ein so
schrecklicher Mensch?« hielt er verzweifelt dagegen. »Gut, ich habe dir
nicht gesagt, wer ich bin. Das tut mir Leid. Verzeih mir, dass es mich
unglaublich glücklich gemacht hat, als du dich in mich verliebt hast,
nicht in meinen Titel, mein Vermögen oder sonst etwas. Nur in ... mich.«
»Dann war das ein – Test?«
stieß sie hervor.
»Nein!« Er brüllte es förmlich.
»Natürlich war es kein Test. Ich sagte dir doch, ich hatte sehr wichtige
Gründe, meine wahre Identität zu verheimlichen. Aber...« Ersuchte
fieberhaft nach den richtigen Worten, um zu beschreiben, was in seinem Herzen
vorging. »Aber es war so wundervoll für mich. Du hast keine Ahnung, wie sehr,
Elizabeth, nicht die geringste Ahnung.«
»Nein«, stimmte sie ruhig zu.
»Die habe ich nicht.«
»Bestrafe mich nicht,
Elizabeth.«
In seiner Stimme schwangen so viele
Gefühle mit, dass sie Elizabeth mitten ins Herz trafen. Sie musste von hier
fort, musste fliehen, ehe er immer weitere Lügen um ihr Herz spann. Sie entwand
ihm ihre Hände und eilte zur Tür. »Ich muss gehen«, verkündete sie
panikerfüllt. »Ich kann im Moment nicht in deiner Nähe sein.«
»Wo willst du hin?« James
folgte ihr langsam.
»Nach Hause.«
Er streckte den Arm aus, um sie
zurückzuhalten. »Du wirst nicht allein nach Hause gehen. Es ist dunkel, und
überall wimmelt es von betrunkenen Ballbesuchern.«
»Aber ...«
»Es ist mir gleich, wenn du mich
hasst.« Seine Stimme verriet, dass er keinen Widerspruch dulden würde.
»Aber du wirst diesen Raum nicht allein verlassen.«
Sie warf Blake einen bittenden Blick
zu. »Könnten Sie mich dann bitte nach Hause begleiten?«
Blake erhob sich und tauschte einen
kurzen Blick mit James, dann nickte er. »Es wäre mir eine Ehre.«
»Pass gut auf sie auf«, teilte
James ihm schroff mit.
»Du weißt, dass ich das tun
werde.« Blake bot Elizabeth den Arm und verließ mit ihr das Zimmer.
James sah ihnen nach, dann lehnte er
sich gegen die Wand. Er zitterte am ganzen Leib, weil er sich den ganzen Abend
so angestrengt hatte, seine Emotionen im Griff zu halten. Den Zorn, den
Schmerz, die Verzweiflung, ja, sogar das Gefühl des Unbefriedigtseins – denn schließlich
hatte er ja im Wald mit Elizabeth keine Erfüllung gefunden. All das nagte und
zehrte an ihm.
Er hörte ein leises Zungenschnalzen
neben sich und sah auf. Verdammt, er hatte ganz vergessen, dass Caroline noch
im Zimmer war.
»O James«, sagte sie seufzend.
»Wie konntest du nur.«
»Spar dir die Worte, Caroline«,
fuhr er sie an. »Spar sie dir bitte, ja?« Und damit stürmte er hinaus und
bahnte sich rücksichtslos seinen Weg durch die Menge draußen im Flur und im
Foyer. Bei ihm zu Hause stand noch eine Flasche Whisky, und das war die einzige
Gesellschaft, die er an diesem Abend noch ertragen konnte.
19. KAPITEL
Es dauerte nicht lange, bis Elizabeth herausfand, dass
Blake, obwohl James' bester Freund, ein überaus weiser Mann war. Während der
ganzen Fahrt nach Hause versuchte er nicht, sich mit ihr zu unterhalten oder
ihr neugierige Fragen zu stellen. Nur einmal legte er ihr tröstend die Hand
auf den Arm und sagte: »Wenn Sie jemanden brauchen, so wird Caroline bestimmt
froh sein, wenn sie mit Ihnen sprechen darf.« Nur ein kluger Mann wusste,
wann man am besten den Mund hielt.
So verlief die Kutschfahrt
schweigend, bis auf Elizabeths gelegentliche Anweisungen bezüglich des Weges.
Als sie jedoch vor dem Häuschen der Hotchkiss' vorfuhren, stellte Elizabeth
überrascht fest, dass es hell erleuchtet war. »Liebe Güte, sie müssen ja jede
einzelne Kerze im Haus angezündet haben!« murmelte sie. Und dann setzte
natürlich die Gewohnheit ein, und sie überlegte bereits, was das alles kosten
würde. Hoffentlich hatten sie nicht die teuren Bienenwachskerzen genommen, die
sie
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