Julia Quinn
Sie
schluckte.
»Das tut
mir Leid.«
Sie schwieg eine Weile und lachte
dann etwas gezwungen auf. »Hatten wir nicht abgemacht, diese Worte nicht mehr
so oft zu benutzen?«
»Nein«, gab er lächelnd zurück,
um das Gespräch wieder etwas heiterer zu gestalten. Er respektierte ihren
Wunsch, ihren Kummer nicht mit ihm teilen zu wollen. »Wir haben nur abgemacht,
dass Sie sie nicht mehr so oft sagen. Ich jedoch ...«
»Nun gut.« Sie schien sichtlich
erleichtert, dass er nicht weiter nachforschte. »Wenn Sie sich aufrichtig
entschuldigen möchten, werde ich gern eine Liste Ihrer Vergehen aufstellen.«
Er beugte sich nach vorn und stützte
die Ellenbogen auf die Knie. »Ach, ja?«
»Ja. Natürlich kenne ich Sie erst
seit drei Tagen, aber ich bin mir sicher, dass ich einen Bogen Papier voll
bekomme.«
»Nur einen? Ich werde mich wohl mehr
anstrengen müssen und ... Miss Hotchkiss?«
Sie war erstarrt und richtete den
Blick unverwandt auf die Tür. »Hinaus!« zischte sie.
James stand auf, um besser sehen zu
können. Tante Agathas Kater saß reglos in der offenen Tür. »Was haben
Sie?« fragte er.
»Dieses Tier ist durch und durch
bösartig«, erwiderte sie, ohne den Kater aus den Augen zu lassen.
»Malcolm?« James schmunzelte
und ging zu ihm. »Er würde keiner Fliege etwas zu Leide tun.«
»Fassen Sie ihn lieber nicht
an!« warnte Elizabeth. »Er ist tückisch!«
Doch James nahm ihn einfach auf den
Arm. Vernehmlich schnurrend rieb Malcolm seinen Kopf an dessen Kinn.
Elizabeth war fassungslos. »Dieser
kleine Verräter! Drei Jahre lang habe ich versucht, seine Zuneigung zu gewinnen!«
»Ich dachte, Sie arbeiten schon seit
fünf Jahren hier?«
»Stimmt, aber nach drei Jahren habe
ich es aufgegeben. Auf Dauer erträgt man es einfach nicht, ständig angefaucht
zu werden.«
Malcolm sah einmal flüchtig zu ihr
hinüber und wandte sich dann schnurrend wieder James zu. Dieser ging lachend
mit ihm zu seinem Stuhl zurück. »Ich denke, er betrachtet mich als eine
Herausforderung. Ich hasse nämlich Katzen.«
»Nun, den Eindruck hat man ganz und
gar nicht«, spöttelte sie.
»Zugegeben, diesen Kater hier hasse
ich nicht.«
»Wie passend«, murmelte sie.
»Ein Mann, der alle Katzen hasst bis auf eine, und eine Katze, die alle
Menschen hasst bis auf einen.«
»Zwei, wenn Sie Lady Danbury
dazuzählen.« James schmunzelte und lehnte sich zurück. Plötzlich war er
sehr zufrieden mit seinem Leben. Er war fern von London, von den gezierten
Debütantinnen und ihren aufdringlichen Müttern, und er befand sich in
Gesellschaft dieser bezaubernden jungen Frau, die – wahrscheinlich – seine
Tante gar nicht erpresste. Und selbst wenn ... Solches Herzklopfen hatte er
seit Jahren nicht mehr gehabt wie in dem Moment, als sie mit dem Finger seine
Lippen berührt hatte.
Wenn er bedachte, dass er für keine
der möglichen Ehekandidatinnen in London auch nur einen Funken Interesse
verspürt hatte, so musste das schon etwas heißen.
Und wenn sie tatsächlich doch seine
Tante erpresste, dann hatte sie ja möglicherweise einen ernsthaften Grund
dafür. Ein kranker Angehöriger vielleicht, oder eine Räumungsklage. Es konnte
doch sein, dass sie das Geld für etwas Wichtiges, Notwendiges brauchte und
niemals vorgehabt hatte, Gerüchte über Agatha zu verbreiten.
Er lächelte sie an und nahm sich
vor, dass er sie noch vor Ablauf der Woche in den Armen halten würde. Und wenn
sie sich so gut anfühlte, wie er es sich vorstellte, dann würde er ernsthaft in
Betracht ziehen, ihr weiter gehend den Hof zu machen. »Mit einem gewissen
Anreiz könnte ich eventuell ein gutes Wort für Sie bei unserem haarigen Freund hier
einlegen!« neckte er sie.
»Danke, ich bin nicht mehr daran ...
Ach, du lieber Himmel!«
»Was
ist?«
»Wie spät
ist es?«
Er zog seine Taschenuhr hervor, und
zu seiner Überraschung eilte Miss Hotchkiss zu ihm und riss sie ihm förmlich aus der Hand.
»O nein!« rief sie aus. »Ich
sollte schon vor zwanzig Minuten bei Lady Danbury im Salon sein. Ich lese ihr
jeden Morgen vor, und ...«
»Ich bin sicher, sie nimmt es Ihnen
nicht übel.« James strich sich über die Wange. »Immerhin haben Sie den
Beweis, dass Sie sich der Kranken und Bedürftigen angenommen haben!«
»Ja, aber Sie verstehen nicht! Ich
sollte eigentlich nicht... Ich meine, ich sollte im Grunde üben ...« Sie
schlug sich mit der Hand auf den Mund, und sie wirkte mit einem Mal furchtbar
verlegen.
Er stand
langsam auf. »Was wollten Sie eben
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