JULIA SOMMERLIEBE Band 21
sich auf dieses Spielchen einlassen. Ruckartig riss sie ihre Hand von ihm los. Doch er fasste sie blitzschnell am Handgelenk, hielt sie fest und sah ihr tief in die Augen. Mit einem heftigen Dreh streifte er ihr Peters Verlobungsring vom Finger.
„Und diesen Kleinkram hier schicken wir ihm zusammen mit den hübschen Fotos zurück. Nur um sicherzugehen, dass er die Nachricht auch wirklich versteht: Du hast ihn verlassen.“ Er warf den Ring in die Luft und fing ihn wieder auf. Bevor er das Schmuckstück nachlässig in die Hosentasche steckte, hielt er es auffällig lange hoch und betrachtete es skeptisch.
„Das kannst du nicht tun“, flüsterte Vivian. Ihr wurde übel bei dem Gedanken daran, welch verheerenden Schaden er in einer ohnehin schon verfahrenen Situation anrichten würde; das hieß, falls die Hochzeit nicht schon abgesagt worden war. Ob Janna und Peter ihren Rat beherzigt und die Hochzeitsvorbereitungen fortgesetzt hatten? Oder wanden sie sich immer noch störrisch in ihren gemeinsamen Schuldgefühlen und Gewissensbissen?
„Marvel wird dich jetzt nicht mehr heiraten, Vivian. Tu dir selbst einen Gefallen und freunde dich damit an.“
„Niemals!“, entgegnete sie heftig. „Peter liebt mich!“ Vivian sprang auf die Füße. Nun ja, zumindest stimmte das zum Teil. Nur wegen seiner tiefen Zuneigung und seines Respekts für Vivian hatten er und Janna sich in den vergangenen Wochen solchen Qualen ausgesetzt. Vivian konnte nicht einmal ihre Wut wegen dieses Verrats aufrechterhalten. Schließlich war es offenkundig, dass das von Schuld gebeutelte Paar Höllenqualen durchgestanden hatte. Erst versuchten sie, ihre Liebe zu ignorieren. Dann leugneten sie ihre Gefühle, um nur nicht die süße, zarte, schutzlose Vivian zu verletzen.
Als alles herausgekommen war, hatte Vivian ihrer Schwester und Peter unverblümt gesagt, sie mögen doch endlich aufhören, sich selbst zu quälen. Dann hatte sie sich zu einem Vorschlag durchgerungen: Es würde viel Aufwand und Ärger kosten, zu einem so späten Zeitpunkt die Hochzeit abzublasen. Wieso tauschte man nicht einfach die Bräute aus? Janna und Peter hatten sie so entsetzt angesehen, dass Vivian in lautes Lachen ausgebrochen war. Mehr als alles andere war es gerade dieses Lachen gewesen, das ihr eines verdeutlichte: Sie war nicht so todunglücklich, wie es eine verlassene, liebende Frau eigentlich sein sollte.
Und als sich dann die erste Gelegenheit bot zu beweisen, dass sie nicht dieses süße, zarte, schutzlose Geschöpf war, für das jeder sie hielt und das alle bemitleiden würden, griff sie mit beiden Händen beherzt zu.
„Marvel wird einen Blick auf diese Bilder werfen und wissen, dass zwischen euch alles vorbei ist.“ Nicholas gab nicht auf und setzte seinen mitleidslosen Angriff fort. „Er wird niemals in der Lage sein zu vergessen, wie du dich in den Armen deines Liebhabers windest und vor Leidenschaft lichterloh brennst …“
„Wir sind kein Liebespaar!“, schrie Vivian auf. „Diese Bilder … sie sind gestellt! Sie lügen! Du … Du hast mich wie ein Mannequin in Pose gesetzt …“
„Habe ich das, Vivian?“, neckte er sie sanft. „Vielleicht. Aber du warst sehr entgegenkommend. Erinnerst du dich nicht mehr? Du warst scharf auf mich, das hast du mehrmals gesagt. Butterweich. Du hast geschnurrt, dass du es genießt, von einem sexy Schurken genommen zu werden …“
Einen Moment sah sie ihn sprachlos an. „Ich stand unter Drogen!“, verteidigte sie sich heftig. „Zwischen entgegenkommend und kaum bei Bewusstsein liegt doch ein großer Unterschied“, betonte sie mit unterdrücktem Zorn. „Und … Und überhaupt … Wenn ich, das heißt, wenn wir etwas getan hätten, dann wüsste ich es.“
„Woher?“ Er schien ernsthaft neugierig zu sein.
Ihre Augen blitzten vor Verärgerung. Könnten Blicke töten, wäre er schon längst begraben. „Ich wüsste es einfach, das ist alles“, sagte sie starrsinnig.
„Nicht, wenn ich sehr erfahren und äußerst zärtlich gewesen bin und du wirklich sehr, sehr empfänglich … Nicht, wenn du innerlich bereit für mich warst und dein Körper nur auf mich gewartet hat“, erinnerte er sie mit einem samtweichen Tonfall, der ihre Haut zu streicheln schien.
„Hör auf! Ich will das alles nicht hören!“, rief sie. Wie ein kleines Kind bedeckte sie ihre brennenden Ohren mit den Händen.
Seine Augen wanderten genüsslich zu dem Saum seines Pullis an ihrem Körper. Durch ihre ruckartige Bewegung hob er sich
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