Julia Sommerliebe Band 22
den letzten Tagen hatte sie eindeutig zu viel gearbeitet.
„Hast du noch Hunger?“, fragte er und legte wieder den Arm um sie. „Wie wäre es mit Patizzi? “
„Ist das süß oder herzhaft?“
„Herzhaft. Anchovis, Ricotta und Gemüse in einer pikanten Soße.“
„Klingt köstlich, aber … ich bin nicht wirklich hungrig.“ Sie hatten bereits ausgiebig gegessen, auch wenn es nun bereits eine Weile her war.
„Warst du mit … Gabriella auch hier, beim Mnarja? “, fragte sie und schalt sich sogleich für ihre Unbedachtheit.
„Ja.“ Romano zog seinen Arm zurück.
„Und … hätte sie sich gewünscht, dass du ihr versprichst, sie jedes Jahr wieder hierher mitzunehmen?“
Er lachte. „Das ist ein uralter Brauch. Gabriella ist erst zehn Jahre tot, Caroline.“
Eigentlich hätte Caroline erwartet, dass er nichts mehr dazu sagte.
Doch gedankenverloren fuhr Romano fort: „Gabriella und ich waren nur drei Monate verlobt. Aber wir kannten uns von Kindesbeinen an. Sie war eine alte Freundin, eine Geliebte und meine zukünftige Frau in einer Person.“
„Und du hast sie geliebt?“
„Natürlich habe ich sie geliebt. Aber ich war auch sehr jung. Das waren wir beide. Wenn ich jetzt zurückschaue, sehe ich, dass unsere Liebe die eines Jungen und eines Mädchens war. Nicht die von Mann und Frau.“
„Aber diese Philosophie, die du auslebst, jeden Tag zu genießen …“ Ihr Herz schlug wild, als sie sah, wie sich seine Augen verengten. „Bedeutet die nicht, dass es dir gleichgültig ist, ob du lebst oder tot bist? Kommt die nicht von deinem gebrochenen Herzen wegen Gabriella?“
„Bist du verrückt?“ Er fasste sie bei den Schultern. „Caroline, ich habe dir schon einmal erklärt, dass ich keine Risiken eingehe. Ich will mein Leben nicht aufs Spiel setzen, sondern genießen. Das Leben ist kostbar und schön! Aber es ist für mich kein Leben, wenn man nichts ausprobt und auch mal etwas wagt. Hast du mir eigentlich gar nicht zugehört, seit du nach Malta gekommen bist? Hast du nicht bemerkt, dass ich, seit ich dich getroffen habe …“
„Romano … xemm , Romano! Hi, Romano!“ Die flötende Stimme war Caroline nur allzu vertraut.
„ Mishut! “, fluchte Romano verhalten. Wieder ließ er die Hände sinken, als Stephanie sich durch die Menschenmenge drängte. Fröhlich winkte sie ihnen zu.
Carolines Magen verkrampfte sich bei ihrem Anblick. Stephanie trug ein enges gelbes Kleid, das ihre zierliche und zugleich kurvige Figur perfekt zur Geltung brachte. Das dichte, glänzende Haar fiel ihr offen über die Schultern bis zur Hüfte. Sie sah atemberaubend aus, wunderschön, und Caroline kam sich dagegen blass und reizlos vor.
„ Bonswa , Stephanie.“ Romano küsste die junge Frau auf die Wangen.
Stephanie strahlte ihn an und ignorierte Caroline. „Sie tanzen Il-Parata . Kommst du mit?“ Ihr Mund verzog sich schmollend. Sie legte einen Arm um Romanos Hüfte und wollte ihn mit sich ziehen. Besitzerstolz funkelte in ihrem Blick.
Romano sah Caroline an, dann wieder Stephanie. „Eigentlich unterhalte ich mich gerade mit Caroline, aber später können wir gern einmal tanzen.“
„Ach, Romano“, bat Stephanie kindlich. „Jetzt ist es gerade so schön.“ Sie sah flüchtig zu ihrer Kontrahentin. „Du musst doch auch mal abschalten. Über Berufliches könnt ihr immer noch sprechen. Außerdem ist die Kampagne doch längst abgeschlossen. Die Messe ist vorbei, und jetzt kehrt alles zur Normalität zurück.“
Unschuldig schaute sie Caroline an und umarmte Romano enger.
Dieser schob sie sanft, aber energisch von sich. „Stephanie …“
Es war wirklich unerträglich. Am liebsten wäre Caroline weggelaufen. Doch irgendwie würde sie auch das durchstehen.
Dann entspann sich eine heftige Diskussion auf Maltesisch zwischen Romano und Stephanie.
Erschrocken wanderte Carolines Blick von einem zum anderen. Sie kam sich ausgestoßen und einsam vor. Kaum tauchte Stephanie auf, war sie für Romano Luft. Außerdem war es mehr als unhöflich von Romano, dass er dieses Gespräch auf Maltesisch führte, obwohl er wusste, dass Caroline diese Sprache nicht verstand.
Allmählich begriff sie, dass, ganz gleich, was Romano ihr erzählt hatte, er und Stephanie offenbar doch ein Paar waren.
Sie dachte an das Mittagessen bei ihrer Mutter zurück. Wie hatte sie so blind sein können? Sie hatte sich von seinem Charisma wie ein Teenager einlullen lassen. Wie hatte sie sich einbilden können, Graf Romano de Sciorto,
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