Julia-Weihnachten Band 23
aller hatte er in der Oberstufe keine feste Freundin gehabt, obwohl fast jedes Mädchen des Jahrgangs glücklich gewesen wäre, von ihm erwählt zu werden.
Folglich hatte es eine gewaltige Aufregung gegeben, als er beim Vorsprechen für die Weihnachtsfeier aufgetaucht war. Um die Eltern zu beeindrucken, hatten neben den üblichen musikalischen Darbietungen diverser Solisten und dem Schulchor auch Szenen von Shakespeare auf dem Programm gestanden.
Nachdem sie, Felicia, als Julia ausgewählt wurde und Gideon als Romeo, war der Neid ihrer Freundinnen beinahe ebenso groß gewesen wie Felicias klammheimliche Freude über die Wahl. Gideon hatte eine Menge Neckereien und anzügliche Sprüche der Jungen einstecken müssen, die ihn heftig um seine Chance beneideten, Flick Maynard zu lieben – wenn auch nur in einer Shakespeareszene vor versammelter Zuhörerschaft.
Felicia lächelte stumm in der Dunkelheit. Ihr „Spion“ im Jungenlager war Andy Robson gewesen, der Bruder ihrer besten Freundin Poppy. Aus dieser Quelle hatte sie erfahren, dass die Jungen sie als Eisprinzessin bezeichneten. Mit diesem Titel konnte sie leben.
Seit ihrem ersten Tag auf der Secondary School hatte sie heimlich so für Gideon Ford geschwärmt, dass kein anderer Junge jemals die geringste Chance bei ihr erhielt. Allerdings war er zwei Jahre älter gewesen als sie und daher in ihren Augen unerreichbar. Deshalb hatte sie sich damit abgefunden, dass ihre Schwärmerei nicht nur heimlich bleiben musste, sondern absolut hoffnungslos war.
Als das Wunder geschah und sie für die Rolle der Julia mit Gideon als Romeo ausgewählt wurde, hätte die Eisprinzessin am liebsten triumphierend gejubelt und Rad schlagend den Campus umkreist, anstatt nur zuzugeben, dass sie ganz zufrieden mit dem Ergebnis des Castings sei.
Die Proben hatten nach dem Unterricht und für jede Szene getrennt stattgefunden. Der junge Schauspiellehrer war hoch erfreut gewesen, als er feststellte, dass sein Romeo und seine Julia nicht nur von Anfang an textsicher waren, sondern ihm eine Menge Lob einbringen würden.
Schon nach wenigen Anweisungen hatten Gideon und Felicia die Balkonszene mit der ganzen Inbrunst junger Liebender gespielt und gleichzeitig mit einer Unschuld, die geradezu umwerfend war, wie Paul Johnson seinen erstaunten Kollegen im Lehrerzimmer anvertraute.
Für Felicia war es vollkommen einfach gewesen, ein wahnsinnig verliebtes junges Mädchen zu spielen. Mit Gideon in der Rolle des Romeo hatte sie sich kein bisschen zu verstellen brauchen.
Ihre Kostüme waren von einem Theaterverleih gekommen. Felicias Kleid war aus perlfarbener Seide geschneidert. Das eng anliegende Oberteil endete in einem tiefen eckigen Ausschnitt, die langen engen Ärmel bauschten sich an den Schultern und am Ellbogen. Mr. Johnson hatte das Kleid genehmigt. Allerdings hatte er die Reaktion geahnt, wenn seine Stars zum ersten Mal vor die Zuschauer traten. Deshalb hatte er darauf bestanden, dass Romeo und Julia sich erst in letzter Minute umziehen sollten, bevor sie zur Kostümprobe auf der Bühne erschienen.
Bei der Szenenprobe davor hatte Poppy erstaunt die festen Zöpfe ihrer Freundin betrachtet, während ihr Bruder Andy als Bottom in „Ein Sommernachtstraum“ lautes Gelächter erzeugte. „Dein Make-up ist fabelhaft, Flick. Aber was ist mit deinem Haar?“
„Ich werde es gleich auskämmen und einige Perlen von meiner Großmutter darin befestigen. Aber vorher wollte ich unbedingt Andy als Star erleben.“
„Leah Porter war total sicher gewesen, dass Gideon den Oberon spielen und ihr Partner in der Rolle als Titania sein würde. Sie schäumt immer noch vor Wut, weil er dein Romeo ist“, erzählte Poppy. „Natürlich hat Andy ihr erklärt, dass sie heilfroh sein könne, ihn als Bottom bekommen zu haben.“
„Ja, das stimmt. Die beiden passen wunderbar zusammen.“
„Leah ist ziemlich sauer, weil sie euch beiden nicht bei den Proben zusehen durfte. Weshalb lässt Mr. Johnson niemanden in eure Nähe?“
„Weil wir nicht so gut sind wie die anderen, nehme ich an.“
Poppy verdrehte die Augen. „Als ob das so wäre.“
Felicia lachte mit den anderen über die hübsche blonde Leah, die Andy im „Sommernachtstraum“ heftig den Kopf verdrehte. Kurz bevor die Szene zu Ende ging, schlüpfte sie davon, um sich umzuziehen.
Miss Nesbitt, die junge Englischlehrerin, zog ihr das glitzernde Kleid über den Kopf und ließ es in Falten bis zu ihren Füßen fallen. Felicia löste ihre Zöpfe
Weitere Kostenlose Bücher