JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
konnte, sie zu berühren. Inzwischen hatte sie ihr Essen beendet und den Blick auf ihr Glas gesenkt, sodass er nicht sagen konnte, was in ihr vorging.
Ob sie genauso gelangweilt und verwirrt war wie er? Oder liebte sie den Klang von Nicks Stimme? War sie beeindruckt von seinen Geschichten und wünschte sich, dabei zu sein?
Der Kuss, dieser süße Kuss war als Botschaft für Nick gedacht, dachte Bram. Es hatte nichts mit mir zu tun, war ihm bitter bewusst geworden, und er hatte sich hinter seinen verletzten Stolz zurückgezogen. Aber es war auch ein Hinweis an ihn gewesen. Mochte Sophie auch seinen Ring tragen, war es doch Nick, an den sie dachte und den sie immer noch begehrte.
Sie hatte auch nie etwas anderes vorgegeben. Vielleicht lernte er zu akzeptieren, nur die zweite Wahl zu sein, wenn er mit Sophie verheiratet war. Das war immer noch besser, als allein zu sein. Und wenn er geduldig war, könnte sie vielleicht eines Tages auch mehr für ihn empfinden, so wie er sie plötzlich und so verzweifelt liebte.
Bis dann, entschied Bram, muss ich eben damit zurechtkommen, dass wir nur gute Freunde sind.
Erst kurz bevor sie gehen wollten bekam Sophie eine Gelegenheit, mit ihrer Schwester allein zu sprechen. Sie trafen sich auf dem Treppenabsatz, als Melissa zurück aus dem Bad kam. Die Schwestern umarmten sich. „Es ist so schön, dich wiederzusehen, Mel.“ Sophie wurde von einer Welle der Zuneigung erfasst. „Unfassbar, dass wir uns so lange nicht gesehen haben.“
Melissa klammerte sich an ihren Arm. „Mir tut es auch leid. Ich habe dich vermisst.“ Als ihre Stimme brach, hielt Sophie sie auf Armeslänge und sah ihr besorgt ins Gesicht. „Ist alles in Ordnung, Mel?“ „Natürlich.“ Verlegen wischte sie sich über die Augen. „Ich bin nur so gerührt, dich zu sehen.“ Wenig überzeugt runzelte Sophie die Stirn. „Ist mit dir und Nick alles in Ordnung?“
„Sicher. Nun ja, er ist manchmal ein bisschen … Aber ja doch, alles läuft bestens“, meinte Melissa und wechselte schnell das Thema. „Heute ist dein Abend, Sophie. Ich konnte dir noch gar nicht richtig sagen, wie sehr ich mich für dich freue. Bram ist ein wunderbarer Mensch, so freundlich und verständnisvoll …“
Sie klang wieder so, als ob sie in Tränen ausbrechen würde.
„Aber nicht doch“,meinte Sophie in dem Versuch, sie aufzuheitern. „Du hast deine Chance mit Bram gehabt. Hoffentlich änderst du deine Meinung nicht. Er gehört jetzt nämlich mir“, witzelte sie.
„Natürlich nicht.“ Melissas Lachen klang in Sophies Ohren ein wenig gezwungen. „Aber hoffentlich weißt du auch, wie glücklich du sein kannst, einen Mann wie Bram zu haben. Er ist wirklich etwas ganz Besonderes.“
Sophie dachte an Bram, seine Beständigkeit, seine Stärke und seinen offenen Blick. Und sie dachte daran, wie sicher sie sich an seiner Schulter fühlte, wie schön es war, ihn zu küssen. Tief in ihrem Inneren erwachte ein seltsames Gefühl zum Leben.
„Ja“, sagte sie. „Das weiß ich.“
„Gott sei Dank ist es vorbei“, meinte Sophie seufzend, als sie zurück nach Haw Gill fuhren.
Sie hätte zu gern gewusst, was Bram Melissa zum Abschied gesagt hatte, als er sie umarmte. Für ihren Geschmack hatte er sie ein bisschen zu lange festgehalten, und Melissa hatte sich nicht gewehrt. Stattdessen hatte sie lächelnd genickt, bis Sophies Mutter die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, um noch ein paar wichtige Dinge für die Hochzeit zu besprechen.
Nun betrachtete sie Bram unter halb geschlossenen Lidern. In dem schummrigen Licht des Armaturenbretts sah er in sich gekehrt, fast finster aus.
„War es schlimm für dich?“, fragte sie zögernd, weil sie Angst hatte vor seiner Antwort. Was, wenn er ihr gestand, dass er Melissa noch liebte. Irgendetwas war an diesem Abend passiert, so viel wusste sie. Bram hatte sie nicht zum Auto zurückgetragen wie bei ihrer Ankunft, und wenn Sophie an den Schlamm dachte, der nun an ihren schönen Schuhen klebte, hätte sie weinen mögen. Irgendwie schien ihr das ein Symbol für den heutigen Abend zu sein.
„Das war sicher nicht der schönste Abend meines Lebens“, sagte Bram. Kurz warf er ihr einen Blick zu, ehe er sich wieder der Straße zuwandte. „Nick konnte ja kaum seine Augen von dir lassen.“
Sophie spürte, wie sie in der Dunkelheit errötete. „Ich glaube, Nick gehört zu den Männern, die sich besonders dann für eine Frau interessieren, wenn sie nicht zu haben ist“, gestand sie gequält
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