JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
Kamin.“
Also wurde es der überglücklichen Bess erlaubt, sich neben dem Holzofen auszustrecken, während Sophie für Bram Tee machte und seine nassen Sachen aufhängte. Schließlich saß er in trockener Kleidung am Tisch, seine Füße in warmen Socken zum Kamin ausgestreckt.
Zufrieden seufzend nahm er einen Schluck von dem heißen Tee. „Davon habe ich draußen schon geträumt“, sagte er. „Manchmal konnte ich kaum erkennen, wohin ich eigentlich ging. Ich habe die ganze Zeit nur daran gedacht, wieder hierher zurückzukommen und in der Küche beim Feuer zu sitzen.“
Er hielt inne und warf einen Blick zu Sophie, die seine Jacke zum Trocknen über die Stange am Ofen hängte. „Und ich habe daran gedacht, dass du hier bist.“
Sophie hielt inne und sah ihn über die Schulter an. „Es ist etwas ganz anderes, wenn ich weiß, dass du hier auf mich wartest“, fügte er hinzu.
Seine Worte erfüllten sie mit unendlicher Wärme. Unfähig, den Blick von ihm zu wenden, sah Sophie ihn an und spürte, wie ihre Haut zu kribbeln begann. „Ich bin auch froh, dass ich hier bin“, sagte sie.
Die Anspannung der vergangenen Wochen schmolz dahin wie die letzten Schneeflocken auf Bess’ Decke. Erleichtert atmete Sophie auf. Jetzt würden sie endlich miteinander reden können.
In diesem Moment klingelte das Telefon und schreckte sie beide auf. „Hoffentlich ist es nicht meine Mutter, wegen der Blumen …“, meinte Sophie, als sie zum Telefon ging.
Doch es war nicht Harriet, sondern Melissa, die vollkommen aufgelöst klang. „Nick ist verschwunden“, platzte sie heraus, ehe Sophie sie begrüßen konnte. „Er wollte nachmittags durch die Heide wandern und zurück sein, bevor es dunkel wird.“
„Er ist zum Wandern gegangen?“, fragte Sophie ungläubig. „Bei diesem Wetter?“
„Er wollte testen, ob die neuen Hosen, die wir für den Laden geliefert bekommen haben, die Kälte abhalten“, erklärte Melissa. „Er sagte, er ginge nur den Pike Fell hinauf und dann über die Heide bis zu dir und die Straße wieder zurück. Die Route ist ja unkompliziert.“
„Aber nicht bei einem Blizzard“, warf Sophie ein.
„Er ist gut ausgerüstet“, wehrte Melissa ab. „Er weiß, was er tut. Schließlich ist er kein Dummkopf.“
Sophie sagte nichts dazu. „Hast du schon die Bergwacht angerufen?“
„Nein! Nick würde sich bloßgestellt fühlen und mich umbringen.“
„Er könnte doch verletzt sein, Melissa. Wir müssen ihn suchen.“
„Er würde nie die Route verlassen“, beharrte Melissa. „Wir müssen niemand anders benachrichtigen. Wenn du vielleicht Bram bitten könntest, auf seinem Land zu suchen. Ich bin sicher, dass er ihn finden wird. Wahrscheinlich ist er nur ausgerutscht und kann nicht mehr so schnell gehen.“
Oder er ist bewusstlos oder hat sich bei dem Blizzard verlaufen. Hilflos sah Sophie zu Bram. Er war erschöpft und wäre sicher nicht angetan, noch einmal in den Schnee hinaus zu müssen. Doch ihm blieb wohl keine andere Wahl. Denn bei der eisigen Kälte durften sie nicht riskieren, dass Nick die Nacht draußen verbringen musste.
Bram hatte Sophies Teil des Gesprächs mitbekommen und konnte sich zusammenreimen, was passiert war. Er stand auf und nahm ihr den Hörer aus der Hand.
„Wann ist Nick losgegangen, Melissa. Und wohin wollte er?“ Er hörte kurz zu. „Also gut. Du informierst jetzt die Bergwacht. Wenn du es nicht machst, werde ich es tun. Und sag ihnen, dass ich unterwegs zum Pike Fell bin.“ Sein Ton wurde weicher. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde ihn für dich finden.“
Als er den Hörer auflegte, sah er, dass Sophies Gesicht leichenblass war. Offenbar hatte sie große Angst um Nick. Er fasste sie sanft an den Oberarmen. „Man sollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen, aber es besteht kein Grund zur Panik. Melissa sagt, dass Nick die richtige Ausrüstung dabeihat.“
Sophie hatte im Moment mehr Angst um Bram als um Nick, aber sie wusste, dass es sinnlos war, ihn zurückzuhalten. „Ich
ziehe mir nur schnell ein paar warme Sachen an.“
Bram runzelte die Stirn. „Du musst nicht mitkommen.“
„Doch. Ich lass euch beide da draußen nicht allein. Du bist müde, da kann leicht etwas passieren. Du weißt, dass es besser ist, wenn wir zu zweit sind.“
Als sie wieder herunterkam, wartete Bram komplett ausgestattet auf sie, mit zwei Taschenlampen in der Hand. Eine gab er Sophie, nachdem sie ihr Ölzeug angezogen und sich ein breites Wolltuch über den Hut geschlungen
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