Julians süßes Blut (German Edition)
Leben.
Claudia zeigte ihm die restlichen Räume des Hauses, die er bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Der große Pool im Haus überraschte Julian. Alex hatte sich erst vor zwei Jahren dazu entschlossen, denn der Anbau sollte ebenso luxuriös gestaltet werden wie das übrige Haus. Staunend betrat Julian den riesigen, mit quadratischen grauen Fliesen ausgelegten Raum. Das hellblaue Wasser war völlig still. Es gab Unmengen von Grünpflanzen, die in den Ecken neben einigen dunkelblauen Liegestühlen standen. George kümmerte sich darum. Der Rand des Beckens war ein wenig hochgezogen und ebenfalls gefliest.
»Darf ich nachher ein bißchen schwimmen?« fragte Julian und ließ seine Hand durch das angenehm warme Wasser gleiten.
»Selbstverständlich. Momentan regnet es, und es sieht auch nicht so aus, als würde der Regen nachlassen«, plauderte Claudia vor sich hin. »Da kann man besser im Haus bleiben. – Mit deiner Hand ist wieder alles in Ordnung?«
Julian nickte unsicher. »Ja, sie muß doch nicht operiert werden.«
»Gut«, sagte Claudia schlicht. Damit schien das Thema für sie erledigt. »Möchtest du auch noch die Bibliothek sehen?«
»Ja, gern.«
Julian war froh, nicht weiter über die mysteriöse Heilung seiner Hand sprechen zu müssen. Er folgte Claudia in die gemütlich eingerichtete Bibliothek. Sie war ganz in dunkelgrün gehalten. Schwere grüne Samtvorhänge, eine dunkelgrüne Sitzecke und die Bücherregale bis unter die Decke mit den unterschiedlichsten Büchern gefüllt. Julian vermutete, daß einige dieser Bücher unendlich viel wert waren. Es gab bestimmt Sammler, die für das eine oder andere Buch einen Mord begangen hätten. Ein kleineres Gemälde hing an der einzigen freien Wand über der Sitzecke. Es zeigte einen ungewöhnlich hübschen, blonden Jungen, mit auffallend schräg nach oben auslaufenden Augen. Sein Gesichtsausdruck war freundlich, aber leicht spöttisch. Er trug schlichte schwarze Kleidung, eine schwarze Jeans, einen schwarzen Pullover.
»Wer ist das?« fragte Julian.
Claudia zog erstaunt die Augenbrauen hoch und sah ihn aus ihren freundlichen grauen Augen an. »Das ist Gabriel. Hast du ihn noch nicht kennengelernt?«
Julian schüttelte den Kopf und starrte weiter auf das Gemälde. Der Junge konnte kaum älter sein als er selbst. Es wirkte seltsam, daß er sich mit moderner Kleidung hatte malen lassen. Exzentrisch, aber eigentlich auch nicht merkwürdiger, als die anderen Bewohner dieses Hauses.
»Darf ich ein bißchen hierbleiben?« bat Julian und stöberte durch die hohen Bücherregale. Bücher faszinierten ihn. Er wollte so gern einen kleinen Überblick bekommen, welche Bücher Alex hier archiviert hatte.
»Ja, natürlich. Wenn du etwas essen möchtest, ich bin in der Küche.« Claudia verschwand und ließ ihn allein in der Bibliothek zurück.
Julian fand Bücher, die noch aus der Zeit der Renaissance stammten. Wahrscheinlich waren sie schon immer in Alex’ Privatbesitz gewesen. Alte, verstaubte Dinger, die er kaum anzufassen wagte. Denn er hatte Angst, sie würden sich in seinen Händen zu Staub auflösen. Aber sie waren in ihrem Alter einfach wunderschön. Was sie schon alles gesehen hatten? Doch Alex hatte auch sehr neue Bücher in seinen Regalen stehen. Enzyklopädien aus allen Jahrhunderten seit Alex’ Geburt, philosophische Bücher, Sachbücher aus unterschiedlichsten Zeitaltern, aber auch Romane, Lyrik, Poesie. Die Vielfalt erschlug Julian fast. Er nahm einige Bücher heraus, blätterte darin, stellte sie wieder zurück. Nahm andere aus den Regalen und setzte sich schließlich mit einem kleinen Stapel an den kleinen dunkelbraunen Holztisch, der vor der grünen Sitzecke stand.
Julian wußte gar nicht, wie lange er schon in der Bibliothek gesessen hatte, da trat Claudia an ihn heran.
»Julian? – Ein Arzt ist hier, der die Fäden über deiner Augenbraue ziehen soll.«
Der Junge nickte und stand etwas schwerfällig auf. Wer hatte den Arzt angerufen? Er selbst war es auf jeden Fall nicht gewesen. René vielleicht?
Er folgte Claudia in den Flur und dann in ein kleines, etwas versteckt liegendes, Wohnzimmerchen, das ihm vorher noch nicht aufgefallen war. Es war in einem gemütlichen Beige eingerichtet, mit langen, aufgebauschten Vorhängen vor den Fenstern.
In der Mitte des Zimmers stand ein zierlicher grau-haariger Mann, mit freundlichen braunen Augen.
»Hallo«, sagte er und gab Julian die Hand. »Mein Name ist Hunt.«
»Tag, Mr. Hunt.« Julian setzte sich
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