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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman
Autoren: Andreas Franz
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dem ich die schmutzige, blutverschmierte Kleidung durch Zufall in der Regentonne entdeckte. Aber ich wollte es nicht wahrhaben. Ich habe heute den ganzen Morgen gegrübelt, warum ausgerechnet Patanec... Und irgendwann fiel mir ein, daß ich ihm so viel über Daniel und mich erzählt hatte, unter anderem das mit dem Glas. Patanec war nicht dumm, er konnte eins und eins zusammenzählen. Außerdem waren er und mein Mann beste Freunde. Wahrscheinlich hat Patanec versucht, Daniel zu helfen.« »Inwiefern helfen?«
»Er hätte wahrscheinlich versucht, die Hintergründe herauszufinden, aber Daniel ist verschlossen wie eine Auster. Er wird niemals irgend jemandem Zutritt zu seiner Seele 248 gestatten. Ich habe es in all den Jahren nicht geschafft, und wenn ich schon nicht...« »Sie werden klarkommen?« fragte Julia Durant. »Ich habe ohnehin mit dem Gedanken gespielt, mich scheiden zu lassen. Irgendwann wollte ich das, irgendwann, wenn ich die Kraft dazu gehabt hätte. In einem Jahr, in zehn Jahren.« Ihre Mundwinkel zuckten, ihre Nasenflügel bebten, sie stand auf, ging zur Bar, schenkte sich und Julia Durant ein, ohne sie zu fragen. Ihre Hände zitterten, sie kam, reichte Durant das Glas. Sagte gequält lächelnd: »Aber der Gedanke, mit einem Massenmörder verheiratet zu sein, ist trotzdem nicht einfach zu verkraften. Nein, er ist geradezu unerträglich. Ich habe mich gewundert und gewundert, warum er mir gegenüber in den letzten Jahren immer abweisender geworden ist, jetzt endlich habe ich die Erklärung dafür. Wenn ich nur wüßte, warum er es getan hat?! Er konnte doch nie auch nur einer Fliege etwas zuleide tun. Doch wie es aussieht, habe ich den wahren Daniel Tomlin nie gekannt.« »Was werden Sie jetzt tun?«
Susanne Tomlin lächelte, deutete auf ihr Glas, sagte: »Vielleicht das hier.« »Nicht Sie haben die Verbrechen begangen. Sagten Sie nicht, daß Sie ein Haus in Frankreich haben? Warum fahren Sie nicht dorthin, nehmen Ihre Kinder mit und wenn es sein muß, einen Privatlehrer. Sie können es sich doch leisten.«
»Mal sehen, vielleicht.«
Die Kommissarin holte aus ihrer Tasche eine Visitenkarte und reichte sie Susanne Tomlin. »Hier, rufen Sie mich an, wenn Sie Hilfe brauchen. Ich bin immer für Sie zu sprechen.«
»Danke«, sagte Susanne Tomlin und hielt die Karte in der Hand. »Ich werde vielleicht sogar darauf zurückkommen.«
Julia Durant stand auf, um zu gehen. Susanne Tomlin hielt sie zurück. »Warum bleiben Sie nicht noch einen Moment? Nur einen Augenblick, bitte!« Ihre Augen hatten etwas Flehendes, Julia Durant wollte nicht nein sagen. Zuckte mit den Schultern, sagte: »Einverstanden, ich habe im Augenblick sowieso nichts mehr zu tun.«

Mittwoch, 21.00 Uhr
    Berger hatte seinen Friedhofsbesuch beendet, er hatte das Bedürfnis, diesmal ausnahmsweise nicht am Donnerstag, sondern schon am Mittwoch zu gehen. Er lehnte sich an den Kastanienbaum direkt neben dem Grab. Er sprach zu seiner Frau, stellte sich vor, sie würde ihn hören und verstehen. Er erzählte ihr von seinen noch geheimen Plänen, das Haus zu verkaufen und wegzuziehen. Er bat sie, ihm nicht böse zu sein deswegen, aber er meinte, daß es besser für ihn und auch für Andrea wäre. Die Wohnung war, wie so oft, leer. Zwei Weingläser in der Spüle, zwei Teller. Aber die Wohnung war aufgeräumt, Andrea hatte gesaugt und staubgewischt. Berger war müde, die vielen Überstunden der vergangenen Wochen hatten an seinen Kräften gezehrt, er war ausgelaugt. Schaltete das Radio ein, holte sich die Flasche Wodka aus dem Barfach, aus dem Kühlschrank eine Flasche Cola. Mischte halb Wodka, halb Cola. Der Wetterbericht sagte für die kommenden Tage weitere Abkühlung voraus, stürmische Winde. Regen, im Taunus sogar der erste Schnee.
Er zog die Schuhe aus, legte die Beine auf den Tisch. Mit einer Fernbedienung schaltete er das Radio wieder aus, mit der anderen den Fernsehapparat ein. Drückte die Programme der Reihe nach durch, bis er bei einem haltmachte, das ihm zusagte. Sah aber nicht hin, sondern schloß die Augen und legte den Kopf zurück, während er das Glas in Händen hielt.
Berger nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Glas. Allmählich wurde ihm wohler, aber er war allein. Und auf Andrea brauchte er auch nicht mehr zu zählen, sie wurde flügge, bald bereit, das Nest zu verlassen. Ein paarmal schon hatte er überlegt, das für zwei Personen viel zu große Haus zu verkaufen, andererseits hingen viele Erinnerungen daran. Die meisten davon
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