Jung, blond, tot: Roman
in welcher Form auch immer.« »Auch Ihre Frau?«
»Meine Frau geht Sie nichts an! Warum fragen Sie nach ihm?«
»Nur so. Ich dachte, jeder, der hier wohnt, hat irgendeinen Neurotiker in der Familie, der einen Therapeuten braucht oder zumindest das Bedürfnis hat zu wissen, was die Zukunft bringt. Was ist mit Maureen Nettleton und Carola Preusse? Kannten Sie die?« 116 »Wie mein Sohn, nur dem Namen nach.« »Und Annette Schubert?«
»Tragisch, sehr, sehr tragisch! Dieses Mädchen tut mir am meisten leid, ehrlich. Sie hatte eine glorreiche Zukunft vor sich. Sie war ein feines Mädchen, und wenn ich fein sage, dann meine ich das auch. Sie hatte etwas Edles an sich. Tut mir auch um die Eltern leid, auch wenn die Mutter ein Rad abhat, wie Sie vielleicht schon bemerkt haben...« »Wie meinen Sie das?«
»Sie treibt's mit Männern und Frauen. Und ihre Kinder wissen das.«
»Sie sind, wie mir scheint, bestens informiert.«
»Hier ist man immer bestens informiert, Verehrteste. Aber sagen Sie, was macht eine attraktive Frau wie Sie bei der Polizei? Für Sie müßte es doch normalerweise Besseres geben!«
»Kommt drauf an, was man unter besser versteht. Ich fühle mich jedenfalls rundum wohl. Ich komme mit netten, zuvorkommenden, höflichen Menschen zusammen, und ich wate gerne durch den Sumpf, den andere anlegen. Und ich habe schon eine Menge Sumpf trockengelegt.« »Und Sie sind verdammt spöttisch und selbstsicher! Passen Sie auf, daß der Sumpf Sie nicht verschlingt oder Sie auf Treibsand geraten. Wie heißt es doch so schön: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.« »Ich liebe die Gefahr, Herr Menzel. Und nochmals vielen Dank, daß Sie mir Ihre kostbare Zeit geopfert haben.« Julia Durant erhob sich gleichzeitig mit Menzel, hängte sich die Tasche über die Schulter. Er hatte einen festen Händedruck, ein Erfolgsmensch, sie glaubte fast, er wäre in der Lage, auf den Grund ihrer Seele zu blicken. Zumindest ausgezogen hatte er sie mit seinen Augen. »Tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht weiterhelfen konnte. 117 Sie werden es trotzdem schaffen, diesen Widerling zu finden, der unsere Töchter abschlachtet.« »Sie haben auch eine Tochter?«
»Ja, aber sie ist in Salem im Internat. Sie kommt nur sehr sporadisch nach Hause, und außerdem ist sie brünett. Ich glaube, ich brauche um sie keine Angst zu haben.« Um kurz nach achtzehn Uhr klingelte sie bei den Bernhardts. Catherine Bernhardt ließ Durant eine Weile vor der Tür stehen, sie war sichtlich verärgert über die unerwartete Störung, fertigte Julia Durant bereits im Flur ab. Aus Nicoles Zimmer im ersten Stock dröhnte laute Musik. »Entschuldigen Sie die erneute Störung«, sagte die Kommissarin, »aber ich brauche nicht länger als zwei Minuten. Kennen Sie jemanden mit der Initiale A.?« »Nein«, sagte Catherine Bernhardt schroff. »Fragen Sie Nicole.« Sie stellte sich an den unteren Treppenabsatz und schrie: »Nicole!«, und als keine Reaktion erfolgte, noch eine Idee lauter: »Nicole!!«
Die Musik wurde leiser gedreht, Nicole kam aus dem Zimmer. Sie erblickte die Besucherin und kam die Treppe herunter. Sie trug Jeans und eine schlabbrige, helle Bluse. »Was ist?« fragte sie, blieb in provozierender Pose auf der letzten Stufe stehen. »Die Kommissarin will wissen, ob du jemand mit der Initiale A. kennst?« »Sie stellen vielleicht Fragen! Steht der Buchstabe für den Vor- oder Nachnamen?« »Keine Ahnung.« »Andreas Menzel.«
»Der gerade nicht. Sabine hat ihn in ihrem Tagebuch mit A. M. abgekürzt. Es muß noch jemanden geben. Überlegen Sie bitte, es ist wichtig.« »Warum suchen Sie danach?« fragte Frau Bernhardt. »Nachdem Sabine mit Andreas Schluß gemacht hat, begann sie eine neue Affäre, doch diesmal verwendete sie nur das Kürzel A. Er muß älter sein, verheiratet und wahrscheinlich Kinder haben. Wer könnte dieser A. sein?« »Oh, da fällt mir doch tatsächlich einer ein - Alexander Menzel. Aber der wird wohl kaum in einem Tagebuch von Sabine auftauchen«, sagte Catherine Bernhardt spöttisch. »Ach ja, noch einer - Alexander Patanec. Wow, gleich zwei! Aber das sind nur Vornamen. Was, wenn das A. für einen Nachnamen steht? Sie müssen zugeben, ein Buchstabe allein ist verdammt wenig. Sie hätten sich Ihren Besuch bei uns sparen können.« »Was wissen Sie über die beiden?« »Patanec und Menzel?« Catherine Bernhardt lachte schrill auf. »Sie sind vielleicht naiv! Die beiden haben andere Sachen im Kopf, als kleine Mädchen zu verführen.«
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