Junge Liebe 050 - Bye,bye, Mauerblümchen
mein Leben allein entscheiden. Du lässt dir ja auch nicht reinreden. Leben und Leben lassen, okay?”
Sie knirschte unaufhaltsam mit den Zähnen. „Wehe du kommst an und brauchst meine Hilfe!”
Stirnrunzelnd dachte ich nach, ob der Fall eintreffen könnte. Hilfe von Großmutter bei Mädchen? Lachhaft. Nein, mir wollte partout nichts einfallen. „Ich denke, die Gefahr besteht nicht.”
„Denk an meine Worte, Jacob.”
Ich sah sie nur resigniert an. „Irgendwie hatte ich immer gedacht, dass du mich … ja, lieb hast. Aber scheinbar hab ich mich geirrt. Hm … noch was anderes”, unterbrach ich sie, denn sie hatte schon den Mund geöffnet, doch egal, was da rauskommen würde, ich wollte es nicht hören, „du solltest in Dads Arbeitszimmer gehen und im Lexikon unter Toleranz nachschlagen. Traurig, dass man das einer erwachsenen Person sagen muss.” Ich öffnete die Küchentür, drehte mich aber nochmal um. „Schlägst du mich nochmal, schlag ich zurück.” Hölle, ich war mir sicher, dass mein Blick genauso kalt war wie meine Stimme. Zumindest mir bescherte sie eine heftige Gänsehaut. Ich musterte meine sprachlose Großmutter noch einen Moment, dann verließ ich die Küche. Zurück im Wohnzimmer lächelte ich, denn Mum und Dad saßen noch immer Händchenhaltend auf dem Sofa. „Das ist ein schönes Bild, das gefällt mir.” Ich nahm meine Kaffeetasse in die Hand, als Mum aufstand und auf mich zukam.
„Jake, ich wollte dir wirklich nie etwas Böses. Vielleicht habe ich es mit meiner mütterlichen Fürsorge übertrieben”, sagte sie leise, was mich heftig nicken ließ.
„Oh ja, ich erinnere nur mal an die Rasierer.”
„Bitte, Jake. Ich möchte mir nicht vorstellen, was du alles rasiert hast”, verzog sie augenblicklich das Gesicht, was mir ein freches Grinsen entlockte.
„Alles …”, nuschelte ich und sofort ging ihr Blick gen Süden. „Ich werd es dir nicht zeigen, Mum. Vergiss das gleich wieder.” Schnell drückte ich meiner Mutter einen Kuss auf die Wange. „So, ich leg mich jetzt etwas hin. Ich würde heute Abend gern ausgehen.”
„Aber nicht, dass du wieder verheult nach Hause kommst.”
„Hm … kann man nie wissen. Nein, ich hoffe nicht. Der gestrige Abend war eine komplette Pleite. Ich hoffe, heute wird es besser.”
Daraus wurde leider nichts, denn am Nachmittag brach bei mir die schönste Kotzerei aus, die ich in meinen achtzehn Jahren erlebt hatte. Was auch immer mir auf den Magen geschlagen war, es wollte dringend wieder raus und ich hatte keine Chance. Das Ganze zog sich bis Donnerstag hin, was mir das Gefühl bescherte, nicht nur zehn Kilo leichter zu sein, sondern auch für die nächsten drei Jahre vorgeschlafen zu haben. Leider entwickelte sich Mum in ihre Mami-Rolle zurück und betüttelte mich vierundzwanzig Stunden am Tag. Dass ich einfach nur schlafen wollte, registrierte sie gar nicht. Immer wieder brachte sie Tee und Suppe, so dass ich mich bald wie eine Tüte Wasser fühlte. Als ich Tee und Suppe schließlich verweigerte, konnte sie Dad nur schwer davon abhalten, nicht den Notarzt zu rufen, da ja die Gefahr bestand, dass ich binnen drei Stunden komplett austrocknen könnte.
Am Freitag quälte ich mich nachmittags aus dem Bett und betrachtete mich im Spiegel. „Himmel, so krieg ich bestimmt keine ab”, murmelte ich. Ich war blass und meine Haare sahen scheußlich aus, eine Rasur war dringend notwendig, überall, im Großen und Ganzen: Ich sah scheiße aus.
Mühsam stieg ich in meine Klamotten. Das erste, was ich brauchte, war etwas Vernünftiges zu essen. Also steuerte ich die Küche an, wo Großmutter stand und das Mittagessen zubereitete.
„Na, wieder auf den Beinen?”
„Ja, so halbwegs. Ich brauche dringend etwas Vernünftiges zu essen. Ich fühle mich irgendwie ausgehungert.”
„Du solltest langsam beginnen, Jake. Toast, Suppe …”
„Großmutter, ich habe tagelang langsam gemacht. Ich habe nicht vor, mir jetzt ein fettiges Steak reinzuziehen, auch wenn es verdammt verlockend klingt. Nein, eher …” Ich hatte den Kühlschrank geöffnet und Hähnchenbrust und Reis vom Vortag gefunden. „Das sieht doch gut aus. Das mach ich mir jetzt warm.”
Großmutter sah so aus, als wolle sie mir widersprechen, doch ein kurzer Blick meinerseits und sie hielt den Mund. Das musste ihr wirklich schwer fallen. In mich hineinkichernd stellte ich den Teller mit Hühnchen und Reis in die Mikrowelle, die ich dann startete, im Background ein leises Schnauben
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