Junger, Sebastian
umgefallen sind, und andere haben sich zusammengerollt
wie Kinder und die Decken bis zum Kinn hochgezogen. Sie sind umgeben von Gewehren
und Funkgeräten und Munition und Raketenwerfern und, hier und da, Magazinfotos
von Frauen in Bikinis. (Wenn diese Frauen wüssten, wo sie gelandet waren, wenn
sie wüssten, dass man sie zwischen alten Fliegenfängerstreifen und Gurten mit
SAW-Munition angebracht hatte.) Eines frühen Morgens wird ein halbes
AK47-Magazin vom Kamm über uns abgefeuert, und ich wache auf und denke, es ist
nur ein böser Traum, bis alle gleichzeitig kapieren und übereinanderstürzen, um
nach Gewehren und Granaten zu greifen, und dann aus der Tür drängen und halb nackt
im grauen Licht stehen.
»Das
war's?«, sagt einer. »Ein einziger Feuerstoß?«
»Schwach«,
sagte Moreno und geht weg. Es ist die erste Feindberührung seit über zwei
Wochen, und niemand kann sich zusammenreimen, ob die Amerikaner tatsächlich
gewinnen oder ob der Feind sich entschieden hat, eine Weile nicht mehr zu
kämpfen. Manchmal konnte der Krieg völlig aussichtslos erscheinen - Imperien
gewinnen so was fast nie -, und dann wieder besann man sich darauf, dass es dem
Feind auch nicht besonders gut erging. Er kommt selten näher als fünfhundert
Meter heran, er trifft nur selten einen Gegner, und bei den zum Schluss
folgenden Luftangriffen verliert er gewöhnlich fünf oder zehn Kämpfer. Und
schlimmer noch: Die Einheimischen scheinen das Konzept des Dschihad allmählich
sattzuhaben. Bei einer Patrouille gibt ein alter Mann Patterson die Namen von
drei Führern der Aufständischen inYaka Chine, weil ihre Kämpfer nach Einbruch
der Dunkelheit in Loy Kalay auftauchen und die Einwohner belästigen. Er sagt,
dass die Kämpfer Uniformen tragen und Nachtsichtgeräte und dass sie die Stadt
stets vor Morgengrauen verlassen. »Sie nahmen meinen Sohn aus der Moschee mit
und hätten ihn beinahe umgebracht, weil er Tabak rauchte und keinen Bart
hatte«, sagt der alte Mann. »Das sind die alten Taliban-Regeln.«
Stichter
fragt ihn, wie die Chancen stehen, dass wir auf dem Weg aus der Stadt
beschossen werden, und der alte Mann zuckt nur die Achseln. »Das weiß nur Gott
allein«, sagt er.
»Ich würde
sagen, die Chance steht bei ungefähr fünfundsiebzig Prozent«, sagt mir
Stichter, als wir uns zum Gehen wenden.
Auf dem
Rückweg bleiben wir unbehelligt. Ein paar Tage später sitzen wir alle im
Innenhof von Restrepo, als übers Funknetz der Company die Nachricht kommt, dass
ein Trupp pakistanischer Taliban gerade einen Grenzposten angegriffen hat, den
eine Spezialeinheit afghanischer Soldaten hielt. Die Taliban schossen über die
Grenze aus Stellungen, die vom Pakistani Frontier Corps gehalten wurde. Die
Afghanen riefen daher nach Luftunterstützung gegen die Stellungen des Frontier
Corps. Colonel Ostlund orderte vier weitere Bomben, die eine andere Gruppe
Angreifer treffen sollten, die gerade über die Grenze geflohen war. Sie wurden
alle getötet. »Wenn wir einen Krieg gegen Pakistan führen, bin ich wieder
dabei«, sagt O'Byrne. In der Hitze des späten Nachmittags trägt er kein Shirt,
und er sitzt auf einem Klappstuhl, den jemand einem Sergeant First Class in
Kuwait gestohlen hatte. Den Namen des Sergeant - Eider - hat man mit Magic Marker
hinten auf den Stuhl geschrieben, und jetzt steht er in Restrepo und wird
beschossen. In die Armlehne ist sogar ein Getränkehalter eingebaut.
Die Männer
wissen, dass die Wurzeln des Krieges in Pakistan wuchern, und das ist so gut
wie das einzige Thema, über das sie politisieren. Ihnen ist relativ
gleichgültig, was in Afghanistan geschieht - sie haben kaum Interesse daran,
was am Pech passiert -, aber Tag für Tag hören sie Berichte über neue Kämpfer,
die aus Pakistan kommen, und über die Verwundeten, die dorthin zurückkehren.
Dem Vernehmen nach gibt es ein Krankenhaus in Pakistan, das ganz darauf
eingerichtet ist, Aufständische zu behandeln. Irgendwo im Tal befindet sich ein
Felsbrocken mit dschihadistischen Graffiti, die aber in Arabisch und nicht auf
Paschtunisch abgefasst sind, weil die Einheimischen von diesem Krieg nicht so
angetan sind wie die Fremden. Man brauchte nicht in der Army zu sein, um gewahr
zu werden, dass Pakistan in der Tat gegen Amerika Krieg führte, aber die
Regierung zu Hause weigerte sich, das einzugestehen, geschweige denn in Aktion
zu treten. Jetzt aber bombardiert ein amerikanischer Colonel pakistanische
Truppen in ihrem eigenen Land, und die Meinung dazu in
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