Junger, Sebastian
theoretisches Wissen, aber nicht viel Erfahrung, und daher
wird ihnen ein Platoon Sergeant zur Seite gestellt, der meistens schon seit
Jahren in der Army ist. Der Sergeant des 2 nd Platoon war der
Berufssoldat Mark Patterson, der mit dreißig gerade mal zwölf Jahre älter war
als der jüngste Mann der Einheit. Die Männer nannten ihn Pops. Patterson war
sowohl Antreiber als auch Sprecher des Platoons, und seine Rolle gab ihm die
Möglichkeit, nicht nur die einfachen Soldaten, sondern auch die Lieutenants im
Auge zu behalten. Sein Gesicht lief hellrot an, wenn er zornig wurde oder sehr
hart arbeitete, und es gab keinen im Platoon, dem er nicht hätte
davonmarschieren können. Ich habe ihn niemals nervös gesehen, nicht einmal im
Kampf, und verängstigt erst recht nicht. Er kommandierte seine Männer, als
regele er den Verkehr.
Die Männer
des 2 nd Platoon stammten vom amerikanischen Festland, aber auch von
vielen anderen Orten, die das amerikanische Experiment im Rest der Welt
angetastet hat: den Philippinen und Guam und Mexiko und Puerto Rico und Südkorea.
Der Schütze Jones von derWeapons Squad behauptet, als Drogendealer Tausende
Dollar verdient zu haben, bevor er zur Army ging, um nicht auf den Straßen von
Reno umgebracht zu werden. O'Byrnes MannVaughn war am 11. September elf Jahre
alt gewesen und hatte sich augenblicklich entschieden, zur US-Armee zu gehen.
Sobald er alt genug war, setzte er den Entschluss in die Tat um. Danforth war
zweiundvierzig und hatte sich im Jahr zuvor verpflichtet, weil er sich
langweilte; die anderen nannten ihn Old Man und stellten eine Menge scherzhafter
Fragen zu Vietnam. Da gab es einen Private namens Lizama, der behauptete, seine
Mutter sei in Guam Kongressabgeordnete, und den Private Moreno aus Beeville in
Texas, der im Staatsgefängnis gearbeitet hatte und ein vielversprechender Boxer
gewesen war, bevor er Soldat wurde. Und da war ein Sergeant, dessen Vater
gegenwärtig im Irak diente und beinahe von einer Straßenrandbombe getötet worden
wäre.
Die Army
kennt viele Vorschriften, was die Kleidung der Soldaten betrifft, doch je
weiter man von den Generälen entfernt ist, desto weniger werden diese Regeln
beachtet, und der 2 nd Platoon war so weit von allen Generälen
entfernt, wie es nur ging. Als der Einsatz immer länger andauerte und sie immer
tiefer in feindliches Territorium vorstießen, wurde es manchmal schwierig
festzustellen, ob man überhaupt amerikanische Soldaten vor Augen hatte. Sie
trugen ihre Hosen lose über den Stiefeln, hängten sich Amulette um den Hals und
schlurften durch den Outpost in Flip-Flops, die sie sich aus dem Styropor
gebastelt hatten, mit dem die Transportkisten für Raketen ausgepolstert waren.
Gegen Ende ihrer Dienstzeit absolvierten sie Feuergefechte in nichts als
Turnhosen und ungeschnürten Stiefein, permanent eine Zigarette zwischen den
Lippen. Wenn es zu heiß wurde, schnitten sie ihren Hemden unter den Achseln die
Ärmel ab und legten dann den Schutzanzug an, damit sie weniger schwitzten, aber
immer noch so aussahen, als seien sie in Uniform. Sie hatten lange Messer bei
sich, und ein Mann ließ es sich zeitweilig nicht nehmen, bei sämtlichen
Operationen ein kurzes Samuraischwert im Gürtel zu tragen. Auf dem Felsgestein
rissen sie ihre Hosen in Fetzen, und gelegentlich mussten sie deswegen mehr
oder weniger entblößt auf Patrouille gehen. Einige hatten sich »INFIDEL« in
großen Lettern quer über die Brust tätowieren lassen. »So nennt uns doch der
Feind im Funkverkehr«, erläuterte ein Mann. »Warum also nicht?« Andere
schmückten sich mit Tätowierungen von Engelsflügeln, die sich aus Geschossen
oder Bomben spreizten. Die meisten Männer waren Anfang zwanzig, und viele von
ihnen kannten nichts als Krieg und das Leben zu Hause bei den Eltern.
Gefallene
oder verwundete Männer wurden umgehend durch Cherrys ersetzt, und wenn die
älteren Männer sich zu sehr langweilten, hetzten sie diese Cherrys manchmal
aufeinander los. Da die Frischlinge im Kampf ohne Waffen ausgebildet waren,
wussten sie genau, wie man jemandem die Luft nehmen konnte: Wenn man es richtig
anpackt und den Unterarm auf die Halsschlagader presst, verliert der
Kontrahent innerhalb von Sekunden das Bewusstsein. (... und stirbt nach zwei
Minuten, wenn man den Druck beibehält.) Einem Kameraden die Luft abzuwürgen
war ein beliebter Sport, und daher achteten die Soldaten stets darauf, dass sie
im Rücken Deckung hatten und sich niemand von hinten anschleichen
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