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Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Titel: Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Jetzt, im Winter, hatten sie gerade wieder ihre kalte Phase, und man musste die Anoraks anbehalten, wenn man sich keine Erfrierungen im Unterricht zuziehen wollte.
    Um unsere Blutzirkulation anzuregen, hatten wir uns angewöhnt, vor dem Unterricht das »Füßetretenspiel« zu spielen. Die Regeln hierzu sind sehr einfach: Man muss versuchen, dem Gegenüber auf die Füße zu treten, bevor er es tut. Ein lustiges und herzerwärmendes Spiel, solange man gewisse Rücksichten nimmt. Aber heute hatte ich Pech. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich Simon vor mir auf, täuschte links an und erwischte mit dem rechten Fuß meine linke Schnürstiefelette.
    »Gewonnen!«, keuchte er und blieb etwas unsicher mit seinen geschätzten neunzig Kilo Lebendgewicht auf meiner Stiefelette stehen, wie ein verhinderter Großwildjäger, der statt eines Nashorns eine Babyschildkröte erwischt hat und nicht weiß, ob er sich darüber freuen soll.
    Ich hingegen wurde vor Schmerzen stumm. Ungefähr so muss es sich anfühlen, wenn einem ein Schwertransporter über den Fuß rollt.
    Ich reagierte rein instinktiv, wie wohl jeder, dem ein Schwertransporter über den Fuß rollt. Ich schubste Simon mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft von mir. Da er das ganze Gewicht auf seinen rechten und damit meinen linken Fuß verlagert hatte, geriet er aus dem Gleichgewicht, taumelte nach hinten und krachte mit voller Wucht gegen die Wand. Genauer gesagt, krachte er nicht nur gegen die Wand, sondern durch sie hindurch und somit in den Klassenraum nebenan.
    Wir erstarrten samt und sonders zu Salzsäulen, besonders ich und Simon. Nebenan hatte nämlich der Unterricht schon begonnen, und die staunten nicht schlecht, als Simon so plötzlich und unerwartet durch die Wand kam. Wenn man denn so etwas überhaupt eine Wand nennen kann. Es war ja nicht mehr als eine popelige Gipskartonplatte, von beiden Seiten mit Tapete beklebt. Das konnten wir jetzt, wo das große Loch drin war, deutlich sehen.
    Der Lehrer der anderen Klasse half Simon auf die Füße und klopfte ihm den Staub von den Klamotten. Er grinste ein bisschen dabei, und wir alle waren kurz davor, der Sache etwas Komisches abzugewinnen. Zumal Simon sich offensichtlich nicht wehgetan hatte.
    Leider kam in diesem Augenblick die Klemperer zur Tür herein. Sie sah das Loch in der Wand und den Kollegen auf der anderen Seite und stemmte die Hände in die Hüften: »Wer war das?«
    »Ich nicht«, beteuerte Meinrad, der alte Schleimscheißer, hastig.
    Simon schob sich durch das Loch wieder in unseren Raum zurück. »Es war ein Unfall«, stotterte er.
    »Ein Unfall, so, so.« Die Klemperer streckte den Kopf vor. »Wem wolltest du denn damit imponieren? Hältst du dich vielleicht für Rambo?«
    Wer, zur Hölle, war Rambo?
    »Sicher ihr Exmann«, flüsterte Kati mir zu.
    Zwischen seinen Pickeln war Simon rot angelaufen. »Ähm . . . ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte«, murmelte er.
    »Du weißt nicht, wie das passieren konnte?« Sie baute sich bedrohlich vor Simon auf. »Du weißt nicht, wie das passieren konnte, dass du Schuleigentum mutwillig zerstörst?« Sie kam zunehmend in Fahrt. »Dafür weiß ich nur zu gut, was heute Nachmittag passiert! Deine Eltern bekommen nämlich einen Anruf. Von mir.« Sie wandte sich zu uns um. »Auf eure Plätze.«
    Wir schlurften zu unseren Stühlen, während Simon unglücklich den Kopf hängen ließ. »Ich wollte das doch gar nicht«, sagte er und da krampfte sich alles in mir vor Mitleid zusammen. Es war immer das Gleiche, immer dann, wenn ich besser den Mund halten sollte, wurde ich zum Kämpfer für Ehre und Gerechtigkeit.
    »Also, eigentlich kann Simon gar nichts dafür«, sagte ich. »Weil ich ihn nämlich geschubst habe. Und ich finde, Sie sind wirklich unfair. Was kann er dafür, dass die Wand beim leisesten Windhauch zusammenbricht?«
    Das war natürlich ein gefundenes Fressen für die Klemperer. » Du warst das?« Die Klasse nebenan grinste sensationsgeil durch das Loch in der Wand und hielt weiter den Atem an.
    »Da wollte sich unser Blondschöpfchen wohl wieder mal in den Mittelpunkt spielen, was?« Die Klemperer kam näher. »Du kannst dem Direktor nicht nur erklären, warum du unsere Schule beschädigst und dich mit Mitschülern prügelst, sondern auch, was er deinen Eltern wegen der vielen Disziplinarverweise schreiben soll.« Mit einer zackigen Bewegung schlug sie das Klassenbuch auf. »Das wäre somit also Nummer vier.« Sie schraubte den Füller auf

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