Justice (German Edition)
uns, was passiert ist.«
Themba kämpfte mit sich. »Ich wollte die Frau warnen«, stammelte er. »Vor den Tsotsis.«
»Du wolltest sie schützen?«, wiederholte Zeni verständnisvoll.
Themba schluckte und setzte zaghaft seine Erklärung fort: »Ich habe Schulden. Hohe Schulden. Ich habe Geld investiert und alles verloren. Ich bin pleite. Ich stehe vor dem Ruin. Ich habe mir Geld von den Tsotsis geliehen. Sie waren die Einzigen, die mir helfen konnten. Jetzt wollen sie es zurück, aber ich habe nichts. Sie machen mich fertig, Zeni. Sie haben mich bedroht. Sie haben gesagt, sie würden Lefu umbringen.«
Themba wandte sich wieder Milan zu.
»Die Tsotsis haben dich bei meiner Hochzeit gesehen. Sie wollten wissen, wer du bist. Und ich habe es ihnen gesagt. Ich habe ihnen erzählt, was sie wissen wollten. Sie haben mich dazu gezwungen. Ich musste die Sache klarmachen. Ich sollte herausfinden, wann das Haus leer ist, wann alle außer Haus sind. Es war ihre Idee, bei dir einzubrechen, nicht meine. Was hätte ich sonst tun sollen? Sie hätten meinen Sohn umgebracht, Milan. Das musst du doch verstehen?«
»Bist du mit ihnen hingegangen?«, fragte Zeni.
Themba senkte beschämt den Kopf. »Nein. Ich kam erst später«, antwortete er. »Sie waren schon weg, als ich ankam. Ich habe Milans Mutter gesehen. Sie war bereits tot.«
Tränen liefen über Thembas Wangen. Er schüttelte reuevoll den Kopf. »Es tut mir so leid, Milan. Es ist alles schiefgegangen. Deine Mutter hätte nicht zu Hause sein sollen. Sie hatte doch den ganzen Tag Außentermine. Deswegen sind die Tsotsis hingefahren. Ich habe bei ihrer Firma angerufen und mich als Kunde ausgegeben. Sie haben mir gesagt, was ich wissen wollte. Deine Mutter hätte den ganzen Tag unterwegs sein sollen.«
Milan sackte innerlich zusammen. Er senkte die Waffe. »Meine Mutter war heute krank«, murmelte er. Allmählich wurde ihm das volle Ausmaß dieses schrecklichen Zufalls bewusst: Wenn seine Mutter zur Arbeit gegangen wäre, würde sie jetzt noch leben.
»Ich weiß«, erklärte Themba. »Ich habe Zenis Mutter auf der Straße getroffen. Sie hat es mir erzählt. Aber da war es bereits zu spät. Die Tsotsis waren schon unterwegs. Ich habe versucht sie einzuholen, aber ich habe es nicht geschafft. Es ist die Wahrheit, Milan, ich schwöre es.«
Themba zitterte noch immer, obwohl die Waffe nicht mehr auf ihn gerichtet war. Milan hörte sein Geständnis schweigend an. Er starrte vor sich hin. Sein Griff am Revolver lockerte sich. Etwas in Thembas Stimme sagte ihm, dass er die Wahrheit sprach.
»Ich bin abgehauen, weil ich Angst hatte«, erklärte er unter Tränen weiter. »Ich habe gedacht, wenn mich einer sieht, dann bin ich erledigt. Ein Typ aus dem Township neben der Leiche einer weißen Frau – da stellt man keine Fragen mehr. Da bist du einfach schuldig. Es ist den Bullen egal, wen sie wegsperren. Hauptsache es kommt einer hinter Gitter. Noch ein Townshipbewohner weniger. Aber ich will nicht in den Knast. Ich habe Kinder, ich habe eine Frau. Ich muss für sie sorgen. Ich habe Panik bekommen und bin völlig ausgerastet. Es war alles meine Schuld. Die ganze Sache war meine Schuld. Ich hätte den Tsotsis nie etwas sagen sollen. Ich wollte doch nur meine Familie schützen!«
Themba brach zusammen und weinte bitterlich. Milan ließ sich auf den Stuhl neben dem Esstisch fallen. Auf einmal verschwand die Wut aus seinem Körper. Themba hatte seine Mutter nicht getötet, das wusste er jetzt. Jedoch war er kurz davor gewesen, den Cousin seiner Freundin umzubringen. Milan war zutiefst erschüttert.
»Ich bin heute beim Training länger geblieben«, sagte er leise, als würde er die Kette der Ereignisse für sich gedanklich rekonstruieren. »Ich musste unsere Sachen zusammenpacken. Alles vorbereiten. Morgen fahren wir doch nach Durban. Zum Wettkampf. Die ganze Mannschaft. So wie Herr Stein das wollte.« Er hielt kurz inne und schüttelte bestürzt den Kopf. »Es ist so seltsam. Ich habe Herrn Stein gestern im Gefängnis besucht. Zum ersten Mal. Er war so ruhig, so gelöst. Ganz anders als früher. Nicht mehr so hart. Sanfter irgendwie. Er hat sich bei mir bedankt. Er hat gesagt, er bereut, was er getan hat. Er sieht jetzt alles anders. Blut fordert nur noch mehr Blut, hat er gesagt. Irgendwann müssen wir damit aufhören. Einfach aufhören. Das hat er gesagt. Er meinte, es war gut, dass ich damals der Polizei Bescheid gesagt habe, dass er festgenommen wurde. Jetzt geht es ihm besser.
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