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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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Windschutzscheibe Stand »Carlos«. Carlos saß im Führerhaus, die Arme auf dem Armaturenbrett abgestützt. Normalerweise riss er uralte Gebäude in Lissabon ab – eine heikle Aufgabe. Luis hatte schon öfter mit ihm zusammengearbeitet. »Der kann dich mit seiner Schaufel an der Nase kratzen, ohne dir ein Haar zu krümmen«, sagte Luis und wackelte mit dem Finger vor meiner Nase herum. Tags zuvor hatte Carlos einen tiefen Graben in den Strand gezogen und dabei eine Sandburg von der Größe seines Arbeitsgeräts aufgehäuft. Auf dem Grund dieses Grabens lag ein Stahlrohr, das bis hinauf zum Revisionsschacht führte. Durch dieses Rohr würde das Glasfaserkabel durchgezogen werden wie ein Faden durch einen Strohhalm.
    Kurz vor neun schwang sich einer der Taucher aus dem Schlauchboot in die Brandung. Unter den Arm hatte er ein Knäuel aus leichter, grüner Nylonschnur geklemmt. Er stakste durch die Wellen an Land und reichte einem der Arbeiter das Ende der Schnur. Es gab keinen Handschlag und keine Zeremonie, um diesen Moment des ersten physischen Kontakts zu würdigen, diese erste Verbindung zwischen Wasser und Land, aus der am Ende ein vierzehntausend Kilometer langer Lichtstrahl werden sollte und – so die Hoffnung der Befürworter – ein Informationsfluss, der einen ganzen Kontinent von Grund auf verändern würde. Carrilho blieb auf der Terrasse des Strandcafés stehen und schaute zu. Kurz darauf kam vom Norden her der blaue Rumpf des Kabellegers »Peter Faber« in Sicht, dessen großer weißer Antennenturm in einem Tischtennisball zu gipfeln schien. Er war länger als ein Schlepper, aber schmaler als ein Trawler und konnte aufgrund seines GPS -gesteuerte Antriebssystems genau auf einer bestimmten Position verharren, selbst bei rauer See. Das Schiff parkte einen Kilometer vor der Küste, in einer Linie mit dem Graben und dem Revisionsschacht am Strand, und rührte sich die nächsten eineinhalb Tage nicht von der Stelle.
    Das Schlauchboot fuhr zum Kabelleger hinaus und ließ unterwegs das grüne Nylonseil zu Wasser. Zwei Hunde tollten am Strand herum und sprangen dabei immer wieder über das dicke Seil. Ein Bulldozer tuckerte zum Wasser hinunter, und das Seil wurde an seiner Anhängerkupplung festgeknotet. Dann begann er langsam hin- und herzufahren, parallel zum Wasser, und das Seil über einen Flaschenzug nach und nach zurück an Land zu ziehen. Er zuckelte einhundert Meter mit Schrittgeschwindigkeit in die eine Richtung, dort wurde das Seil verknotet, und dann fuhr er dieselbe Strecke wieder zurück, um die nächsten einhundert Meter in Angriff zu nehmen. Bald zog das Seil das Glasfaserkabel vom Schiff, wobei eine Kette orangefarbener Bojen dafür sorgte, dass es immer knapp unterhalb der Wasseroberfläche blieb – die moderne Entsprechung der Holzfässer, die 1919 in Porthcurno zum Einsatz gekommen waren. Jedes Mal, wenn eine Boje am Strand anlangte, sprang ein Arbeiter in die Brandung und knotete sie vom Kabel los.
    Carrilho und ich verfolgten das Ganze, jeder an seinem Tisch sitzend, von der Terrasse des Strandcafés aus. Er ließ anschreiben und trank abwechselnd Espresso und Bier. Ich tat es ihm gleich. Eine sanfte Brise wehte den angenehmen Geruch des Meeres und der Zweitaktmotoren des Schlauchboots herüber. Die Motoren leisteten Schwerarbeit, denn das Schlauchboot patrouillierte den ganzen Vormittag am Kabel auf und ab wie ein Border Collie, damit Fischerboote nicht darüberfuhren. Um die Mittagszeit hatte der Bulldozer seine langsamen Runden absolviert, und die Bojenkette mit dem Kabel daran schlängelte sich vom Schiff bis an den Strand. Mit dicken Handschuhen und vereinten Kräften fädelten es die Arbeiter in das Leerrohr ein. Davor legten sie das Kabel S-förmig über den Strand, falls der Ozean noch ein wenig mehr davon für sich beanspruchen sollte. Ich schickte Simon Cooper eine Mail mit einem Bild und der Überschrift: »Aufgenommen vor 45 Sekunden«. Wenige Minuten später kam die Antwort: »Und unterwegs in Tokio auf meinem Blackberry angeschaut.«
    Sobald das Kabel in Position war, watete der Taucher mit einem Messer in der Hand zurück in die Brandung. Immer wieder steckte er den Kopf ins Wasser und kappte die Seile an den orangefarbenen Bojen, damit das Kabel auf den Meeresgrund sinken konnte. Bei jedem Schnitt machte eine Boje einen kleinen Luftsprung und wurde dann vom Wind rasch nach Süden abgetrieben. Als der Taucher circa hundert Meter vom Strand entfernt war, sah ich ihn nicht

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