Käfersterben
Erstarrung, die sich über sie legte wie nasser Schnee. Die Emotionen würden sie bald genug überschwemmen. »Sie wollte sich hier mit mir treffen, und ich frage mich, weshalb Sie, Arian Booz, auf diesem Berg herumlaufen.«
Booz starrte Katinka verwirrt an.
»Toller Witz. Privatdetektivin.«
Katinka kramte ihren Ausweis aus dem Rucksack. Ungläubig betrachtete Booz das Kärtchen.
»Was wollten Sie dann auf unserem Hof?«, fragte er.
Katinka ließ sich Zeit. Sie rauchte die Zigarette bis zum Filter. Booz wurde unruhig. Er drückte seine Kippe aus und fuhr sich wieder durch die Locken.
»Welche Beziehung haben Sie zu Daniela Zanini?«, fragte Katinka.
»Daniela Zanini? Wieso Daniela?«
»Weil sie diejenige ist, die dort liegt.« Katinka fühlte den Brechreiz rechtzeitig genug, um ihn wegzudrängen.
» Die Daniela Zanini?« Booz Verblüffung musste echt sein.
»Ja. Daniela Zanini, wir haben über sie gesprochen, als ich in Holzhof war.« Sie fragte sich, ob Jana Booz von ihrem zweiten Besuch erzählt hatte.
Booz machte runde Augen. Er machte einige Versuche, etwas zu sagen, brach ab und stand auf.
»Das gibt’s doch nicht!«, sagte er und bewegte sich auf den Abgrund zu.
Katinka zog die Fleecejacke fester um sich. Sie fror bis in die Knochen. Der Wind fegte kalt über das Plateau. Sie biss fest die Zähne zusammen, um sie am Klappern zu hindern, und beobachtete Booz, der am Abhang stand und in die Tiefe starrte. Sie stand auf. Sofort wurde ihr schwindelig. Sie ging in die Hocke und rief:
»Booz, kommen Sie zurück.«
Er drehte sich um und kam auf Katinka zu.
Jetzt bringt er mich um, dachte sie. Sein Gesicht war zur Maske erstarrte. Er knetete seine Hände. Sie sprang auf und zog die Waffe.
»Sind s ie wahnsinnig?«, schrie Booz. »Ich tue Ihnen nichts.«
»Wie kann ich da so sicher sein?«, brüllte Katinka ihn an.
»Ach, lassen Sie mich doch in Ruhe. Rufen wir die Polizei«, winkte Booz ab. Er ging auf die Kapelle zu. Katinka folgte ihm. Jetzt galt es, das nächste Problem zu lösen. Sie würde eine Befragung durch Oberkommissarin Winkler nicht durchhalten. Und Hardo hatte Urlaub. Zweimal rutschte ihr das Handy beinahe aus der Hand, bis sie es endlich schaffte, seine Nummer einzutippen.
Er ging sofort an den Apparat.
»Palfy. Man könnte meinen, Sie haben Sehnsucht nach mir«, sagte er belustigt.
Der Klang seiner Stimme brachte Katinka vollkommen aus der Fassung.
»Hardo!«, rief sie ins Telefon. »Bitte. Sie müssen mir helfen. Schicken Sie nicht die Winklerin. Das überlebe ich nicht.«
»Was ist denn los? Reden Sie schon, Palfy!«
»Dani ist tot. Jemand hat sie umgebracht.«
»Wo sind Sie!«
»Auf dem Staffelberg.« Katinka stand mitten auf dem Plateau, spürte den kalten Wind im Rücken. Sie fror so sehr, dass es ihren ganzen Körper schüttelte.
»Wo bitte sind Sie?«
»Auf dem Staffelberg, das ist der große Berg bei Bad Staffelstein.«
»Ich weiß, wo und was der Staffelberg ist, verdammt. Sind Sie allein?«
Er hält mich für besoffen, dachte Katinka in Panik.
»Sie kapieren einfach gar nichts«, schrie sie. »Dani wollte sich hier mit mir treffen. Als ich kam, lag sie tot auf einem Felsvorsprung. Ein Schwert in der Brust. Jemand hat sie umgebracht.« Ich werde hysterisch, dachte Katinka. Sie spürte die Tränen übers Gesicht rinnen.
»Ich komme«, sagte Hardo. »Ist noch jemand da oben?«
»Ja. Booz.«
»Wer?«
»Ein Künstler.«
»Himmelherrgott, Palfy…« Er wollte zu einer längeren Schimpftirade ansetzen, bremste sich aber und fragte: »Haben Sie Ihre Waffe bei sich?«
»Ja!«, sagte Katinka und schluckte die Tränen hinunter. »Hardo, bitte, ich schaffe das nicht.«
Sie schämte sich unendlich. Soviel also zu der knallharten Detektivin aus der Hasengasse.
»Suchen Sie sich einen sicheren Ort. Wir sind gleich da. Zwanzig Minuten. Neunzehn.«
Suchen Sie sich einen sicheren Ort, dachte Katinka höhnisch. Wo bitte ist hier ein sicherer Ort?
Ihr Blick fiel automatisch auf die Kapelle. Booz saß dort auf der Erde, den Rücken an die Mauer gelehnt. In der Dunkelheit unter den Linden war er kaum zu erkennen.
»Können Sie nicht das Schießeisen wegnehmen?«, fragte er und deutete unwillig auf Katinkas Beretta. »Ganz schön große Waffe für eine Frau.«
»Beretta 9000 S«, sagte Katinka. »Halbautomatik, neun Millimeter. 15 Schuss. Wenn Sie die Kugel erstmal im Arsch haben, ist es Ihnen egal, ob ein Mann oder eine Frau geschossen hat.«
Sie setzte sich ein Stück
Weitere Kostenlose Bücher