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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Monterrey an, dann Bals.
Schaffen Sie sie raus.
    Bals sagte: „Das ist nicht die Zeit für Schuldzuweisungen. Kommen Sie, lassen Sie ihn seine Arbeit tun.“
Wenn es auch sinnlos ist
. Er hatte ihr die Hand auf die Schulter gelegt. Er hoffte, die Berührung würde ihr helfen. Er begriff seinen Irrtum erst, als Monterrey seine Hand abwarf und von ihm wegtrat. Sie starrte ihn zuvor zwei Sekunden lang an. Bals hätte in dem Moment nicht sagen können, was geschehen würde. Sie hätte auf ihn losgehen mögen. Alle Etikette – militärisch, politisch – sprach absolut dagegen, der Haß in Monterreys Augen klar dafür.
    Bals ließ den Moment verstreichen; Monterrey ging auf Distanz.
    Er winkte zwei Sicherheitsleute herbei. Ihre Mienen schienen unbewegt. Monterreys Gesicht widerspiegelte ein Potpourri wettstreitender Gefühle.
    Bals band den Blick der beiden Soldaten. „Warten Sie. Sicher wird es keine weitere Eskalation geben.“
    Sie blieben stehen – erleichtert über seine Order, sie sollten sich heraushalten?
    Bals sah wieder Monterrey an. „Das stimmt doch, Julie?“
    Erneut keine Antwort.
Das geht nicht
, dachte Bals. Monterrey stand still da und kaute auf ihrer Unterlippe. Ihr Mund war verkniffen, und ihre Lippen schienen fast grau. Ihr gehetzter Blick huschte von ihm zu Blaskowitz und zurück. Sie war kurz davor durchzudrehen.
    Bals betrat den Adlerhorst. Er wurde wütend – vermehrt in dem Maß, in dem er die Situation zu meistern suchte, denn einher ging die Erkenntnis, wie abstrus das Ganze war. Er war Präsident, Julie Monterrey die Beraterin seines Vorgängers. Er war Befehlsgeber, sie Befehlsempfängerin. Ordnung zu schaffen war erstrangig, sonst wäre dies nur Auftakt einer Reihe von Aufständen, Meutereien und Insurrektionen gegen jedes Führungsstreben, letztlich gegen ihn. Die einsetzenden Auflösungserscheinungen innerhalb des innersten Machtgefüges waren nicht zu übersehen, alles zeigte die typische Instabilität unmittelbar vor dem Zusammenbruch. Kein Durchgreifen jetzt, und dem Chaos wäre Tür und Tor geöffnet.
    „Das ist unerhört, Julie. Ich sage das nur ein Mal: Ich bin der Präsident. Sie tun, was ich sage. Das gilt für Sie, wie für jeden anderen.“
    Man sah ihren Augen das viele Weinen an. Aber geweint hatten alle. Bals auch, am Anfang.
    Monterrey, unfähig zur Antwort. Ein Affront. Bals registrierte das hellhörige Schweigen. Es ging um mehr, als einer hypochondrischen Julie Monterrey die Grenzen aufzuzeigen. Soziologische Streuwirkungen ihres Handelns waren unplanbar. Viel stand auf dem Spiel.
    „Julie?“, fragte er scharf. „Haben Sie mich verstanden?“
    Er hätte sie abführen, ein Exempel statuieren lassen können. Er unterließ es. Aber sie gewähren lassen konnte er auch nicht. „Sie haben es so gewollt. Julie Monterrey, ich enthebe Sie Ihres Postens der präsidialen Chefberaterin und-“
    „Ich war immer nur Arons Beraterin!“
    „Aber Aron ist tot. Präsident bin ich. Ob Sie es gutheißen oder nicht“, fügte er hinzu.
    Sie musterte ihn. In ihrer Brust tobte ein Feuersturm, der immer neue Brandherde schuf. Bals, ihren Blick mühevoll ruhig erwidernd, begriff, daß die Person Julie Monterrey nicht mehr existierte. Das nächste Opfer der Shumgona.
    Die Hände schlichtend erhoben: „Julie, das ist keine Option...“
    „Sagen Sie mir nichts von Optionen.“
    Sein Verhalten war lange von Nachsichtigkeit geprägt gewesen, aufgrund ihrer gemeinsamen Zeit an der Unionsspitze und der Trauer um Aron Berg. Das war vorbei. Letzte Chance zum Einlenken; die letzte Warnung. „Ich finde, Sie sollten ihre Möglichkeiten kennen.“
    Sie lachte häßlich. Es paßte nicht zu der gesitteten Frau, die er kannte und lange wegen ihrer Selbstsicherheit und Kompetenz geschätzt hatte. Als er sprach, klang er wie ein Vater, dessen Kind soeben einen Trotzanfall hinter sich hatte. „Julie, zum letzten Mal...“
    „Nicht nötig, Rufus.“ Jetzt klang ihre Stimme nicht mehr zornig, sondern müde. Bals merkte auf. „Ich gehe freiwillig. Sie müssen mich nicht meines Postens entheben oder vor die Tür setzen. Ich habe mich bereits dagegen entschieden, Ihrem Stab anzugehören.“
    Ihm wurde klar, wie schlecht sein Bild als Präsident war. In seinem Magen schwappte Eiswasser. Er gab dieser Frau viel zu viel Raum. Sie war aufrührerisch, unzurechnungsfähig. Ihre Worte durften keine Rolle spielen. Er mußte aufhören, Sinn und Zweck dort zu suchen, wo keiner war. Julie Monterrey würde ihm

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