Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
Vom Netzwerk:
vielleicht doch eine dritte Möglichkeit: Er nimmt den eigenen König selbst aus dem Spiel. Eigentlich unmöglich, im wahren Leben jedoch ...
Das war nicht Aron Berg, der das ersonnen hatte. Bals war sich dessen sicher.
Was hat ihn dazu getrieben? Oder wer?
Bals wußte, wer die Antwort kannte. Die Holoaufnahmen des Attentats brachten keinen Aufschluß. Berg und Mthembi besprachen Dinge miteinander, die niemand verstand. Bergs Aussehen hatte sich verändert; Mthembis in noch höherem Maß. Mthembi war der Schlüssel. Darum war der Zulu hier. Darum war Monterrey außer sich. Sie suchte nach einem Opferlamm. Daher die Entzweiung.
    Bals wußte, daß Monterrey von Berg genauso getäuscht worden war. Das mochte der triftigste Grund ihres Hasses – resultierend aus Enttäuschung und Schmerz – sein. Dies Wissen nützte ihm nichts. Was geschehen war, war geschehen. Gott allein wußte, worin Monterreys seelischer Verfall gipfelte.
    Er dachte wieder an Aron Berg. Berg, der Schauspieler, ein Bühnenkünstler.
Und ich sein williger Gehilfe bei dieser Scharade.
    Wer war Aron Berg wirklich? Vielleicht nicht generell, aber kurz vor seine Tod? Diffuse Ahnungen schwirrten durch seinen Kopf. Wer war Sazi Mthembi? Oder was war er? Bei allem Technik- Equipment, die belgischen Molinois-Hunde an der Pforte hatten auch keine Bedrohung in ihm gesehen, nichts Verdächtiges gewittert. Ein seltsamer Eindruck: Der Mann schien im Einklang mit allem zu stehen. Und doch verfolgte er ein dunkles, destruktives Ziel.
Oder? Ein Mysterium...
    Bals hatte Order erteilt, das Bildmaterial vom Tod Bergs vom ESB und anderen Stellen auswerten zu lassen. Die Dossiers lagen auf seinem Schreibtisch, er hatte sie aber noch nicht gesichtet. Seine abrupte Amtseinführung und der Überfall der Shumgona hatten es verhindert. Jetzt würde er sie sich ansehen. Und mit dem Zulu sprechen. Was war die Wahrheit? Er mußte mehr erfahren.
Ist es auch Irrsinn, hat es doch Methode.
Shakespeare. Räder drehten sich. Er konnte sie nicht anhalten. Vor ihm immer neue Denkweisen und Probleme wie eine lotrechte Wand. Unmöglich sie zu überschauen...
    Er durchquerte den Raum, setzte sich auf seinen Formsessel und sog tief die Luft ein. Er wußte, worum es primär ging. Nicht um Blutsbande oder zerbrochene Loyalitäten, sondern um Dinge elementarer Schlichtheit: nacktes Überleben; menschliches Leben zu schützen, es durch seine größte Krise zu steuern, dabei aber größtes Maß an Menschlichkeit zu wahren. Wenn er das vergaß, kam es nicht mehr darauf an, ob Julie Monterrey mit feindlichen Gruppen paktieren würde; es wäre egal, ob oder es ein Fehler gewesen war, Sazi Mthembi mitzunehmen; gleichgültig, ob eine Revolte seine, Bals’, ohnehin klägliche Machtfülle ganz fortschwemmen würde. Alles wäre egal; er könnte genauso auf sein Hausboot in die besetzten Niederlande zurückkehren und die Menschheit sich selbst überlassen.
    Er sah auf. „Sharon, Ratsmitglied oder nicht, wischen Sie sich gefälligst dieses Grinsen aus dem Gesicht und veranlassen Sie umgehend eine Sitzung des Notparlaments. Es gibt viel zu besprechen. Wir müssen die nächsten Schritte sorgfältig abstecken.“
    Sie kam nah heran. „Weil diese nächsten Schritte unsere letzten sein könnten?“
    „Sie hören besser gleich auf, Animositäten gegen mich zu schüren.“
    „Wie bitte?“
    „Lassen Sie einfach die Sprüche und tun Sie, was ich sage.“
    „Aber natürlich, Herr Präsident. Alles, was Sie wollen.“ Ihrer Stimme haftete ein Hauch Belustigung an, der vor dem Hintergrund anderer Geräusche und Stimmen schwer auszumachen war, aber Bals nicht entging.
    „Und, Sharon?“
    Sie stoppte. Eine Augenbraue erhoben, fragte sie: „Was denn noch?“
    „Falls irgend etwas, und ich meine
irgend etwas
, den Anschein eines Problems erweckt, möchte ich schon gestern davon erfahren haben.“
    „Aber natürlich.“
    Sie ging. Er blieb dasitzend zurück und starrte ins Nichts. Immer war da jene innere Stimme, die fragte: ›Was würde Aron tun?‹ Bals mußte sie zum Schweigen bringen.
    Er lauschte in den Raum. Das Stimmgemurmel der Mannschaft in dem Datengraben lieferte ein stetes Lagebild. Die Zahl der an die Dreiaugen verlorenen Soldaten. Die sporadisch aus dem Kampf genommenen Verbände, und jene, die verloren waren.
    Er dachte an Pris.
    Schadensberichte. Richtsprüche der Kommandanturen. Berichte über verschollene Scouteinheiten und über solche, die sich bei ihren Gefechtskoordinatoren meldeten, um

Weitere Kostenlose Bücher