Kaiser Trajan als Bauherr
Deshalb konnte sich Trajan mit Fug und Recht darauf berufen, durch den von ihm veranlassten Ausbau dieser öffentlichen Anlage eifere er dem Vorbild des Augustus nach. Dies wird in Rom gut aufgenommen worden sein, weil der Circus Maximus für die traditionsbewussten Römer so selbstverständlich geworden war, dass er an seinem angestammten Platz in der topographischen Senke zwischen Palatin und Aventin zu dem unverzichtbaren Inventar dieser Stadt gehörte.
Abb. 24 Rom, Circus Maximus. Ansicht des wiederhergerichteten, heutigen Zustands
Soweit dies archäologisch geklärt werden konnte, bestand er anfangs zwar nur aus einer langen Rennbahn und seitlich angeschütteten Erdwällen für die Zuschauer, doch wurde er spätestens seit der Kaiserzeit wiederholt ausgebaut und erhielt schließlich unter Trajan mit einer um 5000 Plätze erweiterten Kapazität
( Plinius d. J., Panegyricus 51.3 – 5
) eine Gestalt, die sich innerhalb der inzwischen mit prachtvollen Bauten bestückten Stadt wirklich sehen lassen konnte. Allerdings |73| ist hiervon im heutigen Zustand, in dem die stark zerstörte Anlage fast wieder ihrer ursprünglichen Gestalt entspricht, kaum noch etwas zu erkennen. Deshalb kann am ehesten die in einem Modell aufgebaute Rekonstruktion (Abb. 25) einen allgemeinen Eindruck von der in trajanischer Zeit ausgebauten Anlage vermitteln. Nach diesem Modell demonstrierte der Circus, bei einer Breite von gut 150m und einer Länge von etwa 620 m, bereits durch seine auffallende Größe eine besondere Bedeutung. Deshalb wurde dieser kaiserlich erneuerte Bau nach seiner Fertigstellung auch für wert befunden durch sein Bild auf einer offiziell und im Auftrag des Senats geprägten Münze (Abb. 26) allgemein bekannt gemacht zu werden, die den herausragenden Rang dieser Baumaßnahme unterstrich. Dabei entspricht das Münzbild anscheinend dem Ausblick, den der Kaiser hatte, wenn er auf der großen Terrasse der Exedra seiner als Flavierpalast bekannten Residenz weilte und wenn er vom Palatin herab auf den zu seinen Füßen liegenden Circus Maximus mit dem dort lärmend versammelten Volk von Rom blickte.
Abb. 25 Rom, Circus Maximus. Modell
Vom Circus selbst sind auf dem Münzbild die hohen Bogen der Arkaden mit |74| den aufwendigen Substruktionen und eine zweigeschossige, mit Fenstern ausgestattete Attika, hinter der sich die Zuschauerränge befanden, zu erkennen. Zu den Säulen der Arkaden gehörten – entsprechend einem damals bei offiziellen Bauten gängig gewordenen Ausstattungsrepertoire – wahrscheinlich korinthische Kapitelle und damit Zitate aus einer der griechischen Baukunst entlehnten, inzwischen in Rom jedoch längst heimisch gewordenen Architekturordnung. Trotzdem war und ist angesichts eines solchen Architekturdekors nicht zu übersehen, dass durch derartige Anleihen selbst ein Gebäude wie der Circus Maximus dem Anspruch einer der hohen Kultur verpflichteten Selbstdarstellung Roms folgte. Dies kann zumindest den Eindruck evozieren, es sei dem Kaiser auch darum gegangen, den Circus Maximus durch Größe und Formenreichtum als ein besonders prachtvolles Gebäude so zur Wirkung zu bringen, dass bei dessen Besuch zugleich das Gefühl entstand, man befände sich hier in einem besonderen, durchaus exklusiven Raum. Durch diesen Eindruck konnte Trajan beim Volk von Rom nur gewinnen.
Abb. 26 Münzbild des Circus Maximus in Rom
Dass ihm darüber hinaus – wie bereits vielen seiner Vorgänger – an einer allgemeinen Zufriedenstellung der Bevölkerung gelegen war und auch gelegen sein musste, zeigen die intensiv betriebenen Aktivitäten die – wie ein Gegenstück zu den bei Volksmassen beliebten Spektakeln – zumindest in Rom für eine einigermaßen gesicherte Versorgung des römischen Volkes mit dem Grundbedarf an Lebensmitteln sorgen sollten (siehe S. 114 f., 126 f.). Nicht nur in Hinblick auf das Kolosseum, sondern auch mit Blick auf den erneuerten Circus Maximus ist dies in |75| der zum Schlagwort gewordenen Forderung nach „Brot und Spielen“ (panem et circenses), die ein Zeitgenosse Trajans treffend formulierte
( Iuvenal
,
Satire 10.81 )
, passend auf den Punkt gebracht worden. Zwar ist nicht bekannt, ob dieses berühmte Schlagwort von diesem Dichter in Kenntnis des entsprechenden Engagements Trajans formuliert wurde, doch braucht die inhaltliche Übereinstimmung angesichts der Gleichzeitigkeit bestimmter Maßnahmen und Entscheidungen Trajans kein Zufall gewesen zu sein. Ohnehin ist deutlich, mit
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